Montag, 28. Oktober 2013

In memoriam Tadeusz Mazowiecki


Der erste nicht-kommunistische Ministerpräsident Polens ist heute früh im 86. Lebensjahr nach schwerer Krankheit verstorben. Um den ersten Regierungschef nach der Wende 1989 war es seit Jahren wegen seiner schweren Krankheit recht still geworden. Einst einer der engsten Berater und Vertrauten von Lech Walesa, trennten sich später ihre Wege — der stille, tiefreligiöse Gelehrtentyp war auf Dauer wohl nicht der richtige Mitarbeiter eines immer parvenühafter auftretenden Volkstribuns.

Daß er bei der ersten freien Wahl des polnischen Staatspräsidenten im Jahr 1990 im ersten Wahlgang bloß auf den dritten Platz kam, und sich nicht nur Walesa, sondern auch einem bis dahin unbekannten polnisch-kanadischen Geschäftsmann namens Stanislaw Tyminski geschlagen geben mußte, veranlaßte ihn, als Ministerpräsident zurückzutreten.

Seine spätere politische Tätigkeit als Abgeordneter und als UN-Berichterstatter zum Jugoslawien-Krieg war ebenfalls nicht von rauschenden Erfolgen begleitet — Mazowiecki inszenierte sich eben nicht, sondern versuchte tragfähige Kompromißlösungen zu finden, die alle Beteiligte einbinden sollten.
Außenminister Radek Sikorski würdigte Mazowiecki am Montag als „einen der Väter der polnischen Freiheit und Unabhängigkeit“.
... schreibt »Die Presse« in ihrem heutigen kurzen Nachruf. Aber das sind bloß die billigen Wortspenden der Machthaber, die dann von ihren ebenso stereotypen Kranzspenden und Betroffenheitsgesichtern beim Staatsbegräbnis gefolgt werden.

Das Polen, das Mazowiecki (mit vielen anderen) erhoffte, ist nicht gekommen. Es kamen exkommunistische Wendehälse, nationalistische Zwillinge und zuletzt Kreaturen Brüssels. Vielleicht war es da an der Zeit, daß ein Mann von Charakter abtrat ...

2 Kommentare:

Gutartiges Geschwulst hat gesagt…

Vielen Dank, Le Penseur, für Deinen einfühlsamen Artikel.
Im Zeitalter der Blender und Pausenclowns geraten echte Persönlichkeiten, wie Tadeusz Mazowiecki, viel zu schnell in Vergessenheit.

Anonym hat gesagt…

Dieser "Volkstribun" war mutmaßlich Geheimdienstspitzel seit den frühen Achtzigern und wollte "Deutschland von der Landkarte ausradieren".