Sonntag, 20. März 2022

Nicht jeder Kalafati

von LePenseur
 
 
... ist eine Figur aus dem Wurschtlprater*) — es kann auch ein russischer Komponist (d.h. solange die russischen Komponisten von Youtube noch nicht als »Feindmusik« gelöscht wurden — also schnell runterladen, sonst sind die futsch!) so heißen. Und von diesem Wasilli Pawlowitsch Kalafati, der noch dazu auf der Krim geboren wurde und der heute vor 80 Jahren, am 20. März 1942 bei St.Petersburg (damals Leningrad) verstorben ist, nun die Symphonie in a-moll, op. 12 (1899-1912 entstanden):


Ein nettes, gekonnt elegantes Werk, das man als Hintergrundsmusik zur Lektüre eines russischen Romans bestens empfehlen kann. Nein dieser Kalafati war kein großer Meister der Komposition, nicht einmal einer aus der von mir so oft präsentierten »2. Reihe« (die oft zu Unrecht dort stehen müssen und ein besseres Schicksal verdienten!), aber er war immerhin ein berühmter Kompositionslehrer mit so bedeutenden Schülern wie Alexander Skriabin und Igor Strawinsky. Merke: man kann ein bedeu-tender Kompositionslehrer sein, ohne deshalb ein bedeutender Komponist sein zu müssen ...

1928 wurde seine Symphonische Dichtung Légende, op. 20, beim internationalen Schubert-Wett-bewerb ausgezeichnet (dem die Musikwelt ein Menge durchaus bemerkenswerter Kompositionen verdankt, so z.B. die 3. Symphonie von Franz Schmidt, die 1. Symphonie von Hans Gál, und die letztlich »am preisesten gekrönte« — und deshalb vielleicht im Nachruhm umso »durcher gefallene« — (wie es der scharfzüngige Georg Helmesberger sen. über Wettbewerbskompositionen süffisant formuliert hatte) »Dollar-Symphonie« von Atterberg. Und wieder: solide gemachte, untadelige Musik, der nichts fehlt — außer dem Tropfen Genie, der erst die »tönend bewegte Form« zum Leben erweckt:
 

Doch genug! ... oder nein, doch nicht — aller guten Dinge sind bekanntlich drei, und so sei noch eine schmissige Polonaise für Orchester, op. 14 (1905) nachgereicht, als Polen noch bei Rußland, Preußen, und Österreich war. Womit wir schon fast in der aktuellen Geschichte ... ach lassen wir's ... es ist ein zu weites Feld, wie der alte Briest geseufzt hätte ...



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*) umgangsspr. Bezeichnung für den Vergnügungspark im Wiener Prater

5 Kommentare:

  1. Cher Penseur, danke für diesen Tip, der es indes nicht unter unsere Top 100 schaffen wird. Kennen Sie übrigens diesen Wassili: W. Sergejewitsch Kalinnikow, der dies mit seinen zwei schönen Symphonien leider nur aus chronologischen Gründen knapp leider nicht geschafft hat.
    Mit Trapp hab ich mich ein bisschen befasst, mir will dabei vorkommen dass sein leider nur in fragmentarischer Einspielung verfügbares Violinkonzert sehr bedeutend ist. Na ja, bei der Bio werden wir lange auf eine Trapp-Renaissance warten müssen...

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  2. Kalinnikow ist nett! Seine beiden Symphonien sind, ganz böse gesagt, so ein bisserl "Jugendorchester-Musik" — d.h.: mir etwas zu "unkompliziert" — aber der Kalafati ist m.E. auch nicht viel schlechter. Sag'ma mal so: ein Brahms sind' alle beide net ...

    Was Trapp betrifft, fürchte ich, werden Sie rechthaben. Obowhl ich die beiden auf YT verfügbaren (in historischen Aufnahmen sehr mäßiger technischer Qualität) Symphonien No. 2 u. 6.durchaus beachtlich finde. Auch das "Allegro deciso" hat was! Aber leider "verbrannt" ...

    Weniger verbrannt ist Graener, den ich Ihnen nochmals anempfehle, alter Konservativer, der ich bin ;-) (Ihnen vermutlich zu altvat'risch, fürchte ich, an Luto denkend ...)

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  3. Mit dem Graener muss ich mich noch eingehender befassen. Mir kommt er nach erster Betrachtung ein bisschen blutarm vor, aber die Erfahrung lehrte mich, dass die Qualität "konservativer" Werke oftmals nicht prima vista ersichtlich ist. Kennen Sie eine Möglichkeit, an das Violinkonzert von Trapp zu kommen?
    Wenn ich richtig verstanden habe (Ihr diesbezüglicher Satz wirkt irgendwie unvollständig) hat der Kalafati damals den ersten Preis vor Schmidts 3. Symphonie gewonnen ... nun, das erachte ich als Fehlentscheidung. Schmidt ist ein typischer Fall eines Komponisten, der zunächst etwas epigonenhaft wirkt, aber realiter über einen sehr feinen und ausgeprägten Personalstil verfügt. Gerade seine 3. schätze ich sehr.
    Die Legende von K. beginnt eigentlich sehr interessant, ist mir aber nach über 10' etwas zu fad geworden. Vielleicht mea culpa...
    Was sagen Sie zu Ljatoschinskij? zB 3. Symphonie?

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  4. Cher M. Lechner,

    1. Graener — noch zur Anregung "Die Flöte von Sanssouci", ein wunderschön melancholisches kleines Werk, und die Symphonie op. 39 "Schmied Schmerz" (geschrieben nach dem Tod seines Sohnes - wie erwähnt: ein leichtes Leben hatte er nicht!)

    2. Violinkonzert von Trapp - leider keine Ahnung!

    3. Schmidt's Dritte: wenn ich damit Atterbergs Sechste vergleiche, kieg ich "einen Gachen"!

    4. Kalafati habe ich eher als kleines Aperçu eingestreut, als kleine Boshaftigkeit wegen es derzeitigen Russen-Bashings. Nein, ist ganz nett anzuhören, aber kein Fehler,w enn man ihn nicht kennt!

    5. Ljatoschinskij - kenne ich bis dato nicht, aber danke für den Hinweis!

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  5. Geschätzter Herr Kollege,

    zu den Kompositionen 1928 zum Schubert-Jahr (https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Schubert-Wettbewerb_1928): da gab es in den einzelnen Staaten(-gruppen) regionale Wettbewerbe, und da hat in Österreich Schmidts 3. Symphonie vor der 1. von Hans Gál gewonnen (die Drittplacierte Moni Friedsohn, nicht "Freidsohn", wie Wiki schreibt, ist mir völlig unbekannt und auch auf YT nicht zu finden). Und dann wurde unter den Siegern noch eine "internationale Konkurrenz" gehalten, bei der Atterberg gewonnen hat mit seiner 6. Symphonie, für die er dann eine Menge Dollars einstreifte (deshalb scherzhaft auch "Dollar-Symphonie" genannt). Bei dem "internationalen Finale" hat dann Schmidt den 2. Preis erhalten, den 3. ein mir ebenfalls völlig unbekannter Czesław Marek, den ich aus Neugier auf YT suchte. Naja ... seine Sinfonia op. 28 wird ihnen vielleicht besser gefallen als mir ...

    https://www.youtube.com/watch?v=bWUp-6ScOP0

    Was das alles mit Schubert zu tun haben sollte, erschließt sich mir bei Franz Schmidt sofort, beim Rest der Werke zumeist nicht bzw. kaum.

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    P.S.: Felix v. Weingartner wurde durch das Schubert-Jahr übrigens angeregt, eine Rekonstruktion der 7. Symphonie von Schubert zu versuchen (1934 fertiggestellt), die ich für manchmal etwas "hart", aber grosso modo doch für sehr gelungen und wenig "spekulativ" halte (anders als die von Newbould!). Damit nahm er aber natürlich nicht am Wettbewerb teil! Seine eigene 6. Symphonie (1929), insbes. der 1. Satz, ist zwar sehr romantisch (und, wenn ich ganz bös bin, ideal als Untermalung für einen traurigen Kostümfilm geeignet — irgendwas mit Mayerling, oder Effi Briest ...), aber nicht wirklich "schubertisch" ...

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