Mittwoch, 16. Oktober 2024

Besteht eine reale Hoffnung auf Frieden in absehbarer Zeit? — Teil 1

von Franz Lechner


Die Hoffnung stirbt zuletzt, wird leichthin gesagt. Jedenfalls lebt sie jedenfalls einmal bis zu den US-Präsidentenwahlen. 
 
Die in der gesamten westlichen Hemisphäre unübersehbaren Bemühungen, eine zweite Amtszeit Trumps zu verhindern, sprechen Bände. Auch wenn sich Russland zweckpessimistisch gibt und behauptet, eher einen Wahlsieg der im Ganzen wohl doch besser einschätzbaren demokratischen Kandidatin zu bevorzugen, kann kein Zweifel bestehen, dass Trump die für alle Beteiligten mit Ausnahme des US-Big Business ungleich günstigere Option ist. Was wäre nun von ihm zu erwarten? Da die Frage nicht zu beantworten ist, wollen wir gleich nach den Sternen greifen und die Ideallösung herbeiphantasieren oder vielleicht doch herbeispekulieren, denn so ganz unrealistisch scheint sie mir gar nicht zu sein. 
 
a) Also nehmen wir an, dass Putin bei Trump vorstellig wird, nicht im wörtlichen, physischen Sinne, aber sonst halt irgendwie, und folgendes spricht: Pass auf Donald, dir liegt ja bekanntermaßen Israel sehr am Herzen. Wir machen es daher so: keine Waffen mehr für die Hisbollah, Sieg für Israel im Libanon, der Iran wird Ruhe geben, versprochen (gemäßigter Gegenschlag Israels zugebilligt) und dafür kriegt die Ukraine ab sofort kein einziges Gramm Pulver mehr, hast du verstanden, weder von dir, noch von deinen europäischen und sonstigen Vasallen, und komm mir ja nicht damit, dass die irgendetwas selbständig zu entscheiden hätten. Damit du dein Gesicht wahrst, mach halt dem Zelenskij irgendein Angebot, das er nicht annehmen wird und sag dann, tut mir leid, dann eben nicht. Die Sanktionen könnt ihr euch in den Arsch schieben, dh beibehalten, ich bin doch eh nur froh, dass ich mein heiliges Russland vor allen Einflüssen eures verkommenen Westens reinhalten kann. Wie es mit der Ukraine weitergehen soll, regeln wir nach deren bedingungsloser Kapitulation. Wenn ihr euch ordentlich aufführt, lassen wir euch ein gutes Wort für sie einlegen. Das ist doch ein fairer Deal, oder etwa nicht?  
 

Nehmen wir an, The Donald würde zustimmen. Damit wäre der Ukraine-Krieg so gut wie beendet, und auch der Nahe Osten würde eine Art Befriedung erfahren, ob über kurz oder lang, sei dahingestellt. Was aber würde dann mit der Ukraine passieren? – Zunächst klingt das nicht allzu rosigbedingungslose Kapitulation, Gebietsabtretungen von Sumy hinunter bis inclusive Odessa, der Rest wird neutralisiert, bekommt eine eigene russlandfreundliche Regierung, die zwar von niemandem im Westen anerkannt wird, bwtf. Unnütz zu sagen, dass diese Lösung auf für die Ukraine die allerbeste istsie erspart sich Tote in jedenfalls sechsstelliger Höhe und Migrationsverluste in zweistelliger Millionenhöhe, dazu weitere Zerstörung von Infrastruktur und Kulturgütern. Die Ukrainer bleiben als Volk mit einem ihnen zugewiesenen Territorium bestehen. Wir werden sehen, dass realistischer Weise nichts Besseres zu erwarten ist. 

b) Nehmen wir an, so billig geht es nicht. Sagen wir, wer auch immer siegt, ob Trump oder Harris, es bleibt waffenlieferungstechnisch alles beim Alten. Viele Experten setzen diesfalls große Hoffnungen auf den kommenden Winter, den, so meinen sie, die Ukraine angesichts Energieknappheit nicht überstehen kann. So richtig herzerwärmend ist diese Option auch wieder nicht, wie gesagt werden muss – schließlich werden, bis die verkommene Koksnase endlich nachgeben (dürfen?) wird, nicht wenige Erfrierungsopfer zu beklagen sein. Immerhin, so kann man hoffen, wird sich ein beträchtlicher Teil der Ukrainer in Richtung Westen absetzen, was den wirtschaftlichen Verfall des Landes noch zusätzlich beschleunigen wird. Die Konsequenz wäre somit wie unter a), nur eben etwas verlustreicher.

c) Jedenfalls ist mit einer sich immer mehr abzeichnenden Waffenknappheit des Westens zu rechnen  – schließlich fordert der Nahostkonflikt seinen Tribut. Dies verstärkt die russische Überlegenheit und somit den russischen Vormarsch. Allerdings darf man sich davon keine Wunder erwarten – die Russen agieren verlustscheu, sprich schreiten äußerst langsam nach vorne, und die Erfahrungen des II. Weltkriegs haben gelehrt, dass auch schon besiegte Armeen äußerst letal sein können. Laut Scott Ritter war der April 1945 für die Amerikaner der verlustreichste Monat, und auch die Russen machten bei den letztlich vorab entschiedenen Schlachten um Budapest, Prag, Wien und Berlin die gleichen Erfahrungen. Es ist daher zu hoffen, dass es schließlich

d) zu einem innerukrainischen Putsch kommt. Derlei gab es auf russischer wie deutscher Seite während des Ersten, nicht jedoch während des wohl besser vergleichbaren Zweiten Weltkriegs (zumindest scheiterten solche Versuche, die auch keinen besonderen Widerhall in der Bevölkerung fanden). Auch im Ukraine-Krieg wäre ich skeptisch. Die Bevölkerung ist dank gründlicher wie langjähriger westfinanzierter Propaganda gründlich verhetzt, und es fehlt diesbezüglich ein so starker, internationalistisch ausgerichteter Arm wie es 1917 bis 18 der Sozialismus gewesen ist. Zwar gibt es gewisse Anzeichen, wie Desertationen bzw Befehlsverweigerungen (wie zuletzt bei Ugledar zu beobachten) sowie gewaltsamen Widerstand gegen Rekrutierungsbehörden. 

 

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