(Dieser Text ist nur für diejenigen gedacht, die noch in der Lage sind, mehr als 5 Zeilen im Zusammenhang zu lesen und zu verstehen)
Überall in Rumänien gab es Proteste, hat sich etwas geändert? Nein. Aber das heißt nicht, dass alles so bleiben muss wie bisher. Sicher, die Verantwortlichen in Bukarest denken sich, lasst das Volk schreien, es wird sich schon wieder beruhigen, am Ende machen wir doch, was wir wollen.
Aber genau das darf nicht passieren. Wir stehen immer noch an der Schwelle des Krieges, den die NATO unter Beteiligung der rumänischen Streitkräfte geplant hat und den letztlich die großen Demonstrationen in Rumänien im Januar verhindert haben.
Und warum?
Ganz einfach. Weil es nicht möglich gewesen wäre, in dieser aufgeheizten Atmosphäre rumänische Wehrpflichtige zu mobilisieren und sie in den Kampf gegen die Russen in der Ukraine zu schicken. Denn dann wäre auch dem Leichtgläubigsten klar gewesen, warum man unbedingt verhindern wollte, dass Herr Georgescu Präsident wird. Das hätte zu extremen Unruhen und sogar zum Sturz der neu gewählten Regierung führen können. Danke also an alle, die ihren Hintern hochgekriegt und demonstriert haben! Sie sind es, die den Frieden im Land (noch) möglich gemacht haben.
Strategisch gesehen wurde in Rumänien jedoch nur eine Schlacht gewonnen, der eigentliche Grund für den Konflikt wurde nicht beseitigt. Deshalb müssen sich die Rumänen ernsthaft überlegen, ob es sinnvoll ist, sich ruhig zu verhalten oder weiter mit aller Kraft zu demonstrieren.
Das Wichtigste dabei ist aber, man muss genau wissen, wofür man demonstriert und das auch durch ein Manifest zum Ausdruck bringen, damit es nicht nur die führenden Politiker, sondern auch das Volk versteht.
Die Demos waren darauf ausgerichtet: den 2. Wahlgang in Funktion zu bringen. Wie bringt man das in eine juristisch praktikable Form? Ich habe es in diesem Kommentar angesprochen:
Schließlich hat die Venedig-Kommission ja klar gesagt, was man von einem Verfassungsgericht an Argumenten erwartet, und zwar keine Vermutungen und Unterstellungen.
Wenn nun dieses Gericht irgendwelche juristischen Beweise für die Entscheidung nachreichen könnte, was ich nicht glaube, dann käme es zur rechtmäßigen Neuwahl des 1. Wahlgangs im Mai. Die demokratische Version der Einsetzung des 1. Wahlgangs sähe dann so aus, dass alle (ich wiederhole "ALLE") wieder zur Wahl zum Präsidenten antreten können. Würde man einzelne Kandidaten mit irgendwelchen vorgeschobenen Gründen von der Wahl zum Beginn an ausschließen, dann ist die Richtung klar: Man will diesen oder jenen Kandidaten nicht auf der Liste haben, um ein bestimmtes Wahlergebnis zu erreichen.
Daher die Liste meiner Forderungen:
1) Forderung an die derzeitigen Mitglieder des CCR (= rum. Verfassungsgericht) zur juristisch qualitativen Begründung der Entscheidung der Annullierung. Ist diese gegeben und von einem unabhängigen Gremium wie z.B. dem rumänische Richterbund, oder der Nationalunion der rumänischen Rechtsanwälte überprüft und juristisch als korrekt empfunden worden, dann wäre eine Ansetzung des 1. Wahlgangs legitim.
Die korrekte Folge wäre dann die Ansetzung einer Neuwahl unter Miteinbeziehung sämtlicher Kandidaten des damaligen ersten Wahlgangs sowie noch weiterer, die sich aktuell zur kommenden Wahl stellen würden.
2) Forderung an die derzeitigen Mitglieder des CCR zur juristisch qualitativen Begründung der Entscheidung der Annullierung. Kann diese nicht vorgelegt werden, innerhalb einer gesetzten Frist, dann ist die Abhaltung des 2. Wahlgangs, wie ursprünglich vorgesehen, legitim. Der Austausch der Richter des CCR wäre dann eine notwendige Folge.
Diese beiden Versionen, 1) und 2) stehen eigentlich als Überschrift zum Motiv für Demonstrationen. Aber ich habe Bedenken, dass dies dabei transparent wird. Es wäre eigentlich die Aufgabe der Organisationen, die diese Demonstrationen organisieren, oder auch der kleineren Oppositionsparteien, hier ein klares und allgemein verständliches Manifest zu publizieren und das bei den Demos zu vertreten.
Natürlich wird es immer Leute geben, die die Meinung vertreten, dass sie lieber zuhause bleiben, als in die Kälte zum Demonstrieren zu gehen. Das größte Problem bei dieser Sachlage ist, dass viele nicht erkannt haben, worum es geht. Es geht nicht um Georgescu oder um Lasconi oder sonst einen Kandidaten, es geht um viel mehr, es geht um das Prinzipielle der Verfassung. Es geht darum, ob man es als einfacher Bürger zulässt, dass die in der Macht befindlichen Parteien mit fragwürdigen juristischen Winkelzügen über das höchste Gericht bewirken können, dass der Wille des Volkes, ausgedrückt durch eine Wahl, verfälscht wird.
Wenn das vom Volk toleriert wird, dann geht es weiter, denn es war ja nicht viel mehr als ein Test. Die interne und zentrale Frage: Was lässt der Bürger alles mit sich machen, ohne aufzumucken? Dann kann es sein, dass es den Einzelnen, der bereits in einem gewissen Alter ist, nicht mehr so extrem benachteiligt, aber jeder hat Kinder und Enkelkinder. Wenn einem auch das egal ist, nun, dann wünsche ich ihm nur mehr Gesundheit, und sonst nichts mehr. Denn Verstand, Verantwortung und Weitsicht kann man nicht wünschen. Entweder man hat es oder man hat es nicht.
Dann wird es irgendwann wieder soweit kommen, dass die nachfolgende Generation die Älteren fragen wird: „Warum habt Ihr denn damals geschwiegen, als noch Zeit war, sich dagegen auszusprechen? Sehr Ihr nicht, was Ihr durch Euer Schweigen angerichtet habt?”
Denn genauso begann es in den 30er Jahren in Deutschland mit dem Nationalsozialismus, als die Politik angefangen hat, die legitimen Rechte des Volkes zu beschneiden — und das Volk hat dazu geschwiegen. Denn Schweigen wird in der Politik immer als Zustimmung interpretiert.
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