Fülle
Genug ist nicht genug! Gepriesen werde
Der Herbst! Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte!
Tief beugt sich mancher allzu reich beschwerte,
Der Apfel fällt mit dumpfem Laut zur Erde.
Genug ist nicht genug! Es lacht im Laube!
Die saftge Pfirsche winkt dem durstgen Munde!
Die trunknen Wespen summen in die Runde:
»Genug ist nicht genug!« um eine Traube.
Genug ist nicht genug! Mit vollen Zügen
Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses,
Das Herz, auch es bedarf des Überflusses,
Genug kann nie und nimmermehr genügen!
Nun schon der dritte »Meyer« unter hundert Gedichten — ist das nicht ein bisserl viel? Ja und nein, würde ich sagen. Meyer zählt nun einmal mit einer Reihe von Gedichten zu meinen Lieblingslyrikern (wobei ich offen zugebe, daß ich mit vielen anderen seiner Gedichte wenig bis nichts anfangen kann!).
Und gerade bei diesem Gedicht sehe ich auf weiter Flur kaum ein anderes, das für mich (sic! Die Auswahl der »hundert notwendigen Gedichte« ist eine höchst subjektive!) so sehr die »konzentrierte Essenz« eines durchsonnten, erfüllten Herbstes enthält, wie dieses.
»Hundert notwendige Gedichte« (geordnet nach Autorennamen): Bertolt Brecht – Theodor Däubler – Richard Dehmel – Annette Droste von Hülshoff – Joseph von Eichendorff – Theodor Fontane – Andreas Gryphius — Albrecht von Haller – Ricarda Huch – Li-Tai-Peh (übertragen von Egmont Colerus) – Conrad Ferdinand Meyer (1) | (2) – Wilhelm Raabe – Anton Wildgans (1) | (2) – Stefan Zweig.
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