Rückgedenken
Am Hang die Heidekräuter blühn,
Der Ginster starrt in braunen Besen.
Wer weiß heut noch, wie flaumiggrün
Der Wald im Mai gewesen ?
Wer weiß heut noch, wie Amselsang
Und Kuckucksruf einmal geklungen ?
Schon ist, was so bezaubernd klang,
Vergessen und versungen.
Im Wald das Sommerabendfest,
Der Vollmond überm Berge droben,
Wer schrieb sie auf, wer hielt sie fest ?
Ist alles schon zerstoben.
Und bald wird auch von dir und mir
Kein Mensch mehr wissen und erzählen,
Es wohnen andre Leute hier,
Wir werden keinem fehlen.
Wir wollen auf den Abendstern
Und auf die ersten Nebel warten.
Wir blühen und verblühen gern
In Gottes großem Garten.
Es gibt sicherlich »berühmtere« Gedichte von Hermann Hesse. Mag sein, daß es auch bessere gibt ... Im »Gutenberg-Projekt« findet sich über den Dichter folgende Kurzbiographie:
Geboren am am 2.07.1877 in Calw, gestorben am am 9.08.1962 in
Montagnola. Der Sohn eines deutsch-baltischen Missionars besuchte die
Lateinschule in Göppingen und 1891 legte er das "Landexamen" ab. Mit der
vorgezeichneten theologischen Laufbahn brach er ein Jahr später ab.
Diese Periode schwerer seelischer Konflikte endete mit einem
Nerven-zusammenbruch, der sich im Laufe der Jahre oft wiederholt und ihn
der Psychoanalyse nähert. 1892-1893 besuchte er das Gymnasium in Bad
Canstatt. Danach macht er die Mechaniklehre in der Turmuhrenfabrik in
Calw und die Buchhändler- lehre in Tübingen. Eine Zeitlang arbeitet er als
Buchhändler und Antiquar in Basel. Mehrere Reisen durch die Schweiz und
meherere Italienreise erweitern seine kulturellen Horizonte. Aus dieser
Zeit stammen die ersten literarischen Versuche, Gedichte und
Erzählungen. Ab 1904 lebte er als freier Schriftsteller und Mitarbeiter
an verschiedenen Zeitungen und 1912 zog er in die Schweiz. Für seine
literarische Tätigkeit erhielt Hesse 1946 den Nobelpreis.
Anders als bei vielen meiner Generation konnte mich in der Jugend Hesses »Steppenwolf« nie so recht begeistern, auch für »Siddhartha«, oder das »Glasperlenspiel« schlug nicht mein Herz. Hesse ist »für mich« (ich hoffe, jetzt niemanden allzusehr zu schockieren!) eigentlich nur als Lyriker und als Verfasser einfühlsamer Buchrezensionen bedeutsam gewesen. Und auch von seiner Lyrik sind es gerade mal eine Handvoll an Gedichten, und unter diesen wieder das obige — wenn ich wählen müßte ...
»Hundert notwendige Gedichte« (geordnet nach Autorennamen): Bertolt Brecht – Theodor Däubler – Richard Dehmel – Annette Droste von Hülshoff – Joseph von Eichendorff – Theodor Fontane – Andreas Gryphius — Albrecht von Haller – Ricarda Huch – Li-Tai-Peh (übertragen von Egmont Colerus) – Conrad Ferdinand Meyer (1) | (2) | (3) – Agnes Miegel – Wilhelm Raabe – Georg Trakl – Anton Wildgans (1) | (2) – Stefan Zweig.
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