Donnerstag, 12. Dezember 2019

Team Strache? – 2. Für wen? Gegen wen?


Neben der Frage, ob Strache sich selbst wirklich wünschen kann, er eine Partei zu gründen (daß es sich die FPÖ nicht wünschen wird, kann vorausgesetzt werden) darf die Kernfrage jeder Partei nicht außer acht gelassen werden: für wen (bzw. gegen wen) will ich mich engagieren?

Und hier hat Strache m.E. keine echten »Alleinstehungsmerkmale«, die ihm auf Dauer helfen könnten, ein »Team Strache« auch auf Bundesebene im Parlament zu halten, geschweige denn mit soviel Erfolg zu positionieren, daß er für den politischen Prozeß »unvermeidbar« ist. Es ist im Prinzip dasselbe Problem, das derzeit auch eine andere (historisch gesehen — wenn auch mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit verwässert!) Absplitterung der FPÖ hat: die pinken NEOS.

Es wird für Strache im Wesentlichen darauf hinauslaufen, daß er die BZÖ-Erfahrungen kennenlernt (wenn's am Anfang gut geht, sonst nicht einmal die): ein Anfangs-Achtungserfolg, dann längeres Siechtum und schließlich Absinken in die Bedeutungslosigkeit.

Und warum?

Einfach deshalb, weil das »Dritte Lager« — also jener Teil der Bürger, die sich weder von linker Heuchelei und verordneter Gleichmacherei (außer für die Taschen der Apparatschiks — da darf's natürlich ein bisserl mehr sein ...), noch von einer vorgeblich (heute bestenfalls in Rudimenten) »bürgerlichen«, doch in Wahrheit inhaltlich weitgehend entkernten Partei der alten Proporz-Packler und Steuergeld-Abkassierer angezogen fühlen. Diese Gruppe umfaßt nun einmal vielleicht genuine 10-15% — der Rest ist entweder zu denkfaul, um sich überhaupt Gedanken über derartige Feinheiten zu machen, oder hat sich karrierefördernd einem der beiden Flügel der SPÖVP angeschlossen (wobei der rote Flügel allmählich auf grün umgepinselt wird).

Alles, was über diese 10-15% der Wählerschaft hinausgeht, ist eigentlich bloß Protestpotential, wenn es die GroKo-Korruptionisten (und/oder ihre Strippenzieher im Ausland) allzu bunt treiben, und den Wählern das sprichwörtliche »Geimpfte aufgeht«.

Da nun von den erwähnten 10-15% die eher linksliberal tickenden Teile bei den Pinken eine Heimat gefunden haben (derzeit ist nicht wahrscheinlich, daß die so bald unter die 4%-Hürde sinken dürften), bleiben für die »nicht-linksliberalen« Teile so ca. 5-10% »Stammwähler«, die eben um Protestwähler ergänzt eine volatile Masse von 15-25% ausmachen.

Strache wird bei diesen Stammwählern allerdings — trotz seiner früheren Beliebtheit sicherlich auch unter diesen — nicht gewaltig viele anziehen; ihm bleiben also vorwiegend Protestwähler. Eine Partei von Protestwählern ist allerdings meist auch eine ohne Zukunft: man verteilt als Wähler nicht ständig Denkzettel, und was bei der letzten Wahl aufgeregt hat, muß bei der nächsten Wahl keineswegs so »ziehen«. Entweder springt so eine Partei immer auf den neuesten Trend auf (was ihr jede Chance auf Wiedererkennbarkeit raubt), oder sie hat gewaltige Sprünge zwischen fulminanten Siegen und donnernden Niederlagen. Letztere mögen allerdings die Parteifunktionäre nicht wirklich, und da das Politsystem Östereichs auf Berufspolitiker zugeschnitten ist, wird der Vorsitzende einer solchen Partei sich bald wünschen, lieber einen Sack Flöhe hüten zu dürfen. Ich glaube auch nicht, daß so etwas wirklich Straches Stärke ist — er wäre also nicht zu beneiden!

Es spießt sich demnach: haben doch die Möchtergern-Modernen, die nur link(sintellektuell)e Spießer sind, die im Sommer veganes Eis schlecken und glauben, mit ihren Kindern im Vorschulalter alles »diskutieren«, beim Stromanbieter auf »Nachhaltigkeit« achten, und keinen SUV (den sie sich eh nicht leisten könnten) fahren zu müssen, längst (je nach Karriereschlüpfrigkeit) ihren Platz bei Grün, Pink oder Türkis gefunden. Die traditionell in alten GroKo-Kategorien verhafteten Wähler bleiben innerhalb der ÖVP dem Flügel der schwarzen Packler und bei der SPÖ den »organisierten« Gewerkschaftern & Co. treu. Bleiben also die durch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit staatsfernen und -skeptischen klassisch bürgerlichen Schichten: Freiberufler, Gewerbetreibende etc. — eine schmale Schicht, von der schwerlich zwei Parteien »leben« können. Denn das reicht maximal für eine Honoratiorenpartei (und auch für die nur knapp, wie die Erfahrung zeigt).

Nun mag sich Strache der Illusion hingeben, daß er bei diesen Schichten so sehr punktet, daß die FPÖ einfach in die Versenkung fällt. Genau das scheint mir aber eher unwahrscheinlich, denn (bei allen Problemen, die diese Partei — insbesondere in der medialen Darstellung in den Mainstream-Medien — zweifellos hat!) die FPÖ hat gegenüber Strache den Vorteil, über eine funktionsfähige Struktur  zu verfügen, und in jeder Menge von Vertretungskörpern präsent zu sein. Ein »Team Strache« müßte das alles erst aufbauen, und das kostet Zeit und Geld! Und Strache dürfte auch die Loyalität der von ihm seinerzeit ausgewählten Funktionäre überschätzen, denn die wird bei der Nagelprobe, ob man einen Sprung ins Ungewisse einer neuen Partei wagt, oder bei der alten bleibt, nicht eben gering strapaziert! Schon bei der BZÖ-Gründung Jörg Haiders ist dessen Plan, quasi alle FPÖler, die er wollte, mit sich zu ziehen, und den schäbigen Rest auf dem Müllhaufen der Parteigeschichte zu entsorgen, nicht wirklich aufgegangen. Und ein Haider war sicherlich gegenüber einem Strache der dominantere, der charismatischere Leitwolf.

Strache wird also vermutlich (wenn überhaupt) nur in Wien, seiner engeren politischen Heimat, einen Erfolg landen können. Doch was wäre der Effekt einer solchen Ein-Land-Partei?

Darüber in Teil 3.

Aktualisierung 12:40

Karl Baron gründet die neue Partei "Die Allianz für Österreich".
Wien. Die drei bisherigen Wiener FPÖ-Mandatare Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops spalten sich von der Mutterpartei ab und gründen einen eigenen Klub im Gemeinderat bzw. Landtag. Das kündigte das Trio, das künftig unter dem Namen "Die Allianz für Österreich" auftritt, am Donnerstagvormittag in einer Pressekonferenz an. Kops meinte, dass die neue Partei viele verärgerte FPÖ-Wähler und Nicht-Wähler ansprechen könnte – "Das Potenzial ist groß", meinte Baron. Der größte Unterschied zur FPÖ: "Wir haben keinen Anti-Strache-Kurs".
 Na, dann ...

6 Kommentare:

Michael hat gesagt…

Sehr, von mir geschätzter Penseur!

Um's kurz zu machen: ich hoffe der Strache tut sich und uns einen Gefallen und verschwindet endlich in die Bedeutungslosigkeit!

MfG Michael!

Luitpold hat gesagt…

Falsch! Strache wird unser Land retten.

Deutschland zuerst hat gesagt…

Erdrutschsieg für Boris Johnson. Geil. Machen wirs den Engländern nach. Links hat fertig. Rechts ist die Zukunft!

raindancer hat gesagt…

keine der zwei wird punkten, genau das ist das Problem

Pater Lingen hat gesagt…

Es wird für die Leser dieses Blogs interessant sein, ob die Leitblogger sich künftig zur "Allianz für Österreich" hin orientieren werden, oder weiter zu den langweiliger werdenden Blauen stehen.
Ich tippe, sie gehen mit HCS.

Fragolin hat gesagt…

Werter Peter Lingen,
der halbe Tipp geht schonmal ins Leere, da ich alles andere als ein Freund von Strache bin. Außerdem missfällt mir der Umgang der FPÖ mit ihm und seiner Frau. Also sind beide Seiten für mich unragbar. Wundert mich bei einer Partei aber keine Sekunde.
Denn interessierte Leser dieses oder meines Blogs wissen, dass ich auf Seiten gar keiner Partei stehe sondern ein Verfechter des Personenwahlrechts und der Direkten Demokratie bin. Wären Sie ein solcher, würden Sie das wissen.
MfG Fragolin