Montag, 31. Januar 2022

Heute vor 225 Jahren

von LePenseur
 
 
... also am 31. Jänner 1797 wurde einer der ganz Großen der Musikgeschichte geboren: Franz Schubert. Wenn auf Schuberts erstem Grabmal — seine Gebeine wurden 1888 in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfridhof umgebettet — der Satz zu lesen war:
Die Tonkunst begrub hier einen reichen Besitz
aber noch viel schönere Hoffnungen
so trifft das auf den in so jungen Jahren (mit 31!) aus dem
Leben gerafften zu, wie auf wenige! Über Schubert und seine Bedeutung könnte man ganze Bücher schreiben (und hat es ...) — doch fehlt mir dazu momentan leider die Zeit. Dazu kommt, daß ich parallel dazu an einem kleinen Gedenkartikel schreibe, der morgen erscheinen soll (der Komponist, der darin gewürdigt wird, ist zwar an Bedeutung mit Franz Schubert auch nicht annähernd zu messen — aber wo dieser keines Artikels aus meiner Tastatur benötigt, ist vielleicht jener umso mehr darauf angewiesen ...). Deshalb hier nur ein Video mit einer bunten Reihe von Werken Schuberts, von Symphonien bis zur wohl unvermeidlichen »Rosamunde-Ouvertüre«:


Lassen wir dahingestellt, ob alles davon »The Best of Schubert« ist und nicht viel vom Besten, nämlich v.a. seine Lieder, fehlt — was da zu hören ist, ist jedenfalls mehr als »gut genug«, und wird in guten Interpretationen dargeboten.

Vielleicht zum Schluß noch eine kleine persönliche Erinnerung. Irgendwann in den 1970er-Jahren war ich in Begleitung einer Tante im Festsaal von Schloß Eggenberg, wo der berühmte Pianist Jörg Demus in einem Konzert, zugleich einer kleinen musikhistorischen Vorlesung, ein damals im Nachlaß eines Grazer Komponisten aufgefundenes, bis dahin unbekanntes Schubert-Manuskript eines Klavierstückes erstmals öffentlich zur Aufführung brachte.

Schubert möge mir verzeihen — aber das von Demus sicherlich vollendet vorgetragenene, unvollendete Stück blieb mir nur insoferne in Erinnerung, daß ich mir während des höflichen, herzlichen Applauses des musikverständigen Grazer Publikums ganz spontan dachte: »Das wird wohl die erste und letzte Aufführung gewesen sein, denn so besonders bedeutsam ist dieses Werk nun wirklich nicht ...«

Es wird schon so sein, daß es inzwischen in irgendeiner Anthologie Aufnahme gefunden hat — aber von dieser Aufführung mit umfangreich begleitenden Worten des Pianisten ist mir eigentlich heute nur mehr in Erinnerung, daß der Grazer Komponist, in dessen Nachlaß dieser Fund aufgetaucht war und dessen Sammelfreude er damit zu verdanken war, von Demus nur mit einem beiläufigen Satz gestreift wurde. Was mich enttäuschte, denn es handelte sich um einen Musikprofessor am Gymnasium meines Vaters, um Rudolf von Weis-Ostborn, über den ich gern ein bisserl mehr gewußt hätte, als das kleine aperçu aus den Erinnerungen meines Vaters, jener habe von frechen Schülern den Spitznamen »Wildwestborn« erhalten. Nun, Wikipedia macht's mittlerweile möglich ...

So bleibt mir nur, zum Schluß auf die Artikel, die sich auf diesem Blog bereits mit Franz Schubert beschäftigten, zu verweisen: z.B. hier oder hier.


6 Kommentare:

Franz Lechner hat gesagt…

Schön, dass Sie Schubert lieben, Vieux penseur! Hier hätt ich einige ausgefallene Tipps:
https://www.youtube.com/watch?v=C_cc0OKmKxw

Wie weit auch immer von fremder Hand ergänzt, halte ich diese Symphonie für ungemein stark und völlig unterschätzt, dh nicht einmal das, weil überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
Das Scherzo hätte übrigens möglicherweise - es gibt Indizien, die dafür sprechen - in Schuberts letzten Symphonieentwurf einfließen sollen. Diese D-Dur Symphonie D 936 ist zwar etwas bekannter, wird aber in ihrer Großartigkeit auch nicht hinreichend gewürdigt. In der (mittels jener Ergänzung durch D 708 A erzielten) viersätzigen Form erscheint sie mir als perfekt formvollendet und müsste - wie die D 708A auch als Ganzes - unbedingt ins Konzertrepertoire übernommen werden!
https://www.youtube.com/watch?v=UgYLMvCDeXA
Das Letzte aus Schuberts Feder, sein wahrer Schwanengesang. Der langsame Satz, glücklicherweise linear völlig vollendet, also ohne fremden reim kompositorisch-strukturellen Ergänzungen, zählt zum Schönsten aus Schuberts Feder überhaupt. Das ungemein originale Finale ist wie die späte Orgelfuge D 952
https://www.youtube.com/watch?v=T9lT2Vt9eFg
auf Schuberts letzte Studien bei Simon Sechter zurückzuführen.

Eines hätt ich noch: die "7- Symphonie" D 729 ist - da linear vollendet - weit besser bekannt als D 708 A, bleibt aber mE kompositorisch hinter dieser zurück. Ausnahme ist der erlesene Langsame Satz:

https://www.youtube.com/watch?v=Ng1parLiPyM

Franz Lechner hat gesagt…

… ungemein ORIGINELLE Finale (von D 936A).
"original" wäre natürlich nur mit Einschränkungen richtig.

Le Penseur hat gesagt…

Cher Monsieur Lechner,

es freut mich, daß Sie sich offenbar so intensiv mit (klassischer) Musik beschäftigen. Bezüglich der unpublizierte Skizzen gebliebenen Schubert-Symphonie(entwürfe)n hätte ich ein Ihnen vielleicht nicht bekanntes "Schmankerl" zu offerieren: die Version von D 729, wie sie Felix von Weingartner orchestrierte: https://www.youtube.com/watch?v=pG0h7JBDv0Y

Im ersten Moment (wie auch ein YT-Kommentator schreibt) entsteht manchmal der Eindruck, daß "some of Weingartner's harmonies don't sound like Schubert to me..." — bis man realisiert (und dafür sind die mitlaufenden Noten ideal!), daß Weingartner sich (mit Ausnahme der letzten 3/4-Minute, die er, um einen brauchbaren Schluß zu bekommen, freier behandelte) wirklich penibel an die vorhandenen Skizzen hielt, die eben manche seltsamen Harmonien beinhalteten, die Schubert in einer finalen Version wohl anders "gelöst" hätte (oder vielleicht auch nicht).

Newbould geht da "freier" mit dem Skizzenmaterial um, erzeugt "typischeren" Schubert-Klang, aber entfernt sich dadurch vom Original. Beides ist interessant und hat Vor- wie Nachteile!

Wenn Sie sich für Musik begeistern können, sind Sie herzliche eingeladen (sofern Sie es noch nicht längst entdeckt haben), in der Suchfunktion zu stöbern, und dort u.a. Richard Strauss, Max Bruch (und hier nochmals), Karl Goldmark, den als Komponisten leider fast vergessenen Felix von Weingartner, den großartigen Franz Schmidt, den sträflich unterschätzten Hans Gál, oder den noblen Belgier Baron Ryelandt, den exzeptionellen Symphoniker Nikolai Mjaskowski oder Joseph Marx zu entdecken — und viele andere mehr: Saint Saëns, Scriabin, Sibelius, Hans Huber, Zemlinsky, von den vielen Bächen und Telemännern ganz zu schweigen ...

Und wenn Ihnen ein Komponist besonders am Herzen liegt: die Kontakt-Funktion steht bereit! Ich bin für Anregungen dankbar (sofern sie nicht gerade in Richtung serielle oder aleatorische "Neue Musik" gehen — dafür sind mir Zeit und Ohren zu schade ...)

Wieder stolz auf Deutschland sein hat gesagt…

Diese „atonale Musik“ ist ein klassischer Fall von entarteteter Kunst. Es sind ja auch fast nur Linksradikale, die diese Auswürfe produzieren. (Henze, Adorno, Schostakowitsch, Prokofieff, Nono, Carter u.v.a.m. - alles erklärte Kommunisten. Linke sind verliebt in das Hässliche, Nichtige, Dunkle. Sie hassen das Wahre, Gute und Schöne.

Franz Lechner hat gesagt…

Cher Penseur, da ham Sie natürlich mir einiges voraus. Die mir unbekannte Weingartner-"Fassung" ist in der Tat sehr interessant und wäre eine eigene Studie wert. Allerdings hat er sich schon einige Freiheiten herausgenommen, insbesondere bei Schlusskadenzen, aber das ist legitim, denn der Komponistenwille kann in derartigen Fällen nicht ganz maßgeblich sein, zumal dieser ja eben nicht auf Kreation bzw Vollendung gerichtet war. Welche Lösung Schubert vorgesehen HÄTTE ist für uns a) unbeweisbar und b) von seinem Entschluss überschattet, eine solche eben NICHT auszuführen. Daher sind mE auch "Verbesserungen" durchaus zulässig, das Ganze ist ohnedies eine Koproduktion Schubert- Weingartner bzw - Newbould. Gerade das Finale ist mE etwas banalitätsgefährdet, daher sagen mir Weingartners Komplikationen im Finale durchaus zu. Der langsame Satz ist mE etwas zu dick instrumentiert und zu sehr am (schlechten) Beispiel der Leipziger Gewandhausschule orientiert. Jedenfalls danke für den Hinweis.
Interessant wäre die Quellenlage zu D 708A, das ích wie gesagt als Komposition sehr schätze.
Ich lese Ihre Musikbeiträge regelmäßig durch, mit dem heutigen (mir völlig unbekannt) muss ich mich noch auseinandersetzen.
Ich hätte schon einige Anregungen*, aber die meisten sind XX. Jh., darunter allerdings auch "sehr Gemäßigtes"*. Mein Fachgebiet (wirkliches, neben Moderne natürlich, wo ich mich selbst betätige) wäre Bruckner.
par exemple: Miroslav Kabelac: Mysterium der Zeit, wenn Sie sich was wirklich Gutes tun wollen mE die längste Steigerung der Musikgeschichte.

Le Penseur hat gesagt…

Cher (chère? Wohl eher nicht ...) "Wieder stolz auf Deutschland sein",

manchmal bewahrheiten Kommentarposter geradezu exemplarisch den Satz: "Es genügt nicht, keinen Gedanken zu haben: man muß ihn auch ausdrücken können" (so lautete nämlich das meist falsch zitierte Diktum von Kraus) ...

Sie haben offensichtlich keinen Gedanken daran verschwendet, ob bspw. Schostakowitsch und Prokofieff nun wirklich "atonal" komponieren? Einfach mal behaupten, wird schon passen ...

Und Sie können ihn auch ausdrücken: "Linke sind verliebt in das Hässliche, Nichtige, Dunkle. Sie hassen das Wahre, Gute und Schöne"

Brav! Darfst dich setzen und einen römischen Einser mit Sternderl ins Heft malen ...

Kurze Gegenfrage: warum war dann die Musikszene in der UdSSR jahrzehntelang deutlich tonaler und eindeutig "anhörbarer" unterwegs, als die der westlichen Welt?

Aber ach, wozu verschwende ich meine Zeit an einen Diskreditier-Troll ...