Donnerstag, 31. Juli 2014

Hundert notwendige Gedichte XV — Bertolt Brecht

Und schon bin ich dabei, meine guten Vorsätze zu brechen ... an sich wollte ich ja nur gemeinfreie Gedichte in diese Sammlung aufnehmen — aber an diesem Vierzeiler konnte ich einfach nicht vorübergehen. 

Es ist nun wirklich nicht so, daß mir Bertolt Brechts Lyrik für gewöhnlich besonders nahe wäre — meist finde ich seine Agitation plump, viele  seiner Reime abgegriffen. Doch mit der folgenden Strophe aus seiner »Kriegsfibel« (Nr. 47) hat er sich nach meinem Dafürhalten in den Olymp der immer zitierenswerten Gedichte (hin)eingeschrieben:


E
s hatte sich ein Strand von Blut zu röten,
Der ihnen nicht gehörte, dem noch dem.
Sie waren, heißt’s, gezwungen, sich zu töten.
Ich glaub’s, ich glaub’s. Und frag nur noch: von wem?


2 Kommentare:

  1. Kennen Sie dieses?

    Die Liebenden

    Seht jene Kraniche in großem Bogen!
    Die Wolken, welche ihnen beigegeben
    Zogen mit ihnen schon als sie entflogen
    Aus einem Leben in ein anderes Leben.
    In gleicher Höhe und mit gleicher Eile
    Scheinen sie alle beide nur daneben.
    Daß so der Kranich mit der Wolke teile
    Den schönen Himmel, den sie kurz befliegen
    Daß also keines länger hier verweile
    Und keines anderes sehe als das Wiegen
    Des andern in dem Wind, den beide spüren
    Die jetzt im Fluge beieinander liegen:
    So mag der Wind sie in das Nichts entführen.
    Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben
    So lange kann sie beide nichts berühren
    So lange kann man sie von jedem Ort vertreiben
    Wo Regen drohen oder Schüsse schallen.
    So unter Sonn und Monds verschiedenen Scheiben
    Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
    Wohin ihr? - Nirgend hin. Von wem davon? - Von allen.
    Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen?
    Seit kurzem. - Und wann werden sie sich trennen? - Bald.
    So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.

    Mich hatte es ergriffen, als ich noch jung war.

    Picasso konnte noch malen, Brecht konnte noch dichten. Weil beide noch ein nichtsozialistisches Bildungssystem durchlaufen durften.

    Doch ihre Jünger huben an, das was gut war zu Tode zu "reformieren" - um zu beweisen:
    Sozialismus = Tod!

    Kreuzweis

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  2. Jetzt, cher Kreuzweis,

    ... bin ich, wie der Wiener sagt, einfach baff!

    Was Brecht berifft, gebe ich Ihnen recht. Bei Picasso (dem nach dem Frühwerk) bin ich mir nicht mehr so sicher — aber ich habe auch wo gelesen, daß er irgendwann meinte, seine "modernen" Werke seien eigentlich nur Verarsche des Kulturbürgertums gewesen. Das erklärte freilich vieles ...

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