»Es wird ein Wein sein, und wir wer'n nimmer sein ...«, geht der Refrain eines weinseligen Wienerliedes, das von Pessimisten, die ein Versiegen der Weinquelle befürchten, gern auch in »... und wir wer'n noch immer sein!« abgewandelt wird. Um solchen Kalamitäten vorzubeugen, entschlossen sich einige Bürger der sächsischen Gemeinde Großpösna, in der Nähe von Leipzig gelegen, auf einem Grundstück neben einem — naja ... — malerischen Baggersee tausend Rebstöcke zu pflanzen. Zur Behübschung der Landschaft wohl eher — denn daß tausend Weinstöcke in Sachsen wohl nicht einmal den Durst der Gemeindebürger stillen würden, liegt auf der Hand! Wenn man so mit ein bis zwei Flaschen pro Weinstock kalkuliert, kommen halt nicht mehr als tausend bis zweitausend Flaschen dabei raus, und das reicht bei mehr als fünftausend Einwohnern gerade für zwei Gläschen pro Kopf und Jahr (wenn man die Kinder mittrinken ließe ...).
Nun hatte die Gemeinde freilich die Rechnung ohne die EU-Weinmarktverordnung gemacht. Niemand darf in der EU so einfach Weinstöcke pflanzen — da könnte doch jeder kommen! Das ist höchstens innerhalb einer Weinbauregion zulässig.
Nun hatte die Gemeinde freilich die Rechnung ohne die EU-Weinmarktverordnung gemacht. Niemand darf in der EU so einfach Weinstöcke pflanzen — da könnte doch jeder kommen! Das ist höchstens innerhalb einer Weinbauregion zulässig.
Im Jahr 2006 beantragt die Gemeinde Großpösna Pflanzrechte für eine Fläche von 26 Hektar. Das zuständige Regierungspräsidium Chemnitz lehnt das Gesuch ab. Begründung: Der Ort liegt nicht in der sächsischen Weinbauregion. Dies ist jedoch die Voraussetzung für ein entsprechendes Pflanzrecht. So heißt das wirklich.Das ganze klingt irgendwie nach Schilda. Nur fragt sich, ob dieses Schilda wirklich im Freistaat Sachsen liegt! Denn den Dresdner Behörden sind durch zwingende EU-Richtlinien ja praktisch die Hände gebunden — nein, der Schildbürgerstreich ist vielmehr in den eurokratischen Elfenbeintürmen Brüssels ausgeheckt worden. Sicher nur mit den besten Absichten — aber eben wie jede Planwirtschaft in Umkehr des Mephistopheles die Kraft, die stets das Gute will, und stets das Böse schafft.
Viel Bußgeld, aber kein Wein
Die Möchtegern-Weinbauern sind enttäuscht - und pflanzen im April 2008 Weinreben an. Nicht auf 26 Hektar, sondern auf 0,3 Hektar, einem Hundertstel der ursprünglichen Fläche. In diesem Gebiet, kleiner als ein Fußballfeld, heben die fleißigen Bürger die Erde aus, rammen Pfähle in den Boden, spannen Drähte und pflanzen die Reben. Die Gemeinde will das Weinanbaugebietchen in kleine Parzellen aufteilen und an Hobbywinzer verpachten.
Allerdings hat sie die Pläne ohne das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft ausgeheckt. Und die Beamten dort pochen auf ihre Vorschrift. Sie verhängen, Ordnung muss sein, ein Bußgeld von 3700 Euro und fordern die Gemeinde auf, das angebaute Feld zu roden.
Großpösna zahlt brav, versucht dann aber doch zu verhandeln, die Rodung noch zu umgehen - und muss schließlich noch eine zusätzliche Strafe zahlen. Dieses Mal gleich 4800 Euro. Der kleine Ort klagt, verliert aber auch vor Gericht. Die Bürger geben sich angesichts der Schmach zunächst geschlagen und laden zu einem Rodungs-Volksfest: Sie graben die mehr als 1000 Pflanzen aus, verkaufen einen Teil an Besucher aus dem Umland. Den Großteil horten sie.
Nur ein knapp 100 Quadratmeter großes Areal lassen sie unberührt. Thomas Neuhaus, Vorsitzender des neu gegründeten Hobbywinzer-Vereins und hauptberuflich Rechtsanwalt, will eine Lücke im Gesetz entdeckt haben. Seine Idee: Jeder Hobby-Winzer pflanzt seine Reben auf einer eigenen Mini-Fläche an. Denn wer Wein auf weniger als 100 Quadratmeter anbaut, dem wird Eigengebrauch unterstellt. Und das bedeutet: Man braucht keine Pflanzrechte.
Soweit so gut. Ob die Bürger die ausgegrabenen Pflanzen wiederverwenden dürfen, die sich noch in ihrer Obhut befinden, ist allerdings noch immer ungeklärt. Das Umweltministerium in Dresden will sich die Sache ganz genau ansehen. Und das kann dauern.(Quelle)
1 Kommentar:
Es ist sicher gut, wenn es EU weite Regelungen gibt, was sich als westfälischer Knochenschinken oder auch als Bordeaux auf dem Markt präsentieren darf, aber hier geht die Regulierungswut mal wieder deutlich zu weit. Das kommt dabei heraus, wenn Bürokraten verschiedener Nationen zusammenarbeiten.
Wenn ich so einen Blödsinn lese, frage ich mich nicht mehr, wer sich um die wichtigen Dinge im Land kümmert!
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