Freitag, 18. Januar 2013

Wehrdienst vs. Söldnerdienst

In Österreich wird am kommenden Sonntag eine »Volksbefragung« durchgeführt, ob Österreich (wie viele andere Staaten der EU) vom derzeitigen System der Wehrpflicht für Männer (bzw. deren statt dessen abzuleistenden Zivildienst) zu dem System eines reinen Berufsheeres übergehen soll. Die Koalitionspartei SPÖVP hat mit sich vereinbart, daß das Ergebnis dieser Volksbefragung, egal wie hoch oder niedrig die Beteiligung daran ausfällt (und man rechnet damit, daß sie eher niedrig ausfallen wird), bindend sein soll.

Nun ist in dezidiert libertären Kreisen diese Frage eigentlich mit einer hinreichend deutlichen Mehrheit kontra Wehrpflicht ebenso »gegessen«, wie in dezidiert konservativen Kreisen das Gegenteil. Das Unschöne in dieser Debatte ist allerdings, daß beide Varianten durchaus mit (in Österreich und anderswo) real existierenden, und nur mit krasser Realitätsverweigerung ausblendbaren Mängeln behaftet sind, die eine begeisterte Zustimmung egal zu welcher der Alternativen etwas schaumgebremst geraten läßt.

Blogger-Kollegin Nattl faßt libertäre Positionen contra Wehrpflicht akurat zusammen und sei daher der Einfachheit halber zitiert:
1. Zwangsverpflichtung ist Sklaverei: Die Zwangsverpflichtung von Bürgern gehört zu den übelsten Instrumenten eines Staates. Der libertäre amerikanische Philosoph Murray N. Rothbard spricht in seinem libertären Manifest nicht umsonst davon, dass Zwangsverpflichtung nichts anderes als Sklaverei ist. Junge Menschen werden so gegen ihren Willen zur Fronarbeit gezwungen, bei Verweigerung droht Freiheitsstrafe. Was sonst nur in totalitären Regimes üblich ist, scheint in Österreich völlig normal zu sein. Niemand findet etwas dabei, dass jungen Männern wertvolle Zeit gestohlen wird.

2. Keine Gleichberechtigung: obwohl ständig Gleichberechtigung gefordert wird, wo auch immer FeministInnen Männerdomänen aufbrechen wollen, bei der Wehrpflicht ist das nicht der Fall. Wenn es nämlich um unangenehme Dinge wie die Zwangsverpflichtung geht, und sei es in Form von Zivildienst, so besinnt sich der Großteil der Damen plötzlich darauf, dass es doch recht praktisch ist, nicht überall mit den Herren der Schöpfung gleichberechtigt zu sein. Wenn schon, dann muss gleiches Recht für alle gelten.
(Nattls Gründe 3. - 8. hier weiterzulesen)
Nun, in den Gravamina ist ihr vielfach zuzustimmen — aber eben nicht in allem. Andreas Unterberger führt seinerseits in seiner »Kontroverse« (die er als regelmäßige Kolumne in den »Salzburger Nachrichten« mit der Standard-Redakteurin Katharina Krawagna-Pfeifer als Doppelconference austrägt) durchaus plausible Gegenargumente an:
Am Bundesheer ist vieles dringend zu verbessern: Von der oft lustlosen Ausbildung über die (laut linken Politikern) Asylanten nicht zumutbaren Kasernen, die veraltete Ausrüstung, den Überhang an Schreibtischbeamten, die Abschaffung der Miliz bis zum Missbrauch von Wehrpflichtigen als Gratis-Kellner für Offiziere & Co (die es ja für Staatsbeamte sonst auch nicht gibt). Die Abschaffung der Wehrpflicht wäre aber die völlig falsche Antwort.

Sie würde das Heer nicht verbessern, sondern überdies in eine gefährliche Ansammlung aus arbeitslosen Unterschicht-Angehörigen und Zuwanderern verwandeln. Sie würde in Zeiten sinkender Geburtenraten große Lücken bei Aufgaben wie Katastrophenhilfe oder Zivildienst reißen. Sie würde noch dazu mit Sicherheit mehr kosten - die Versuche von Herr Darabos, seine Ideen mit ständig neuen Zahlen schönzurechnen, sind nur noch grotesk.
(Unterbergers weitere Argumente hier weiterlesen)
Der Fragestand ist also ebenso klar, wie die Entscheidung dessen ungeachtet schwierig (das haben aber Grundsatzentscheidungen erfahrungsgemäß so an sich). Was also, werden sich die Leser nach dieser einleitenden Meinungsübersicht wohl längst, und hoffentlich nicht zu gelangweilt, fragen, was also meint LePenseur dazu? Nun, allerhand, aber vor allem dies:

Die Abschaffung der Wehrpflicht bedeutet eine weitere Entmündigung der Staatsbürger, die im Fall einer Berufsarmee ausschließlich einer von der Regierung angeheuerten Soldateska gegenüberstehen. Diese ist gegenüber einem Milizheer zweifellos weit mehr »im Sold« der jeweils herrschenden Regierung. Was solange kein Problem ist, als sich die Regierung nicht gegen Volksunmut zur Wehr zu setzen hat — oder auch bloß glaubt, zur Wehr setzen zu müssen. Berufssoldaten werden im Zweifel stets die Interessen ihrer unmittelbaren Brötchengeber (und damit zugleich die eigenen) wahren; und ob dieses Interesse moralisch (oder auch bloß rechtspositivistisch) legitim ist, wird ihnen relativ egal sein — solange Kohle & Karriere stimmen. Und das dürfte auch mit einen wesentlichen Grund für die zunehmende Begeisterung westlicher Regierungen für Berufsarmeen darstellen. Denn aus Kostengründen, soviel ist klar, wird eine Berufsarmee wohl nicht das Mittel der Wahl sein: bezahlte Soldaten sind jedenfalls teuer! Die Regierung hofft jedoch, daß sie dafür auch effektiv sind. Und hier fragt sich LePenseur nun eines: effektiv — für wen?

Oder sollte man nicht eher fragen: gegen wen? Und genau das ist das unangenehme Gefühl, das einen bei dieser Überlegung beschleicht. Denn in der Tat ist es weit weniger die kriegerische Bedrohung von außen, gegen die ein Kleinstaat seine Armee wird einsetzen müssen, sondern eher die Bedrohung von innen, gegen die seine Regierung sie wird einsetzen wollen! Und da hängt es halt weitgehend von der Verfassungstreue und Anständigkeit einer Regierung ab, ob wir uns das wirklich wünschen sollten. Durch die in Europa faktisch flächendeckende Entwaffnung der Bevölkerung gibt es letztlich gegen den Einsatz eines Berufsheeres durch eine Regierung, die (unter irgendeinem billig zu produzierenden Vorwand — so ein »Terroranschlag« ist ja problemlos inszenierbar) »zur Sicherung der öffentlichen Ordnung« ihre Berufsarmee losschickt, keinerlei Widerstand. Ein paar Sportschützenvereine und die Schrotflinten der Jägerschaft halten keinen Panzer auf, und Widerstand im Inneren der Berufsarmee (im Gegensatz zu Milizsoldaten, die sich ggf. Weigern könnten, auf Landsleute zu schießen) wird es ebensowenig geben ...

Alles bloße Verschwörungstheorie? Gibt's net, kann's net geben? Wie uns die Geschichte zeigt: es gab's und es konnte es geben. Woher also die Sicherheit, daß unsere p.t. Politiker sich in Zukunft edel, hilfreich und gut verhalten werden, auch in Situationen, wo es eventuell um ihre Machtpositionen und um ihre Futtertröge geht, von denen sie z.B. durch eine lästige (nämlich echte, nicht systemverflochtene!) Opposition verdrängt zu werden fürchten — wenn sie sich jetzt schon, ohne daß eine derartige Gefahr unmittelbar drohte, als letztklassige Korruptionisten, als ebenso lügnerische wie bedenkenlose Rechts- und Verfassungsbrecher am laufenden Band betätigen! Und so jemandem will man die ungeteilte, weil unwiderstehbare Macht anvertrauen?

Und noch eines: wer sagt uns, daß die Abschaffung der Wehrpflicht nicht als nächsten (oder übernächsten) Schritt eine gänzliche Demilitarisierung Östereichs nach sich zieht. Die Grünen, welche vermutlich von der bei den nächsten Wahlen ziemlich dezimierten SPÖVP ins Regierungsboot geholt werden, damit diese Regierung überhaupt noch eine Parlamentsmehrheit zusammenbringt, liebäugeln doch in naivem Pazifismus schon längst damit, ein »waffenfreies Österreich« zu schaffen. Der alte Satz, daß jeder Staat eine Armee habe — sei es die eigene, oder eine fremde — ist ihnen piepegal. Wer Österreichs »Flaggerl fürs Gackerl« verwenden will (»Wer Österreich liebt, muß Scheiße sein« lautete der griffige Slogan der Grünalternativen Jugend zu diesem Plakat), und lauthals die ungehemmte Überfremdung Österreichs bis zu seiner Abschaffung propagiert (siehe: »Der Nationalstaat sollte abgeschafft werden«), der wird auch gegen fremde Armeen, die diesem verhaßten »klerikofaschistischen« Österreich den Garaus machen, nichts einzuwenden haben. Obwohl man Wetten darauf abschließen kann, daß das Ergebnis dieser Garausmachung dann nicht ganz nach dem Geschmack alterna(t)iver Grünlinge ausfallen dürfte. Was uns, offen gestanden, ja egal sein könnte, kämen nicht auch wir dadurch zum Handkuß!

Egal: wie die Volksabstimmung ausgehen wird — das Ergebnis wird unbefriedigend bleiben! »Alles bleibt schlechter«, um einen griffigen (wenngleich im damaligen Original geradezu ekelerregend falschen) Slogan abzuwandeln ...

Aber wird es zu einer Abschaffung der Wehrpflicht kommen? Andreas Tögel läßt in einem lesenswerten ef-Artikel ebenso deutliche wie plausibel begründete Skepsis erkennen:
Die Österreicher lieben den Status quo.

Fragen der Landesverteidigung interessieren den Durchschnittswähler ungefähr so sehr wie die Höhe des Milchpreises in Timbuktu.

Vielen Wählern ist gefühlsmäßig klar, dass die von den Roten beschworenen „Profis“ mehr kosten werden als die von ihnen heruntergemachten wehrpflichtigen „Amateure“.

Die Bereitschaft, für die Landesverteidigung mehr auszugeben als bisher, ist genauso groß wie die Begeisterung für einen Beitritt zur NATO, der mit dem Umstieg auf ein Berufsheer sehr wahrscheinlich verbunden wäre: Null.

Auch die „Kronenzeitung“, vor welcher der Kanzler so artig zu kuschen pflegt, hat bereits mehr als einmal aufs falsche Pferd gesetzt (der dunkelrote ORF tut das sogar dauernd).

Fazit: Alles wird wohl so bleiben wie es ist. Ernsthafte Landesverteidigung wird´s weiterhin nicht geben. Indessen werden junge Männer auch künftig damit leben müssen – anders als die holde Weiblichkeit, denn Frauen sind ja bekanntlich an allen möglichen Fronten so sagenhaft benachteiligt – ein paar Monate ihres Lebens dem „Gemeinwohl“ zu opfern gezwungen zu sein ...
Doch um nicht ganz im Negativen zu verharren: gäbe es nicht eine Möglichkeit, etwas zu verbessern? Doch, natürlich! Ein Blick in unser westliches Nachbarland, die Schweiz, zeigt es! Dort gibt es ein Milizsystem, das durchaus funktioniert — denn das übliche Lamento, daß es besser sein könnte, kann man getrost vergessen! Was, bitteschön, könnte nicht immer noch irgendwie »besser« sein? Angefangen beim Wetter ...

Freilich: dieses System der Wehrpflicht für junge Männer in einem Milizheer müßte der Gerechtigkeit halber um eine »Sozialpflicht« für junge Frauen (und selbstmurmelnd für jene jungen Männer, die sich nicht trauen, ein Gewehr in die Hand zu nehmen!) ergänzt werden. Ebenfalls mit »Miliz-Charakter« — also nicht in einem Stück ableistbar, sondern nach einer Grundausbildung in Form von wiederkehrenden »Übungen«. Wobei die (mehr oder weniger) jungen Frauen, die zwei Kinder geboren haben (und damit den Fortbestand der einheimischen Bevölkerung sichern halfen), vom weiteren Einsatz im Pflegedienst befreit sein sollten — die sollen sich um die Pflege ihres Nachwuchses kümmern!

So ein System wäre gerecht. Und es wäre (wenn man es entsprechend organisiert!) auch effizient. Wird es also kommen? Aber woher denn! Doch nicht in Österreich! Doch nicht mit Medienredaktionen in linker Hand, durchsetzt mit Genderfeministinnen und geleitet von frustrierten Altachtundsechzigern, die wenigstens bis zu ihrer Pension alles verhindern wollen, was nach bürgerlicher Normalität aussieht. Um so ihre Selbstvorwürfe, sich aus Geld- & Karrieregründen »dem Establishment« angedient zu haben, zu therapieren.

Vergessen wir's also! Bis es zu spät sein dürfte ...

3 Kommentare:

Fauler Willi hat gesagt…

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Zahlen & Fakten

Österreichs Bundesheer hat

ca. 10.800 Berufssoldaten (davon ca. 2.600 Offiziere, ca. 6.500 Unteroffiziere, ca 1.700 Zeitsoldaten.)

12.000 Grundwehrdiener im Jahresdurchschnitt.

8.400 öffentlich Bedienstete (Ärzte, Handwerker, Sekretärinnen, usw.)
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Wir haben ein Berufsheer mit ein paar Wehrpflichtigen.

Lustig ist das Verhältnis von >9.000 Offizieren / Unteroffizieren zu 12.000 Grundwehrdienern.

FDominicus hat gesagt…

Ich kann dazu nur meine "Zeit" bei Bund nehmen. Fakt ist im Großen und Ganzen war es ein verlorenes Jahr. Die Ausbildung - die ja so anstrengend sein sollte - war es höchstens ein paar Tage.

Die bescheuerten Nachtmärsche etc waren einfach nur lästig. Der größte Blödsinn war, obwohl ich einen Motorrad Führerschein hatte, mußt ich Ihn beim Bund noch mal! machen. Dafür kann es keinen anderen Grund geben als Blödheit.

Nun von Soldaten würd ich auch erwarten, sie würden leidlich gut schiessen und treffen können. Nun das G3 wurde im Einzelschuß Modus betrieben und insgesamt habe ich sicher nicht mehr als 50 mal geschossen. Mit den diversen anderen Waffen kam etwas dazu. Aber wirklich schiessen üben, das geht ja schon gar nicht. Dafür aber Waffen putzen an jedem Tag. Waffen die nur um Waffenraum rumlagen zu putzen, das ist wirklich "sinnvoll".

Dazu das Prinzip: Wenn einer Mist baut, war die ganze Rotte (ja so hieß das dran). Die Unteroffiziere hatten wohl nur eine Qualifikation zu erbringen, "ungemütlich" zu sein. Das man sein Gehirn an der Kaserneneinfahrt besser abgegeben hat, erwähne ich nur am Rande.

Ich hatte dann etwa Glück und konnte dann Motorräder für den Tüv vorbereiten, was aber im Großen und Ganzen wieder nur auf Putzen herausliefe. Material für die Repaartur zu bekommen, war ein Musterbespiel für Bürokratie.

Nun die Entwaffnung durch unsere Delebets ist ein Problem ist aber auch unbeding nötig um die großen Es voranzutreiben:

- Entwaffnung
- Entmündigung
- Entrechtung
- Enteignung
- Entleibung

Inzwischen sind wir schon gut bei der Enteignung angekommen und wenn es die "Todeslisten" beim Friedensnobelpreisträger Obama gibt, dann sind die Amis da auch schon weiter.

Es ist ziemlich bezeichnend, daß die Amerikaner sich nach dem Amoklauf massiv neu bewaffneten. Obama möchte ja Seine Schergen gerne vor den eigenen Leuten schütze und will daher die Entwaffnung von den USA vorantreiben.

Aber egal. Insgesamt kann ich nur sagen, die Zeit war völlig verloren. Und ich persönlich bin gegen diese Sklavenhaltung.

quer hat gesagt…

Ich kann hier nur für Deutschland sprechen und stelle fest:

Gäbe es heute sowas, wie vor 50 Jahren die Kuba-Krise, dann könnten in D. ebensogut alle zu Hause bleiben. Denn Vergelichbares wie seinerzeit, gibt es auch in D. heute nicht mehr.

Da ich damals wehrpflichtig in der LW gedient habe, als Mannschaftsdienstgrad (!) (entsprechend fachlich ausgebildet) Unteroffiziersdiensttuend, und zuletzt diensttuender (!) Feldwebel und (ILO) Jägerleitoffizier war, weiß ich, wovon ich spreche.

Vom Sinngehalt und Nutzen meiner Tätigkeit beim "Bund" bin ich noch heute in der Rückschau überzeugt. Obwohl ich 18 Monate und zweimal 1 Monat (Reserveübung) "geopfert" habe.

Aber gut, damals war irgendwie noch "Wehrmacht" spürbar.