Mittwoch, 15. Juni 2011

Die Grenze zwischen Machbarem und Erduldbarem

Im »Tagesspiegel« fand sich vor einigen Tagen der Artikel »Aus Angst vor dem Volk«, in dem IM Erikas zwielichtiges Verständnis von Politik thematisiert wird. Ein lesenswerter, in manchen Aussagen sogar durchaus guter Artikel.

In Zeiten des Internets wird aber oft ein brauchbarer, selbst ein guter Artikel von den Online-Postings der Leser getopt. So auch hier, wo Poster »eni« in einer über die Frage der Demokratie in Deutschland entbrannten Diskussion, in der ein Verweis auf die DDR zum säuerlichen Verweis, daß es da wohl erhebliche Unterschiede gäbe, führte, ein knappes, aber völlig zutreffendes Bild unserer »Demokratie« zeichnete:
Wir haben die noblere Ausgabe, die sogenannte Edel-DDR, mit ein wenig Mecker- und Meinungsfreiheit und einer beschränkten Beteiligungoption alle paar Jahre aus einem Pool von korrupten Berufspolitikern, die zwar alle unterschiedliche Versprechen machen, aber ihren Handlungen und ihrer wirklichen Ausrichtung sehr identisch sind, eine vermeidliche Gurkentruppe zusammenzustellen, die von Verantwortung redet, diese aber genauso ablehnt, wie sie diese auch nicht wahrnimmt. Von einer wirklichen Demokratie sind wir sehr weit entfernt. Hier hat der Politiker von undemokratischen Systemen gelernt und bewegt sich geschickt exakt an der Grenze zwischen Machbarem und Erduldbarem.
Dem ist zuzustimmen — bis auf die Frage, ob das nun wirklich als »noblere Ausgabe der DDR« bezeichnet werden darf, oder ob nicht vielmehr »verlogenere Ausgabe der DDR« passender wäre.

Wer Noblesse mit Heuchelei gleichsetzt, mag das anders sehen. Ich für meinen Teil jedoch betrachtete Heuchelei immer als Charakterdefekt, nicht als Vorzug ...

4 Kommentare:

Volker hat gesagt…

Wenn dieses Posting durchkam, kann es nur daran liegen, dass der Zensor krank ist.
Ich test auch gelegentlich die Kommentarfunktion des Tagesspiegel - und weiß daher, wie dort die Zensur wütet.

Im Übrigen schließe ich mit der Einschätzung "noblere" an. Als Ossi habe ich schon den Vergleich. Die Zustände heute sind zum K., aber trotzdem besser als früher. Deutlich besser.

Anonym hat gesagt…

Teils besser, teils schlechter. Man spürt die Daumenschrauben weniger. Und Bananen gibts genug zu kaufen, auch Elektrogeräte und Autos. Und unzählige Fernsehkanäle rund um die Uhr. Brot und Spiele in Hülle und Fülle.

Aber die physische und psychische Vernichtung der autochthonen Population hat erst mit der Wende so richtig eingesetzt. Damit verglichen wäre Morgenthaus Plan noch halbherzig und human erschienen.
Nescio

Le Penseur hat gesagt…

@Nescio:

Das »Ne« in Ihrem Nickname könnten Sie ruhig weglassen! Sie wissen, Sie haben nämlich völlig recht — leider ...

Volker hat gesagt…

Da müssen wir unterscheiden.
Auch die kommunistischen Staaten haben die physische Vernichtung des eigenen Volkes betrieben. Das war aber nicht absichtlich; Ulbricht, Honnecker & Gen. war schon klar, dass sie nur ein Volk haben.

Heute ist die Vernichtung des deutschen Volkes Staatsdoktrin.
Welche der beiden Varianten die bessere ist?
Ich weiß es nicht.