Freitag, 4. Oktober 2024

Oft genug wurde Hadmut Danisch hier schon zitiert

von LePenseur
 
 
... und viele der "Ansichten eines Informatikers" sind auch völlig plausibel und anzusprechen nötig! Aber er sollte sich nicht auch noch auf das Terrain der von ihm verachtungsvoll bloß als "Geschwätzwissenschaften" abqualifizierten Geisteswissenschaften begeben, so bspw. auf das Gebiet der Germanistik, zu welchem auch (u.a.) die Grammatik der deutschen Sprache zählt.

Danisch feuerte ein Breitseite gegen die Tadler von "bräuchte" und bezeichnet sie als bloße "... Regelhuber, die die Bedeutung nicht beachten, sondern auf die (vermeintliche) Regel bestehen wollen". Na ja ...

Schon der der Beginn seines Artikels ist falsch:

Brauchen wird nicht ganz wie rauchen konjugiert. Ist auch regional unterschiedlich.
Erstens wird es sehr wohl ganz wie rauchen konjugiert, nämlich "schwach", d.h. ohne Um- und Ablaute in Mitvergangenheit und im Konjunktiv. Und zweitens wäre mir völlig unbekannt, daß es im deutschen Sprachgebiet Regionen gäbe, in denen das nicht der Fall wäre.

Und es geht gleich hurtig weiter mit der Theoriefindung des frischgebackenen Germanisten Danisch:
Ich habe das mal so gelernt, dass au oder äu davon abhängt, ob man das ch hart im Rachen oder weich vorne an den Zähnen spricht. „au“ wird nämlich auch hinten und „äu“ auch vorne gesprochen, und das ist in der Sprache meist so, dass die Vokale so angepasst werden, dass man es flüssig sprechen kann, also die Vokale gesprochen werden, die zu den Konsonanten und Zischlauten passen. Deshalb wird aus brauchen gebräuchlich, und aus rauchen räuchern, aber es gibt kein brauchern und kein geräuchlich. Die Verben sind ähnlich, aber nicht gleich, und deshalb kann man mit rauchen nicht über zur Konjugation von brauchen argumentieren.
Mit Fontane zu sprechen: "Was soll der Unsinn?"
 
Kann uns Herr Danisch erklären, weshalb er glaubt, daß das "ch" in "brauchen" und "rauchen" einmal im Rachen und im anderen Fall vorne an den Zähnen gesprochen wird? Als Hochdeutsch sprechender Ösi habe ich selbst beide "ch"-Laute noch nie unterschiedlich ausgesprochen (oder von anderen gesprochen gehört), aber Herr Danisch stammt vielleicht aus einer Sprachregion, in der das anders ist. Bitte dann mit Klangbeispielen bei unserem Blog melden! Ich kann es mir freilich nicht vorstellen.
 
Und Danisch argumentiert ebenso falsch weiter:
Deshalb wird aus brauchen gebräuchlich, und aus rauchen räuchern, aber es gibt kein brauchern und kein geräuchlich. Die Verben sind ähnlich, aber nicht gleich, und deshalb kann man mit rauchen nicht über zur Konjugation von brauchen argumentieren.
Es gibt aber, geschätzter Herr Germanist, auch kein "brauchern" und ebenso kein "gerauchlich", weil diese Wörter nur in Ihrer Phantasie existieren, Sie genau diese aber benötigen, um — e contrario — Ihrem Argument den Schein von Plausibilität zu verleihen.

Richtig ist vielmehr: bei allen schwach konjugierten Verben ist Konjunktiv II ident mit der Mitvergangenheit und — wie bereits mein Deutschprofessor im Gymnasium süffisant über den Konjunktivgebrauch bemerkte (und das ist lange, lange her! Fast so lange, wie Herr Danisch überhaupt auf der Welt ist ...) — die einzige Ausnahme davon wäre der, eben falsche, Konjunktiv "bräuchte". Heiter weiter:
... während man normalerweise nicht sagte, „Ich rauchte eine Pfeife, wenn heute Dienstag wäre“, sondern verwendet die Hilfsform „Ich würde eine Pfeife rauchen,…“ 
Warum "würde" man eine Pfeife rauchten (weil nach Danischs Ansicht "rauchen" im Konjunktiv und im Indikativ der Mitvergangenheit verwechselbar wären), obwohl auch er (ebenso verwechselbar) "nicht sagte" schreibt? „Ich rauchte eine Pfeife, wenn heute Dienstag wäre“ ist völlig eindeutig als Konjunktiv erkennbar — etwa im Gegensatz zu "Ich rauchte eine Pfeife, weil es Dienstag war".

Vollends verquer wird Danischs Argumentation, wenn er schließlich auf den von seinem Leser konkret gerügten Satz verweist und daraus die Richtigkeit und zwingenden Notwendigkeit von "bräuchte" ableitet:

Deshalb halte ich es nicht nur für richtig und möglich, „bräuchte“ statt „brauchte“ zu verwenden, sondern sogar für erforderlich, denn mein gerügter Satz lautete

Wir bräuchten eine Balletttänzerin, aber haben eine Trampolinhopserin.

Und wenn man da „brauchten“ schriebe, wirkte es wie Indikativ Präteritum (als ob wir sie damals brauchten und jetzt nicht mehr), und wäre damit eine deutlich andere inhaltliche Aussage. Es würde mich also der Möglichkeit berauben, das, was ich sagen will, zu sagen. Es passte auch nicht dazu, dass der Satz dann mit „aber“ und Präsens weitergeht. 

Ja, der letzte Satz im Zitat stimmt auffallend! Genau deshalb, weil ein "brauchte" in der Mitvergangenheit mit einem "aber" und folgendem Präsens unsinnig ist, braucht es keine "bräuchte", um zu erkennen, daß es sich bei einem richtigen "brauchte" um einen Konjunktiv handelt.

Nun ja, werden sich manche meiner geschätzten Leser fragen: ist es wirklich so wichtig, ob man "brauchte" oder "bräuchte" schreibt? Das lasse ich dahingestellt, denn es hängt davon ab, ob man Sprache als in sich logisches Regelwerk von "eigenem Wert" ansieht, oder ob man ihr einfach einen Gebrauchswert zubilligt. Je einfacher, desto besser. Dann landet man aber schnell bei Hurraki. Vielleicht will Hadmut Danisch genau das. 
 
Ich nicht.

1 Kommentar:

Franz Lechner hat gesagt…

Interessant. Wieder was gelernt. Ich hätte auch "bräuchte" gesagt.