von Fragolin
Mühsam wird immer wieder an der Begründung gebastelt, dass die uns
neuerdings häufiger bereichernden Messereien und Vergewaltigungen
nicht so schlimm und eigentlich schon Teil unserer Kultur wären und
die Angst vor dem Fremden nur rassistischer Irrationalität
entspringt, denn statistisch wäre die Gefahr für eine Frau, im
familiären Umfeld Gewalt ausgesetzt zu werden, eben größer als in
der Umgebung von Unbekannten bzw. Fremden. Oder, wie wir früher
sagten: Zuhause ist gefährlich, da sterben die meisten Leute.
Schön.
Abgesehen davon, dass ich statistische Spielchen dieser
Art immer wieder erquicklich finde, finde ich auch die
Auswahl der Stichprobe interessant. Denn obwohl die größte
Kriminalitätsexplosion bei schwerer Körperverletzung,
Vergewaltigung bzw. Sexueller Belästigung, Raub und Diebstahl liegt,
dividiert man explizit Mord und Totschlag heraus.
Nur mal so als Beispiel: Warum bauen wir Schutzwege für Fußgänger
und Radfahrer? Nachweislich werden die meisten doch bei Arbeits- oder
Sportunfällen verletzt und nicht im Straßenverkehr von Autos. Merkt
jemand was? Vollkommen unbrauchbare Argumentation. Aussage gleich
Null. Aber es geht in diese Richtung, man will nämlich zwei Fliegen
mit einer Klappe zermatschen:
Erstens die berühmte Oktoberfest-Argumentation zur Relativierung,
dass die Einheimischen schon immer viel ärger waren als die armen
Zugelaufenen und zweitens, weil der Fetzen gerade nass ist und man
das in einem Aufwasch hinbekommt, die ebenso berühmte
Feministinnen-Mär vom generell gewalttätigen Tätermann und der
armen hilflosen Opferfrau. Diese Mär ist in hunderten Studien
widerlegt, die weniger selektiv umgehen, aber hier heute nicht Thema,
weil sowieso irrelevant.
Was ich mich nämlich eher frage ist das:
Wenn sich jemand die Mühe macht, statistisch die Herkunft,
Sozialisation oder Religion von Kriminellen zu erfassen, dann wird
sofort geschrien, das müsse man gefälligst bleiben lassen, da es
nur rassistischer Hetze dient und überhaupt das rechte Gedankengut
des rassistischen Statistikers offenbare. Da frage ich mich, was die
statistische Auswertung nach Geschlecht bezweckt. Nach dieser
Denkweise kann es sich ja nur um sexistische Hetze handeln, denn ist
es nicht egal ob Mann oder Frau, auch bei Mördern gilt ja wohl:
„Hier steht ein Mensch!“. Oder will hier jemand sexistische
Vorurteile schüren? Einen Generalverdacht konstruieren? Wasser auf
irgendwelche Mühlen gießen?
Welche Erkenntnisse bleiben?
Erstens: Man muss schon sehr selektiv in Statistiken wühlen, um vom
Thema steigender Kollateralschäden beim täglichen neu Ausverhandeln
der Regeln des Zusammenlebens mit unseren neuen Nachbarn abzulenken.
Für Relativierer gilt inzwischen immer mehr: An ihrer Mühsal sollt
ihr sie erkennen.
Zweitens: Wenn man eine Nebelgranate wirft, dann möglichst weit, um
das eigentliche Thema, nämlich die „irrationalen Ängste vor dem
Fremden“, also die verängstigte Armlänge Abstand der
pfefferspraybewehrten Frau von heute, unsichtbar zu machen. Angst zu
haben vor Vergewaltigung und Ausrauben am Praterstern ist irrational,
denn noch morden hauptsächlich Männer zuhause Frauen. Man braucht
sich keine Sorgen zu machen, am Tage von einer Schlange gebissen zu
werden, denn Tiger jagen nachts.
Drittens: Die Gleichen, die unter anderen Vorzeichen heulend die
Rassismuskeule schwingen würden, betätigen sich hier als Sexisten.
Denn wenn es bei Vergewaltigungen, Antanzveranstaltungen und
Raubzügen ohne Relevanz sein soll, welcher Nationalität die Täter
sind, warum besteht dann plötzlich eine Relevanz des Geschlechtes?
Kommt vielleicht daher das Gekreische wegen Rassismus, weil diese
Leute einfach (mal wieder) nicht anders können als von sich auf
andere zu schließen? Weil sie selbst sich nur für jene Fakten zu
einem Verbrechen interessieren, die ihnen Bestätigung ihrer
sexistischen Denkweise verschaffen, unterstellen sie jedem, der etwas
anderes über die Täter wissen will, die gleiche Attitüde. Die
können sich gar nichts anderes vorstellen, als dass andere Menschen
der gleichen Denkweise folgen wie sie selbst.
Danke für diese Erkenntnis.
Und nein, ich ziehe keine weiteren Schlussfolgerungen und
solidarisiere mich mit niemandem und relativiere nichts. Mir sind
diese Mörder egal und ich finde Mord widerlich. Mir tun die Opfer
leid, ebenso wie die von Psychoterror, Vergewaltigung oder Prügelei.
Oder die vielen gewaltsam Ungeborenen, die nie eine Chance auf ein
Leben bekamen und die sowieso jede Statistik versauen würden. Aber
mir braucht keine Tussi daherkommen und was von „du bist eben ein
Mann“ faseln, denn ich lasse mich nicht in Sippenhaft für andere
Männer nehmen. Nur, wenn da wieder mal eine einen Generalverdacht
gegen „alle Männer“ absondert, dann werde ich ihr gern
entgegenhalten, dass sie auf der gleichen Schiene fährt wie jene,
denen man einen „Generalverdacht gegen alle Fremden“ unterstellt.
Manche Leute begreifen nicht anders, dass die hässliche Fratze, die
sie überall zu sehen meinen, immer wieder ihr eigenes Spiegelbild
ist.
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