Mittwoch, 17. Juli 2019

Das Feiern des Schmerzes

von Fragolin

Eigentlich interessiert mich das Adabei-Geblubbere um Stars und Sternchen nicht sonderlich, aber durch Zufall habe ich den Namen „Pink“ gelesen und dachte mir, na da musst du doch mal schauen, für was sie die jetzt „geshitstormed“ haben. Als sie noch kaum einer kannte, habe ich die mal in einem Konzert in der steirischen Provinz erlebt, und bin bis heute erstaunt, was sie auf der Bühne konnte. Hört man in ihrer inzwischen recht gebügelten Blechdosen-Popmusik nicht, was die stimmlich drauf hat. Aber das nur am Rande.
Was war also passiert?

Pink war mit Familie in Berlin, und natürlich hat sie als jemand mit jüdischen Vorfahren auch das Holocaust-Denkmal besucht. Und fröhlich ein Bild getwittert, auf dem zu sehen ist, wie ihre ungezogenen Blagen doch wirklich mitten zwischen den in Beton gegossenen offiziellen Schuldgefühlen der Deutschen lachend Fangen spielen.

Prompt jaulten die in ihrer Schuldtherapie aufgeschreckten Empörautomaten auf und shitstormten drauflos. Was anderes können sie ja auch nicht als Stürme mit dem Einzigen zu entfachen, das zu produzieren sie in der Lage sind.

Wie kann man auch die genussvoll zelebrierte Ewige Schuld nur so grauenhaft lebensfroh entweihen? Pink und vor Allem ihre kleinen Kinder haben die nach Schmerz und Flagellantentum schreiende deutsche Seele nicht verstanden. Sie entweihen den Schrein des deutschen Schuldschmerzes durch fröhliches Herumgerenne. Ketzerei!

Dieses Denkmal ist offensichtlich nicht dazu da, der Opfer zu gedenken, sondern dem Rest der Welt den ewigen Schmerz der deutschen Erbschuld zu versinnbildlichen. Deshalb können sogar Halbjüdinnen wie Pink oder Volljuden wie Broder zu Ketzern am Gedenken erklärt werden.

Deutschland gedenkt nicht der Opfer, es gedenkt der Täter. Es trauert nicht um die Toten sondern zelebriert Zerknirschtheit. Es gilt nicht, den Überlebenden eine sonnige Zukunft zu gönnen, das erkennt man ja auch immer wieder am Umgang mit dem Staat Israel, sondern es geht um das genüssliche und medienwirksame Suhlen in der eigenen Schuld. Das will man sich nicht durch blöde Kinder der Überlebenden versauen lassen.

Es ist eine geradezu kultische Verehrung der Schuld der Vorfahren, die in Deutschland richtiggehend genussvoll zelebriert wird, die man dort aber nicht erwähnen darf, weil jede Respektlosigkeit gegenüber dem eigenen Erbschmerz als schwere Sünde und Nazitum angesehen wird. Dass man den wirklichen Opfern des damals Geschehenen damit eigentlich, den eigenen Schmerz theatralisch bejammernd, ins Gesicht spuckt, merken die nicht einmal. Bevor sie symbolisch auch nur eine Minute im Gedenken an die Millionen toten Juden im Hinterzimmer Shiwesitzen würden, böllern sie lieber Betonblöcke in die Stadt und tröten stolz vor der ganzen Welt ihre Schuldverarbeitung hinaus. Wer dieses Denkmal der Schande – Copyright Jakob Augstein – entweiht, der stört nicht das Gedenken an die Toten sondern die Therapiesitzung der Nachfahren der Täter.

Kinder, die zwischen „Mahnmalen“ jauchzend Fangen spielen – das wäre doch genau die notwendige Orientierung in eine lebensfrohe Zukunft, die endlich ein Gegenpol zur todbringenden Vergangenheit sein kann! Die Millionen Ermordeten hätten sicher mehr Freude daran, dass Kinder, auch jüdische Kinder, heute mitten in Berlin lachend Fangen spielen können, als daran, wie sich theatralisch selbstbeweihräuchernde Berufsbetroffene in geradezu kultischer Verehrung ihrer eigenen Vergangenheitsbewältigung suhlen.

Doch ausgerechnet jene, die sich als progressiv und zukunftsorientiert selbstmissverstehen, haben ihren Fokus einzig und allein auf zwölf Jahre in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zusammengezogen; sie messen die Welt und jeden Menschen ausschließlich an diesen zwölf Jahren und deren Umgang damit. Wer sie beklagt, beweint, betrauert, die ewige Schande beschwört, die ewige Schuld zelebriert, der hat Chancen, eventuell als Mensch anerkannt zu werden – der Rest ist Nazidreck. Denn sie teilen sogar die Menschen in genau jene zwei Gruppen ein, die die Nazis erfunden haben: die arisch-weißen nationalsozialistischen Herrenmenschen und den restlichen Dreck. Nur kehren sie die Bedeutung um. Für sie gibt es nur den arisch-weißen nationalsozialistischen Dreck und die Gruppe der moralischen Herrenmenschen, zu denen sie sich zugehörig fühlen. Im Umkehrschluss ist jeder, der nicht zu ihnen gehört, natürlich Nazidreck. Das können inzwischen auch Türken, Libanesen oder eben gar Juden sein. Der Deutsche in seiner Gründlichkeit lässt sich weder seinen Größenwahn noch seinen Weltschmerz von irgendwem verhageln!

Es sind ewiggestrige Idioten, die permanent von Progressivität reden, sich aber nur auf einen Punkt der Vergangenheit fokussieren; die von Diversität palavern, aber nur Schwarzweiß zu erfassen in der Lage sind; die nur Gut und Böse, nur Ich und die da, nur ihre Filterblase zu akzeptieren in der geistigen Lage sind. Farbenblinde, die Buntheit predigen und doch nur alles in blutrot tauchen können. Antifaschisten, die ohne selbsterfundene Faschisten eben nichts wären außer irgendwas mit Anti. Weil sie für Pro nix zusammenbringen.

Ich bewundere diese Kinder, ich gratuliere ihnen zu ihrer Lebensfreude, mit der sie in eine Zukunft rennen, die ihnen gehört. Sie pfeifen auf die Vergangenheit.
Gut so.
Sie werden noch früh genug von ihr eingeholt werden.
Mir sind jedenfalls Kinder, die lachend in einem Mahnmal Fangen spielen, dreimal lieber als jene, die am Schulhof ihre Klassenkollegen zusammentreten. 

 

2 Kommentare:

Deutschländer hat gesagt…

Chapeau! Man kann dieses unsägliche "Kunstwerk" nicht besser zur Kenntlichkeit dessen entlarven, was es ist, nämlich ein "Denkmal der Schande" (B. Höcke), als durch ausgelassen spielende Kinder, die vom deutschen Schuldkult noch naturbelassen sind.

Fragolin hat gesagt…

Werter Deutschländer,
mag sein, dass Sie glühender Höcke-Fan sind, aber leider ist Ihr Angebeteter nicht der Besitzer des Copyrights, das ist Rudolf (nicht Jakob, das muss ich korrigieren) Augstein.
Das Holocaust-Mahnmal soll nach seinen Worten „in der Mitte der wiedergewonnenen Hauptstadt Berlin an unsere fortwährende Schande erinnern. Anderen Nationen wäre ein solcher Umgang mit ihrer Vergangenheit fremd. Man ahnt, daß dieses Schandmal gegen die Hauptstadt und das in Berlin sich neu formierende Deutschland gerichtet ist.“
So, und jetzt das Höcke-Zitat:
„Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“
Also astreines Plagiat. Nicht nur Wortwahl, sogar Inhalt geklaut. Was für ein Pech für Sie!
Und die Kinder einer jüdisch-amerikanischen Popdrossel werden auch den Rest ihres Lebens auf den teutonischen Schuldkult pfeifen.
Netter Versuch, Maulwurfn.
MfG Fragolin