... (mithin heute vor 290 Jahren) gelangte die
TRAUER-ODE
auf
das Ableben
Ihrer Majestät der Königin in Polen
und Kurfürstin zu Sachsen, Frauen
Christianen Eberhardinen
auf Worte des Johann Christoph Gottsched, nachmaligem außerordentlichem Professor für Poetik und darnach ordentlichem Professor der Logik und Metaphysik an der Universität zu Leipzig, als Kantate in Musik gesetzet von Johann Sebastian Bach (BWV 198), Kantor zu St. Thomas, ebendort:
Laß, Fürstin! laß noch einen StrahlAus Salems Stern-Gewölben schießen,Und sieh, wie viel hier Tränen fließen,Und sieh Dein hohes Ehrenmahl!Dein Sachsen, Dein bestürztes Meißen,Erstaunt bei Deiner Toten-Gruft;Das Auge tränt, die Zunge ruft:Mein Schmerz muß unaussprechlich heißen.Hier klagt August, der Prinz, das Land,Der Adel ächzt, der Bürger trauert,Wie hat Dich nicht das Volk bedauert,Sobald es Deinen Fall empfand?Verstummt! verstummt ihr holden Saiten!Kein Ton vermag der Länder Not,Um ihrer teuren Mutter Tod,O Schmerzens-Wort! recht anzudeuten.Der Glocken bebendes Getön,Soll der betrübten Seelen Schrecken,Durch ihr geschwung’nes Erz entdecken,Und uns durch Mark und Adern gehn.O könnte nur ihr banges Klingen,Davon das Ohr uns täglich gellt,Der ganzen Europäer-Welt,Ein Zeugnis unsers Jammers bringen!Wie starb die Heldin so vergnügt!Wie mutig hat Ihr Geist gerungen,Bis Sie des Todes Arm bezwungen,Noch eh er Ihre Brust besiegt.Ihr Leben ließ die Kunst zu sterbenIn unverrückter Übung sehn:Unmöglich konnt’ es dann geschehn,Sich vor dem Tode zu entfärben.Ach selig! wessen großer Geist,Sich über die Natur erhebet,Vor Gruft und Särgen nicht erbebet,Wenn ihn sein Schöpfer scheiden heißt.An Dir, Du Muster großer Frauen,An Dir, erhab’ne Königin,An Dir, Du Glaubens-Pflegerin,War dieser Großmut Bild zu schauen.Der Ewigkeit saphir’nes HausZieht Deiner heitern Augen Blicke,Von der verschmähten Welt zurücke,Und tilgt der Erden Denkbild aus.Dein heller Glanz, gleicht hundert Sonnen,Ein Licht das unsern Tag zur NachtUnd unsre Sonne finster macht,Hat Dein verklärtes Haupt gewonnen.Was Wunder ist’s? Du bist es wert,Du Fürbild aller Königinnen!Du mußtest allen Schmuck gewinnen,Der Deine Scheitel itzt verklärt.Nun stehst Du vor des Lammes Throne,Verschmähst des Purpurs EitelkeitVor Deiner Unschuld Perlen-Kleid,Und spottest der verlaß’nen Krone.So weit der volle Weichsel-Strand,Der Niester und die Warthe fließet,So weit sich Elb’ und Muld’ ergießet,Erhebt dich beides Stadt und Land.Dein Thorgau geht im Trauer-Kleide,Dein Pretzsch wird kraftlos, starr und matt;Denn da es Dich verloren hat,Verliert es seiner Augen Weide.Doch Königin! Du stirbest nicht,Man weiß was man an Dir besessen,Die Nachwelt wird Dich nicht vergessen,Bis dieser Weltbau einst zerbricht.Ihr Dichter, schreibt! wir wollen’s lesen:Sie ist der Tugend Eigentum,Der Untertanen Lust und Ruhm,Der Königinnen Preis gewesen.
Soloists:
Soprano: Ingrid Schmithüsen
Alto: Charles Brett
Tenor: Howard Crook
Bass: Peter Kooy
Performed by La Chapelle Royale under the direction of Philippe Herreweghe. Recorded by Harmonia Mundi France in 1988.
Soprano: Ingrid Schmithüsen
Alto: Charles Brett
Tenor: Howard Crook
Bass: Peter Kooy
Performed by La Chapelle Royale under the direction of Philippe Herreweghe. Recorded by Harmonia Mundi France in 1988.
Part I.
1. Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl (Chorus)
2. Dein Sachsen, dein bestürztes Meißen (Recitative: S) 05:58
3. Verstummt, verstummt, ihr holden Saiten! (Aria: S) 07:08
4. Der Glocken bebendes Getön (Recitative: A) 11:00
5. Wie starb die Heldin so vergnügt! (Aria: A) 11:58
6. Ihr Leben ließ die Kunst zu sterben (Recitative: T) 19:21
7. An dir, du Fürbild großer Frauen (Chorus) 20:29
Part II.
8. Der Ewigkeit saphirnes Haus (Aria: T) 22:37
9. Was Wunder ists? Du bist es wert (Recitative: B) 26:43
10. Doch, Königin! du stirbest nicht (Chorus) 29:11
The Trauerode BWV 198 occupies a special place among Bach's secular cantatas. It is at once his only surviving secular music of mourning and the only extant cantata that he contributed to an official university ceremony. The work's genesis is unusually well documented. The Electress of Saxony Christiane Eberhardine had died suddenly on 5 September 1727 at the age of fifty-six. She was highly respected in Saxony for resisting the pressure of the court to embrace the Roman Catholic faith which her husband had adopted in 1697 in order to become eligible as king of Poland. Since that time she had lived in retirement in the
castle of Pretzsch on the Elbe. The ceremony planned by Leipzig University for 17 October was thus a political event of the first order. It would appear that the president of the Leipzig Deutsche Gesellschaft, Johann Christoph Gottsched, was the prime mover behind the event; but he clearly did not want to adopt too prominent a position with respect to the Saxon court, and therefore entrusted an aristocratic student from his circle, Hans Carl von Kirchbach, with the preparations for the ceremony, while he himself contributed the text for a large-scale mourning ode.
Kirchbach commissioned a setting of Gottsched's poem from Bach, as the highest-ranking musician in the city, thereby passing over the figure who by rights should have received it, the university's music director Johann Gottlieb Görner. Once the project
became known, Görner immediately lodged a protest with the university authorities, demanding that the commission be withdrawn from Bach and given to him instead. Although he had the university on his side, Görner was finally defeated by the obstinacy of Kirchbach - who threatened to call the whole event off - and had to be content with a compensatory payment. In the meantime, Bach had already pressed ahead with his setting of Gottsched's ode. The end of the autograph score is dated 15 October, which means that the ten-movement work was finished just two days before the performance. The (now lost) parts must therefore have
been copied out in the greatest of haste.
The ceremony began at nine o'clock in the morning with a solemn procession of the town council and university professors from the Nikolaikirche to the Paulinerkirche, where Kirchbach pronounced his eulogy in memory of the Electress, framed by Bach's music. Since the ceremony took place during the Leipzig Michaelmas Fair, it was attended, as a contemporary account tells us, by 'many personalities, princes, and other persons of high rank, Saxon and foreign ministers, chevaliers from the court and
elsewhere, along with numerous ladies'. After the guests had taken their seats in the church, the university beadles distributed the printed text of the music, the first part of which commenced immediately. The Leipzig chronicler Ernst Christoph Sicul reports that Bach had composed his music 'in the Italian style, with Clave di Cembalo, which Mr. Bach
himself played, organ, viola da gamba, lutes, violins, recorders, transverse flutes, &c.'.
Bach was well aware of the significance of this solemn occasion, for he provided it with music of matchless splendor. In order to realize his musical conception of a grandiose funeral cantata after the Italian model, he began by modifying the regular organization of Gottsched's poem - the stanzas were split up and regrouped to enable them to be set as choruses, recitatives, and arias. The scoring of the work, too, is exceptionally delicate. The standard orchestra of transverse flutes, oboes d'amore and strings was expanded to include two violas da gamba and two lutes, which give the work its distinctive sound, at once somber and silvery.
(Peter Wollny)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Forums-Trolls, die die Kommentarfunktion zugemüllt hatten, machten die Moderation von Kommentaren nötig. Da der Blogbetreiber weder Zeit noch Lust hat, ständig den Blog zu beobachten, können auch mehrere Tage vergehen, bevor ein Kommentarposting freigeschaltet wird. Bitte um Verständnis.
Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die gem. DSGVO notwendige Zustimmung, daß dieser im Falle seiner Freischaltung auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger«-Software vorgegeben ist weiters, daß Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie sie bekanntgeben, gespeichert wird. Dasselbe gilt für für Meldung als »Follower« u. dergl. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars begehren, können Sie dies unter Angabe des bezughabenden Artikels, sowie von Datum und Uhrzeit ihres Kommentars tun. Ihr Kommentar wird dann innerhalb einer dem Blogbetreiber zumutbaren Zeit gelöscht wird (auch dies kann mehrere Tage dauern).
Ob etwaige Daten eines Kommentators (IP-Adresse etc.) von der »Blogger«-Software automatisch gespeichert und/oder weiterverarbeitet werden, entzieht sich der Kenntnis des Blogbetreibers, ist von diesem aber weder beeinflußbar noch kontrollierbar. Zu diesem Fragen wenden Sie sich bitte an:
https://www.google.de/contact/impressum.html
Hier finden Sie auch einen Hinweis zur »Datenschutzerklärung«:
https://policies.google.com/privacy?hl=de
Auf diesem Blog herrscht auch hinsichtlich der Kommentare weitestgehende Redefreiheit. Gelöscht werden jedoch Kommentar
1. durch deren Stehenlassen sich der Blogbetreiber strafrechtlichen Sanktionen aussetzen würde;
2. die dazu dienen, diesen Blog öffentlich zu diskreditieren;
3. Werbeeinschaltungen (auch in Form von Schleichwerbung);
4. persönliche Beleidigungen und ähnliches (bitte argumentieren Sie möglichst sachlich).
5. Kommentare, die ohne oder nur geringen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Artikel oder dem daran schließenden Kommentarverlauf gepostet werden (»off topic«), können — evtl. nach Abwägung der Informationsinteressen im freien Ermessen des Blogbetreibers — durch den Administrator gelöscht werden.
Wem das nicht frei genug ist, dem sei dringend geraten, seinen eigenen Blog zu eröffnen.