Mittwoch, 20. März 2019

Das hat man in Brüssel halt nicht bedacht ...


Erst vor kurzem wurde ich, vor einer Verhandlung wartend, Zeuge eines Gesprächs unter Kollegen, die recht lebhaft über den Brexit diskutierten. Einer der Gruppe, der sich offenbar in den britischen Verhältnissen besonders gut auskennt, äußerte Gedanken, wie sie auch in dem folgenden Artikel erörtert werden:

Die Iden des März: UK-Parlament “zu selbstbewusst” für die EU?


Der Sprecher (Vorsitzende) des britischen House of Commons, John Bercow, hat angekündigt, ein drittes Meaningful Vote über das von Theresa May und Michel Barnier verhandelte Austrittsabkommen zu verhindern, sollte die May-Regierung versuchen, einen unveränder-ten Text dem Parlament vorzulegen. Von John James, erstmals erschienen bei b.com.

Diese Entscheidung illustriert vorbildlich, warum die politischen Institutionen des Vereinigten Königreichs (VK) mit dem politischen System der Europäischen Union nicht kompatibel sind. Das politische System Großbritanniens wird “bottom up”, das System der EU “top down” gelenkt.
In der EU steht das Ergebnis politischer Auseinandersetzungen schon am Anfang fest. Man sucht politische Prozesse, die die getroffenen Entscheidungen legitimieren. 
Leseempfehlung!

3 Kommentare:

Rizzo Chuenringe hat gesagt…

Der auszugsweise zitierte Artikel schliesst mit dem Satz:

"Möglicherweise gibt es schon Entscheidungsträger in der EU, die dieses Parlament und diesen Parlamentarismus lieber draußen als drinnen sehen möchten."

Mir deucht hingegen, dass nur eine Minderheit von EU-Entscheidungsträgern dieses Parlament und diesen Parlamentarismus lieber drinnen als draussen sehen möchten. Vor allem bei den beiden EU-Gorillas Deutschland und Frankreich wurden die Briten von jeher bloss als verschrobene Sonderlinge und Bremsschuhe verstanden, spätestens als die Briten klargestellt hatten, dass sie niemals auf ihr Pound Sterling verzichten werden. Ab diesem Zeitpunkt stand auch fest, dass das UK niemals seine staatliche Eigenständigkeit zugunsten eines herbeiphantasierten supranationalen Brüsseler Einheitsreichs aufgeben wird.

In Deutschland beschimpfen sie dieses selbstbewusste Verhalten als "Rosinenpickerei". Offenbar haben die nie die Begeisterung erlebt, mit der die Briten den Refrain von "Rule Britannia" aus voller Kehle mitsingen:

Britannia rule the waves
Britons never, never, never shall be slaves.

Maier hat gesagt…

Nun ja, solche Girlanden muss man dem Westminster-Parlamentarismus nun auch wieder nicht flechten - angesichts der Realsatire, die dieses Parlament seit Woche bietet und das den Briten selber nur noch peinlich ist.
Sollen sie doch, dem Ergebnis der 2016-Abstimmung gemäß, jetzt konsequent und "hart" brexiten. Aber nein, dass wollen die Herren Parlamentarier aus rätselhaften Gründen irgendwie nicht. Aber ein "Deal" - nee, das wollen sie aus ebenso räzselhaften Gründen irgendwie auch nicht. Was wollen sie dann? Das wiederum wissen die Herren einfach nicht.

Komplett gaga, diese Herrschaften.

Rizzo Chuenringe hat gesagt…

Man darf nicht auf das Gerede der EU-befliessenen Gefälligkeitspresse reinfallen, dass das Londoner Parlament keinen Deal wolle. Selbstverständlich wollen die Parlamentarier einen Deal, aber nicht diesen, den sich Theresa May von der Brüsseler Clique auf Auge drücken liess. Der ja nichts weiter als ein plumpe Erpressung darstellt, nach dem Muster "friss oder verhunger!". Daraus erklärt sich zwanglos der scheinbare Widerspruch, dass das Parlament sowohl gegen den May/EU-Deal, als auch gegen einen harten Brexit gestimmt hat.