Montag, 14. Oktober 2024

Langstreckenraketen auf Russland

von Franz Lechner
 
 

Die einzige Chance der Ukraine, Russland zu einem für sie einigermaßen akzeptablen Frieden zu zwingen, liegt nach gewissen Polit- und Militärexperten wie unserem ruhmreichen TV-Star Oberst Reisner darin, dass die NATO der Ukraine erlauben würde, mit den ihr zur Verfügung gestellten Langstreckenraketen auf russisches Territorium zu schießen. Alles andere sei überdies von Vornherein ungerecht, ja unverständlich, zumal es zu einer völligen Asymmetrie in der kriegerischen Auseinandersetzung führe.  

Zunächst ist es höchst nützlich, sich vor Augen zu führen, warum die behauptete Asymmetrie Quatsch ist. Das Gegenteil ist der Fall. Selbstverständlich verfügte die Ukraine über eigene Rüstungsbetriebe, die auch Raketen hergestellt hatten. Diese Betriebe sind samt und sonders durch russische Raketen und Bomben und Drohnen zerstört worden. Pech gehabt, so ist eben das Leben, insbesondere wenn gerade Krieg ist. Und jeder Krieg ist ganz grundsätzlich eines, nämlich symmetrisch. Die Ukraine hatte ja auch alle theoretischen Chancen, mit ihren Raketen in russischem Kernland russische Infrastruktur zu zerstören, und sie tut dies auch heute noch mit ihren Drohnen, die sie eifrig nützt, ein fürwahr schrecklicher Punkt, auf den wir noch zu sprechen kommen müssen, vorerst geht es uns nur um die Raketen. 

Lassen wir mal den Punkt außer Acht, dass solche westlichen Raketen ausschließlich von westlichen Militärs programmiert und gesteuert werden können, was einen unmittelbaren Kriegseintritt der westlichen Staaten mit allen erdenklichen Folgen bedeuten würde. Schließlich sind westliche Militärs ohnehin schon die ganze Zeit auf ukrainischem Boden hochaktiv, ohne dass Russland daran übertrieben Anstoß zu nehmen scheint. Lassen wir auch außer Acht, dass Russland selbst Raketen aus China und sonstwo zukauft – das tut jedes kriegsführende Land ab einer gewissen Intensität der Involvierung. Im Unterschied dazu lebt die Ukraine eben ausschließlich von fremder Hilfe, sie ist also nichts anderes als ein künstlich am Leben erhaltener Leichnam.  

Hier wirklich wesentlich erscheint folgender Aspekt: Westliche Raketen auf russische Rüstungsfabriken würde nun, nach westlicher Reisner'scher (leider nicht nur Fernseh-)Logik bedeuten, dass die russischen Fabriken kurz und klein geschossen werden, ohne dass Russland eine symmetrische Gegenmaßnahme ergreifen könnte, denn schließlich liegen die westlichen Rüstungsfabriken auf sozusagen neutralem Gebiet. Sicherlich würde es Russland dank seiner überlegenen Technik schaffen, eine große Anzahl der feindlichen Raketen auf dem Transportweg oder in der Luft abzufangen, aber im Laufe der Zeit – und die Besetzung der kompletten Ukraine würde elend viel Zeit fordern – wären unersetzliche Verluste unvermeidlich. Damit würden die kühnsten feuchten Träume der angloamerikanischen Menschenfreunde wahrwerden: Russland würde langsam, aber sicher zerstört werden, und könne dabei nur tatenlos zusehen, sprich das Übel nicht an der Wurzel bekämpfen.  Dies hätte, und darin ist unserm Fernseh-Oberst wohl sogar rechtzugeben, während sich russlandfreundlichere Experten wie Scott Ritter oder Colonel McGregor in ihrem zweckoptimistischen Bestreiten womöglich sogar irren dürften, letztlich auch strategische Auswirkungen

Der Fernseh-Reisner und alle Gesinnungsgenossen hegen nun die Hoffnung, dies könnte Russland zu einem ungünstigen Friedensschluss zwingen. Worin Ritter und McGregor allerdings rechthaben, und was die geniale Strategen um den wackeren TV-Bundesheeroberst übersehen, ist der schlichte Umstand, dass eine ganz wesentliche Prämisse dieser feuchten westlichen Träume völlig irreal erscheinen muss: nämlich die Annahme, Russland würde tatenlos zusehen. Nach Scott Ritter und anderen ging die Biden-Administration zunächst tatsächlich von dieser Annahme aus, wurde jedoch mittlerweile seitens des Pentagons eines Besseren belehrt.  

So Russland nicht untergehen will, kann es letztlich gar nicht anders, als westliche Rüstungsunternehmen anzugreifen – natürlich konventionell, wie denn anders (übrigens ist es heuer zu zwei „ungeklärten“ Großbränden bei Produktionsstätten des Rüstungskonzerns General Dynamics gekommen). Aufgrund der erwähnten raketentechnischen Überlegenheit Russlands schien diese Option den Pentagon-Leuten letztlich sehr unerfreulich, ganz abgesehen von dem Umstand, dass sie auf für nächsten Sommer schon den Urlaub in Miami oder in der Karibik gebucht hatten, was sie sich nicht durch etwaige Imponderabilien nuklearer Verstrahlung vermiesen lassen wollten. Damit wurde also der Dritte Weltkrieg zunächst, vorerst, bis auf weiteres, fürs Erste einmal abgesagt, auch wenn es Leuten wie unserem Fernseh-Reisner und anderen strategischen Genies nicht ganz zu passen scheint.    
Machen wir uns aber nichts vor: Die Lage bleibt bescheiden genug. Die ukrainischen Drohnen können viel zu tief in russisches Gebiet vordringen, und gegen sie ist auch die überlegene russische Technik erstaunlich hilflos. Auch ohne NATO-Langstreckenraketen bleibt die Gefährdung der russischen Infrastruktur und somit der faktischen Existenz sozusagen virulent. Damit bleibt auch die Gefahr bestehen, dass Russland gegen diejenigen, welche diesen auf dem Schlachtfeld längst entschiedenen Krieg mittels Waffenlieferungen nur mit dem Zweck der Zerstörung Russlands in die Länge ziehen, militärisch vorgehen wird. Mittlerweile haben sie sozusagen bloß axial-symmetrisch zurückgeschlagen, indem sie den Feinden der USA (und somit Israels) enorme Waffentechnik zukommen ließen, womit sich dieser Konflikt im Grunde bereits zu einem Dritten Weltkrieg gemausert hat. 
Biden, Blinken, Johnson und TV-Experten wie unserm Bundesheer-Reisner sei Dank!  

 

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es wird ja auch gemunkelt, dass sogar Hitler und sein Nazireich ein Konstrukt des Wertewestens gewesen sein soll, um ein Bollwerk gegen Iwan, den Schröcklichen, zu haben. Dass der Russe bisher keine Atombomben real getestet hat, wie unser Ami go und seine Besatzung zur Wiedervereinigung beendete, scheint das schon wieder endsieggeil verblödete Piefkekhirn komplett auszublenden. Die anderen Siegermächte sind nämlich immer noch hier und befehlen uns tagtäglich unser Leben. Der Michelklatschaffe applaudiert.

Michael hat gesagt…

Putin hat klar kommuniziert, was er davon hält! Die "Wertewestler" sollten sich daran orientieren. Der Mann tut was er sagt und ist absolut kongruent.

MfG Michael!

Anonym hat gesagt…

Oberst Reisner - selbstverständlich kahlgeschoren - erklärt uns nun den Krieg und natürlich auch, wie er zu gewinnen ist.
Herr Oberst, Sie sollten, spätestens seit dem lächerlichen Auftritt des Herrn Striedinger anlässlich der Corona-Krise, erkennen, dass Sie letztlich nur sich selbst beschädigen. Auch wenn die Frau Ministerin Sie demnächst in höhere Ämter befördern wird.

Anonym hat gesagt…

Zumindest mit Blick auf die "alleinseligmachende Mutter Kirche" wird das nicht bloß "gemunkelt", sondern ist längst erwiesene Tatsache, und zwar aus den eigenen Quellen des Vatikans. Das Nazireich war den Herren in Purpur ein sehr willkommenes Bollwerk gegen das "gottlose Russland"... Wofür man so manche Dinge tat, die dem gesunden Menschenverstand alles andere als christlich anmuten. Bis hin zur Rettung vieler Nazi-Größen nach Kriegsende über die sog. "Rattenlinie" nach Lateinamerika, wo die Kirche damals noch unumschränkt das Sagen hatte und unter ihrem Schutz die NS-Herrschaften es sich gut gehen ließen.