Sonntag, 18. September 2022

„Mandorla“

von LePenseur
 
 
Zum Sonntag wieder ein höchst gedankenreicher Text des 2018 verstorbenen evangelischen Theologen

Hermann Detering
Religionsgeschichtliche Anmerkungen zu Paul Celans Gedicht „Mandorla“

veröffentlicht am  
 

Mandorla

In der Mandel – was steht in der Mandel
Das Nichts.
Es steht das Nichts in der Mandel.
Da steht es und steht.

Im Nichts – wer steht da? Der König
Da steht der König, der König.
Da steht er und steht.

Judenlocke, wirst nicht grau.

Und dein Aug – wohin steht dein Auge?
Dein Aug steht der Mandel entgegen.
Dein Aug, dem Nichts stehts entgegen.
Es steht zum König.
So steht es und steht.

Menschenlocke, wirst nicht grau.
Leere Mandel, königsblau.

Paul Celan (1920 – 1970)

Paul Celans Gedicht „Mandorla“ erschien erstmals in seinem Gedichtzyklus „Niemandsrose“ aus dem Jahr 1963. Joachim Schulze zählt es zu den „dunklen Gedichten“. Um es zu verstehen, sei es nötig „den Bezugsrahmen zu finden, in dem sie sinnvoll gelesen werden können“. Die Feststellung ist durchaus berechtigt, da die einzelnen Motive dies Gedichtes  tatsächlich sehr eng aufeinander bezogen sind. Bild für Bild, Metapher für Metapher fließen gleichsam aus einer Quelle: der Mystik.

 

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