Samstag, 22. Juni 2019

Ein Herr


... ist vorgestern gestorben: Kammerschauspieler Peter Matić von Dravodol. Ein Grandseigneur in Benehmen und Sprachzucht. Hier ein ausführliches Interview, das vor einigen Jahren mit ihm geführt wurde:


Peter Matić war ein tiefgläubiger Mensch — und das kommt in einem kurzen Impulsvortrag, den er 2018 bei einem »Parlamentarischen Gebetsfrühstück« gehalten hat, zu überzeugendem Ausdruck:



REQUIESCAT IN PACE!



1 Kommentar:

docw hat gesagt…

werter lepenseur"
michael klonovsky über peter matic - wunderschön:

Eben erfahre ich, dass der Schauspieler und Vorleser Peter Matic gestorben ist, eine der eindrucksvollsten und prägnantesten Sprechstimmen überhaupt. Er hat in einer monumentalen Leistung die gesamte Proust'sche Recherche vorgetragen; 2010 ward das Riesenwerk aus der Taufe gehoben, ich wollte es weiland noch im Focus preisen, doch für mehr als eine Annotation war im Leitmedium der Proustians kein Platz, so dass ich meine Klassik-CD-Kolumne bei eigentümlich frei umwidmete (und auch wieder nicht), um Folgendes zu Papier zu bringen:
"Dies ist eine Kolumne für klassische Musik. Heute sei eine geringfügige Abweichung gestattet, die eigentlich keine ist. Das in Rede stehende Werk ist in hohem Maße klassisch, und mehr Musik wird man zwischen zwei – beziehungsweise tatsächlich vierzehn – Buchdeckeln schwerlich finden. Außerdem wird es mir nie wieder vergönnt sein, in einer Kolumne 127 CDs zu empfehlen, mit 160 Stunden Laufzeit. Aber es ist ja auch der Mount Everest der Belletristik: Marcel Prousts 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit'.
Ich habe Proust erst in meinen späten Vierzigern entdeckt, was in diesem Fall heißt: durchgelesen (den ersten Band hatte ich schon mal vor zwanzig Jahren am Wickel). Seitdem weiß ich, dass, rein literarisch betrachtet, der Höhepunkt meines Lebens nun wohl vorüber ist. Woraus wiederum folgt, dass dieser eine wieder und wieder ausgekostet werden muss, was mir im Übrigen weit einleuchtender erscheint, als im Buchladen nach eventuell lesenswerten Zeitgenossen zu suchen. Diesen Vorsatz untermauernd, erschienen in den letzten Jahren peu à peu die sieben Bände der 'Recherche' als Hörbücher, gelesen von Peter Matic, Burgschauspieler und bekannt als Stimme von Ben Kingsley, was mich zehn Minuten lang etwas und dann nie mehr wieder störte.
Zahllose Schönheiten des Buches sind mir erst durch den Vortrag von Matic aufgegangen. Eines der Hauptmerkmale jedes großen Autors besteht ja darin, dass er dem Leser sein Tempo aufzwingt. Jeder Proust-Leser weiß um die Schwierigkeiten der inneren Atemführung und Phrasierung, bei den fein gefügten aber gleichwohl Bandwurmsätzen. Matic, der Rhapsode, feiert jedes Komma. Und diese Stimme! Präzise, sonor, warm, leicht nasal, mit klingender Konsonantenbildung (bei Sängern spricht man von einer Tonproduktion 'in der Maske'), gewissermaßen halb Trompete*, halb Bassklarinette, es ist ein Genuss sondermaßen. Matic macht deutlich, dass es sich bei Proust um Musik handelt und nichts als Musik, bis zum finalen Akkord auf – natürlich – dem Wort 'Zeit'. Und vergessen Sie den Preis, das ist fürs Leben.
(Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Deutsch von Eva Rechel-Mertens. Gelesen von Peter Matic. Der Hörverlag)"

* con sordino

Daraufhin erhielt ich die folgende Mail:

Sehr geehrter Herr Klonovsky,
haben Sie vielen Dank! Ihre Besprechung der Proust-Aufnahme ehrt, beschämt und f r e u t mich sehr.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Peter Matić
R.I.P.