Schon der erste Absatz macht klar, worum es geht:
Nach einer Umfrage bezeichnen nur 16 Prozent der Befragten die Äußerung des FPÖ-Spitzenkandidaten in Vorarlberg gegen den Direktor des Jüdischen Museums, „der Exil-Jude aus Amerika solle sich nicht in die Innenpolitik einmischen“, als antisemitisch. 16 Prozent halten die Aussage für gerechtfertigt, 24 Prozent für nicht bedenklich. Ist das Ergebnis für Sie überraschend?
Man weiß, dass 20 bis 30 Prozent der Österreicher latent antisemitisch sind. 84 Prozent der Befragten qualifizieren die Aussage von Landesrat Egger nicht als antisemitisch. Dieses Ergebnis ist überraschend hoch.
Wer frei nach Christi Satz: »Wer nicht für mich ist, ist gegen mich« in allen Fragen jeden, der nicht 100-prozentig auf zeitgeistiger Linie ist, bereits als Nazi bezeichnet, braucht sich nicht zu wundern, von lauter Nazis umgeben zu sein. Wenn auch nur in seiner eigenen Wahrnehmung. Aber auf die Idee, daß diese (ganz hypothetisch wollen wir es einmal annehmen) auch möglicherweise die Realität nicht ganz akurat abbildet, kommt ein Journalist, dessen Wirken und Schaffen doch nur auf die Darlegung der Wahrheit, der reinen Wahrheit und nichts als der Wahrheit zielt, einfach nicht. In anderen Berufen nennt man sowas: »Betriebsblindheit«.
Im Journalismus spricht man hingegen von »medialer Verantwortung« und verspricht sich, wenn man pathetisch zitiert: »Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar!« — es müßte nach der gängigen Praxis der Journalisten nämlich heißen: »... nicht zumutbar!«. Wer je eine Zeitung aufgeschlagen hat, weiß, daß Journalisten alles daran setzen, den Menschen möglichst keine Wahrheiten zuzumuten. Gelegentlich verirrt sich etwas dergleichen in die Leserbriefe und Online-Kommentare — aber im Artikel? Da seien Gott und »Der Spiegel« vor!
Aber, immerhin: der Südkurier ist vorsichtig (»... muß man vorsichtig sein ...«, so das wörtliche Zitat), jetzt einen Großteil der Vorarlberger als Antisemiten zu outen. Offenbar will man sich das Inseratengeschäft ja doch nicht ganz zusammenhauen, in Zeiten wie diesen ...
Deshalb ergeht man sich in beschwichtigenden Floskeln:
Es ist gibt ja keine allgemein verbindliche Definition von Antisemitismus. Dieses große Feld kann anscheinend antisemitische Vorurteilsstrukturen nicht eindeutig einordnen. Die Aussage von Dieter Egger spielt ja mit der Konnotation von eindeutig antisemitischen Klischees, aber es ist offensichtlich dem überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht klar, was verwerflich an dieser Aussage ist.
Ist jetzt eigentlich jeder ein Nazi, der sich angesichts dieser offensichtlich parteipolitisch motivierten Instrumentalisierung der Nazikeule fragt, was an Eggers Aussage denn so »verwerflich« gewesen sei, wenn der sich schlicht und einfach die naseweise Einmischung eines Ausländers in einen österreichischen Landtagswahlkampf verbeten hat?
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