Montag, 20. April 2015

Ein Sozi? Ja, leider — dennoch: ein Herr ...



Heute vor 125 Jahren, am 20. April 1890, kam er in Nikolsburg in einer Arbeiterfamilie zur Welt: Adolf Schärf — späterer SPÖ-Vorsitzender, Vizekanzler und zuletzt der Bundespräsident Österreichs. Sicher war seine politische Beheimatung in der Sozialdemokratie seiner Herkunft geschuldet, doch beweist sein Lebenslauf schlagend, daß die bescheidene Herkunft, das »Milieu«, nicht allein ausschlaggebend ist für einen Lebensweg.

Der junge Arbeitersohn finanzierte sich das Studium der Juristerei mit Nachhilfestunden und Stipendien (die damals an sehr gute Prüfungserfolge gebunden waren!), der später (wegen seiner Zurückhaltung in Restitutionsfragen nach 1945) des Antisemitismus Beschuldigte hatte in seiner Jugend »aus Interesse« Hebräisch gelernt und gab jüdischen Schülern, die damit Probleme im Religionsunterricht hatten, Nachhilfe in Hebräisch, bis ihm (als nebbichtem »Goi«, welch Skandal!) das vom zuständigen Rabbiner untersagt wurde — ach, mancher Lebenslauf ist voll wunderlicher Überraschungen ...

Adolf hieß er, das war damals noch ein normaler Vorname, sogar für einen am 20. April Geborenen ... obwohl dieser Zufall durchaus »benutzt« worden war:
Das Nachrichtenmagazin profil schrieb 2003: Der größte Wahlkampf-Mythos. Bis heute hält sich das Gerücht, die SPÖ habe 1957 für ihren Kandidaten Adolf Schärf bei den „Ehemaligen" mit dem Flüsterslogan „Wer einmal schon für Adolf war / wählt Adolf auch in diesem Jahr" geworben. Freilich konnten Zeitgeschichtsforscher nie einen Beweis für dieses Gerücht liefern.
... weiß uns Wikipedia zu erzählen. No na! Flüsterwitze werden ja nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht! Ich kenne ihn jedenfalls noch aus meiner Kindheit — also wird er damals wohl kursiert haben! Egal: worauf es in einem Leben ankommt, wird natürlich kaum thematisiert. Schärf war ohne Zweifel ein entschiedener Demokrat, in seinem Lebensformen und Denkweisen trotz seiner einfachen Herkunft (oder vielleicht auch gerade wegen dieser!) ein durchaus »bürgerlich« wirkender Mensch mit verbindlichen Umgangsformen und einiger Lebensweisheit.  Mit dem Satz umschrieben: er war ein Herr! Und das ist mehr, als man von den meisten Politikern um und nach ihm behaupten kann ...

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