von Fragolin
Manchmal gibt es Meldungen, da weiß man: Das musst du ganz schnell
speichern, bevor der Artikel „aktualisiert“ wird. Passiert mir im
„Standard“ häufiger, und ich habe da auch schon einiges an
Veränderungen und Manipulationen erlebt.
Kleines Beispiel: Als vorgestern in Bregenz ein Irrer seine Frau
mutmaßlich aus dem Fenster geschmissen und dann mit einer
Schreckschusspistole eine ganze Hundertschaft Polizei beschäftigt
hat, war mehrmals von „der Mann“ die Rede. In einem Kommentar
postete der übliche ultralinke Bodensatz, der regelmäßig in diesem
Forum ausflockt, es würde sich nach einer Meldung einer (nicht
existenten) Internetplattform um einen rechten Staatsverweigerer
handeln. Das Posting wurde sofort freigeschaltet und sorgte für die
erwartbare Empörungskommentare gegen Rechte, die täglich in dieser
Filterbubble gefüttert werden muss. Eine Recherche von nicht einmal
einer Minute brachte zu Tage, dass diese Internetplattform nicht
existiert und „oe24“ bereits von einem 30-jährigen Rumänen
schrieb. Sämtliche Postings, in denen ich darauf hinwies, wurden
nicht freigeschaltet und geschreddert. Die dreiste Lüge jedoch stand
noch eine ganze Stunde lang dort, bis sie auf eine hintere Seite im
Thread rutschte und keinen mehr interessierte – dann wurde sie
gelöscht. Außer auf meiner Festplatte.
Doch zurück zum heutigen „Standard“. Da steht, ziemlich weit
hinten in der Reihung, der Artikel (auf „Google News“ erscheint
er gar nicht erst, obwohl er in mehreren Medien steht) über einen
Sprengstoffanschlag
auf eine niederländische Tageszeitung. Oder besser, ein Vorkommnis.
Wenn einer einen Silvesterböller gegen eine Baustellenwand schmeißt,
hinter der ein Flüchtlingsheim oder eine Moschee gebaut werden
sollen, dann wäre es ein Sprengstoffanschlag. Aber so…
„Das
Fahrzeug fuhr gegen eine Glasfassade des "Telegraaf" und
ging in Flammen auf. Der Lenker befindet sich auf der Flucht.“
So, nochmal, denn den muss man erst dekantieren, faktisch ausrauchen
lassen, und ihn sich dann tröpfchenweise über die Zunge laufen
lassen bis er einem einen geradezu orgiastischen Abgang beschert:
„Das
Fahrzeug fuhr gegen eine Glasfassade des "Telegraaf" und
ging in Flammen auf.“
Also dann, erstes Schlückchen: „Das Fahrzeug...“. Da
kommt so ein kleiner Lieferwagen einfach so mich-nix-dich-nix
angerollt. Hat gerade nichts Besseres zu tun. Der Lenker, wie wir
oben erfahren durften, ist wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt bereits
auf der Flucht. Also ein Flüchtling. Wohin auch immer. Jedenfalls:
„Das Fahrzeug fuhr...“ Nicht „ein Täter“ oder wie
auch immer man den Menschen nennen will, fuhr mit dem Fahrzeug,
sondern das Fahrzeug fuhr. Dem Foto nach zu urteilen eher keine
solche Selbstfahrlafette von Tesla; also doch nur der übliche
rabulistische Trick der Schmierfinken, wenn es danach riecht, dass
bestimmte Angehörige einer bestimmten Bevölkerungsgruppe mit
Religionshintergrund involviert sein könnten.
Nächstes Schlückchen: Das Fahrzeug, nun ist es einmal da, fuhr
„gegen eine Glasfassade“. Ja, das tat es. Und zwar
mehrmals, weil es selbige erst beim zweiten Mal durchbrach. Das hat
die Qualität von „der Rammbock klopfte gegen die Eingangstür“.
„Die Badehose sprang vom Turm mit einem doppelten Salto auf das
Wasser.“ Man sieht das Bild einer zersplitterten Glasfront und
eines explodierten Wagens, und liest dann, es fuhr „gegen eine
Glasfassade“.
Liebe Standard-Wortakrobaten, den Unterschied zwischen „gegen“
und „durch“ möchte ich Flamenco tanzen können. Das muss ein
recht unerfahrener junger Mann geschrieben haben, denn eine Frau
kennt den Unterschied von dem Tag ihrer Defloration an.
Doch der dritte Schluck bringt erst das volle Aroma zum Blühen:
„...ging in Flammen auf.“
Aha. Das Auto ging in Flammen auf. Einfach so. So wie es auch einfach
gegen eine Glasfassade fuhr. Machen Autos einfach ab und zu, gehen in
Flammen auf, erwärmen sich ein bisschen, kennen wir ja von Tesla.
Die Tür fiel einfach so von allein aus dem Rahmen. Das
Jungfernhäutchen zerriss von ganz allein, einfach so. Die WTC-Türme
kippten plötzlich um. Die Titanic fuhr an einem Eisberg vorbei, dann
ging sie unter. Die „Standard“-Schreiberlinge sollten Drehbücher
schreiben.
Dass es ein Video gibt, auf dem man sehen kann, dass diesem „in
Flammen aufgehen“ noch etwas vorangeht und auch etwas folgt, muss
man als Qualitätsmedium jetzt nicht unbedingt erwähnen. Das
Vorangehende ist ja nur das unwesentliche Detail, dass der Fahrer
seelenruhig aussteigt, die Hecktür aufklappt und einen Brandsatz
reinwirft, bevor er sich aus dem Staub macht. Sofort steht das
Fahrzeug in Flammen, was darauf hindeutet, dass es mit
Brandbeschleuniger präpariert war – und nicht nur das, denn kurz
nach dieser spontanen Selbstentzündung kommt das Folgende und es
explodiert ein Sprengsatz, der sich offenbar in diesem Wagen befand.
Kann man mit „ging in Flammen auf“ nur sehr mager beschreiben.
Über Hiroshima fiel „Big Ben“ aus dem Flugzeug, auf halbem Weg
nach unten ging die Stadt kaputt.
Soviel Rabulistik muss man in einen einzigen Satz bekommen, alle
Ehre!
Wenn ich das jetzt mit den Meldungen über brutale Brandanschläge
vergleiche, wo Böller gegen leerstehende Asylunterkünfte geworfen
wurden – naja, „Standard“ eben.
Aber gießen wir uns noch ein Gläschen ein, in dem Artikel gibt es
noch etwas zu genießen:
„Am
vergangenen Donnerstag hatte ein Mann mit einer Panzerabwehrwaffe auf
ein anderes Gebäude in Amsterdam gefeuert, in dem ebenfalls
Medienunternehmen untergebracht sind.“
Ah.
Ja.
Hat das jeder hier mitbekommen? Es ist etwa eine Woche her, da hat in
Amsterdam jemand mit einer Panzerfaust, wie man sie bekanntlich beim
Müller in der Spielzeugabteilung kaufen kann und wie sie jeder
Hobbybastler zuhause herumliegen hat, auf ein Redaktionsgebäude
gefeuert.
Mit einer Panzerfaust.
In Amsterdam.
Irgend eine Schlagzeile? Irgend eine Meldung? Irgend ein Hinweis in
unseren Medien?
Es ist nichts geschehen, gehen Sie weiter!
Na gut, das muss man auch verstehen. Letzte Woche gab es ja viel
wichtigere, weltbewegende und die Schlagzeilen beherrschende Themen.
Allen voran die Jacke von Melania Trump.
Wenn die eine Jacke trägt – wen interessieren dann Angriffe mit
Kriegswaffen mitten in einer europäischen Hauptstadt?
Ja, diesen Artikel habe ich sofort gespeichert und gesichert; wer
weiß, wann er „aktualisiert“ wird und diese kleine Info wieder
verschwindet. Denn sie ist ein Beweis für die Größe der Lücken,
die die Medienagenturen aufreißen, um den Pöbel nicht mit
Informationen zu versorgen, die er nicht erfahren soll. Hätte ja –
unabhängig, wer später wirklich als Täter identifiziert wird –
irgend eine Stimmung drehen können, und wer will das schon?
Die Frage, wer und warum das verhindern will und wieso derjenige
genug Hoheit über die Medien hat, um so etwas konzertiert
durchzuziehen, bleibt.
1 Kommentar:
Ein **-jähriger hat kürzlich in einer westeuropäischen Stadt seinem Unmut über lückenhafte Berichterstattung in manchen Medien Ausdruck verliehen, indem er mit einem militärischen Anklopfgerät heftig gegen ein zufälliges Gebäude hämmerte. Nach amtsärztlicher Feststellung kompletter Unzurechnungsfähigkeit wegen psychischer Überbeanspruchung wurde der **-jährige zum Freifuss erklärt und mit der üblichen Portion Schokopudding verabschiedet. Das zuständige Betreuerkollektiv versicherte: "Es hat ihm sehr gut geschmeckt und er hat sich sofort wieder völlig beruhigt. Wir brauchen jetzt dringend mehr Staatsknete für uns und Schokopudding für Freifüssige".
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