Donnerstag, 10. November 2011

Schuldensozialismus: wohin der Hase läuft

Ein instruktiver Artikel in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« verheißt für Europas Bürger wenig Erfreuliches:
Die Geschichte der europäischen Integration lässt sich als ein beständiges Ringen zwischen zwei Richtungen lesen: einer liberalen und einer sozialistischen Vision Europas. Je nach Kräfteverhältnis neigt die Entwicklung mehr in die eine oder in die andere Richtung. Die liberale Seite hält für ein friedliches und blühendes Europa nur eines erforderlich: Freiheit. Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen sollen ungehindert Grenzen überqueren dürfen. Private Eigentumsrechte sind geschützt. [...]

Die sozialistische Vision hingegen will Europa als Festung ausbauen; protektionistisch nach außen und interventionistisch nach innen. Ihr Ziel ist ein europäischer Zentralstaat, der die Interventionsziele verwirklichen kann. Die Integration erfolgt von oben durch die Vereinheitlichung von Regeln und durch Umverteilung. [...]
Der Artikel ist in seiner manchmal beklemmenden Nüchternheit der Analyse lesenswert bis zum Schluß, der da lautet:
Die Einrichtung einer Wirtschaftsregierung ist absehbar. Diese wird Steuern harmonisieren und damit den Steuerwettbewerb, einen entscheidenden Widerstand gegen allzu großes Staatswachstum, durchbrechen. Auch wenn einige Medien derzeit von einer deutschen Dominanz in Europa fabulieren: Betrachtet man die Geschichte, so zeigt sich der rationalistisch-französische Ursprung dieser Ideen. Der steuernde, dirigistische EU-Zentralstaat rückt näher.
Keine schönen Aussichten für Freiheitsfreunde. Nein: keine schönen Aussichten für jedermann, soferne er nicht als Systemparasit vom stetigen Bürokratieaufbau profitiert, oder als etatistisch-korporatistischer Konzernunternehmer auf Augenhöhe mit der Politnomenklatura kungeln kann — zu Lasten der mittelständischen Steuerzahler. Aber das ist ohnedies so selbstverständlich, daß sich jede Erwähnung dieses Umstandes erübrigt ...

9 Kommentare:

FDominicus hat gesagt…

Ich kann der Argumentation schon folgen ich möchte nur wissen ob das wirklich durch unsere gewähltern Vertreter erfolgen kann. Es geht doch da ziemlich auf etwas was außerhalb des Grundgesetz liegen sollte oder?

Le Penseur hat gesagt…

Och, das kriegen die Rotmützen in Karlsruhe schon irgendwie hin. Die machen schließlich in jede Hose, die man ihnen hinhält ...

Anonym hat gesagt…

»Es geht doch da ziemlich auf etwas was außerhalb des Grundgesetz liegen sollte oder?«

Eigentlich nicht, denn so etwas wäre tatsächlich grundgesetzwidrig bzw. würde es dieses faktisch aufheben. Das dt. Grundgesetz kann aber eigentlich nur durch eine neue, vom Volk in freier Entscheidung beschlossene Verfassung außer Kraft gesetzt werden (vgl. Artikel 146 GG). Wenn das Volk einer neuen Verfassung - sagen wir eine zentralistischen "Europaverfassung" - zustimmte, dann ginge das. Anders dürfte das kaum möglich sein.

Allerdings halte ich es, wie Le Penseur, nicht für prinzipiell unmöglich. Denn selbst, wenn keine Volksabstimmung stattfinden sollte: Wie lief das damals mit dem "Heil'gen Reich"? Das ist ja ein schöner Fall aus der Geschichte, der in diesem Rahmen vorgebracht wird: Wo ist das "Sacrum Romanum Imperium Nationis Germaniae"? Besteht es noch? Offenkundig nicht, es ist schlicht verschwunden. Zuerst war es noch da und "plötzlich" war es weg. Die "Normativität des Faktischen" hat es hinweggerafft.

Anonym hat gesagt…

Pardon, ich habe den falschen Satz zitiert. Der Satz von Friedrich auf den sich mein Kommentar bezieht ist eigentlich:

»... ich möchte nur wissen ob das wirklich durch unsere gewähltern Vertreter erfolgen kann.«

FDominicus hat gesagt…

@Anonym, das meinte ich ja. Dazu müßten wir uns eine Verfassung geben, aber die derzeitigen Politiker können das ohne uns nicht machen. Deshalb meine Frage, ich kann mir nach den letzten Urteilen nicht vorstellen wir es ohne eine VOLKSABSTIMMUNG gehen könnte.

Die letzte einstweillige Verfügung des BVG, hat ja "verboten" diese ESM- 9 er Kungel mit alleiniger finanzieller Verantwortugn auszustatten. Hier geht es aber noch durchaus weiter, Eingriffe in Steuerrecht vielleicht auch Eigentumsrechte und zwar supranational nur durch die Exekutive?

Le Penseur hat gesagt…

@Friedrich:

Die letzte einstweillige Verfügung des BVG, hat ja "verboten" diese ESM- 9 er Kungel mit alleiniger finanzieller Verantwortugn auszustatten.

Machen wir uns nichts vor: Verfassungsgerichte sind irgendwie Pappnasen. Von Politruks bestellte Politrichter, die nur symbolischen Widerstand in Kleinigkeiten leisten und in allen wichtigen umfallen ...

»Verfassungsfragen sind Machtfragen« meinte schon Lenin. Und ohne ihn so wirklich zu schätzen, muß ich doch sagen: er hatte recht.

FDominicus hat gesagt…

Ich stehe dem BVG durchaus kritisch gegenüber,nur scheint mir hier doch eine recht massive Grenze gezogen zu sein. Und wenn ich ehrlich bin traue ich dem BVG auf jeden Fall weiter als fast allem was so in der Politik derzeit rum keucht und fleucht. Andere Frage ist natürlich wenn man dem BVG Rechtsprechung nicht mehr zugesteht, ist dann nicht §20 Abs 4 GG fällig?

Anonym hat gesagt…

»Deshalb meine Frage, ich kann mir nach den letzten Urteilen nicht vorstellen wir es ohne eine VOLKSABSTIMMUNG gehen könnte.«

An und für sich gar nicht. Es gibt eigentlich keine (juristische) Interpretation, die hier - außer eben einer Volksabstimmung - sonst irgendwas vorsieht. Mit der Grenze liegen Sie also schon richtig.

Trotzdem halte ich das alles nicht für absolut unmöglich, wie gesagt. Wenn sonst gar nichts mehr ginge, dürften "die Brüsseler" ihre SSR juristisch einfach "um" die dt. Verfassung "herum" bauen und die "Volksvertreter" steuern sie praktisch ohnehin schon. Das wäre dann zwar alles formalrechtlich korrekt, aber die "Souveränität" reine Fassade.

»Andere Frage ist natürlich wenn man dem BVG Rechtsprechung nicht mehr zugesteht, ist dann nicht §20 Abs 4 GG fällig?«

Pfu, na ja, sollte dem nachweislich so sein, d. h. Legislative, Judikative und Exekutive sich nicht mehr um die Verfassung das Recht scheren, dann tritt wohl der Notstand ein. Allerdings würden dem, unter den derzeitig gegeben Umständen, doch sehr viele Juristen widersprechen ...

FDominicus hat gesagt…

@Anonym Nun bei der Exekutive sind wir wohl dicht am Recht brechen oder darüber. Bei der Legislative weiß ich es nicht denn was sind internationale Gesetze? Was z.B. hat die Legislative mit der Zustimmung zum ESFS gemacht? Nimmt man an nationales Recht sei nicht gebrochen worden was ist aber mit dem §125 vom Vertrag von Lissabon? Ich behaupte mal der wurde de facto gebrochen aber de jure?

Soweit ich es sehe kann man sich immer auf "freiwillige" Hilfe herausreden..... Das ich diesem freiwillig nicht zugetan bin, nun ja das ist halt unsere Art der Demokratie.