Sonntag, 15. Juni 2025

Schostakowitsch: Symphonie No. 15 in A-dur, op. 141

von LePenseur
 
 
Ein mit seiner beißenden Ironie verstörendes Werk. Wie geschaffen für unsere derzeitige "brandaktuelle" Situation:
 
 
1. Satz 0:028:11 2. Satz 8:1825:18 3. Satz 25:1829:32 4. Satz 29:4447:44
 
Aus den Kommentaren unter dem Video:
 
Die Absurdität des Lebens, Angst, Resignation, Unvermeidlichkeit. Zu müde, um noch zu protestieren. Enorme Kraft, nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen. Es geschehen zu lassen. Immer ein Genie.
 
Zum Glück lässt Haitink am Ende die Arme hocherhoben, um Applaus zu verhindern (Haitink mochte Applaus nie, er war ihm immer peinlich). Doch am Ende dieser Sinfonie geht es darum, wie die Musik im Nichts, im materiellen Geschehen der Welt verschwindet, und schließlich um den Tod des Komponisten (Symphonie No. 15 entstand im Krankenhaus). 1975, auf einer Tournee mit dem London Philharmonic Orchestra, traf Haitink den Komponisten in Moskau nach einer Aufführung der 10. Sinfonie. Der Komponist hatte noch wenige Monate zu leben. Man kann sich Haitinks Erinnerung daran vorstellen, als er für einige Augenblicke Ruhe forderte. 
 
Der erste Satz: Kindlich, unschuldig. Der zweite: makaber und trostlos … so wie unsere kindliche Unschuld mit einem schnellen, blutigen Schlag stirbt. Der dritte: angenehmer, aber man merkt in der Bläserarbeit, dass der Subtext eher negative Emotionen enthält. Der vierte: eine Rückkehr zu den Stimmungen des zweiten, jedoch ohne Soli. Die Passacaglia im Satz zeigt uns, dass dieser Satz technisch weitaus großartiger ist als die anderen. Die Coda endet, wie es sich gehört, ruhig. Es ist erwähnenswert, dass sie viele Techniken aus den vorherigen Sätzen wieder aufnimmt – das verschrobene Schlagzeug des dritten und das amüsante Bläsergezwitscher des ersten.
 
 

1 Kommentar:

Franz Lechner hat gesagt…

Cher penseur, ich denke, Sie täuschen sich da etwas in Bezug auf beißende Ironie. ME ist da nix ironisch gemeint, auch nicht die Wilhelm-Tell-Zitate. Das ist so etwas wie eine Zitat-Collage, und solche Zitatcollagen sind in aller Regel "ernstgemeint". Verstörend ist es eigentlich auch nicht und will es gar nicht sein (vielleicht abgesehen vom 2. Satz). Das Werk eines alten Mannes, der viel durchgemacht hat und endlich so etwas wie Ruhe findet. Ein Werk, das ich überaus schätze und auch liebe.