Samstag, 14. Mai 2011

"Zu blöd, zu feig": Treichl beschimpft Politiker

Unter diesen Titel stellt »Die Presse« Aussagen des ERSTE-Bank-Chefs, Andreas Treichl. Der Titel ist irreführend. Denn unsere Politiker als zu blöd und zu feig zu bezeichnen ist keine Beschimpfung, sondern eine schlichte Tatsachenfeststellung, für die unsere Politik Tag für Tag den Wahrheitsbeweis antritt.

Nun muß man natürlich wissen, daß Treichl selbst durchaus ein Günstling der Politik ist. Sein Vater, mit engsten Beziehungen zur früher staatstragenden ÖVP, war lange Jahre Generaldirektor der »schwarzen« Creditanstalt-Bankverein, die durch die Unbedarftheit der ÖVP von einem roten Finanzminister zur Rettung der faktisch pleitegegangenen BankAustria mit letzterer verschmolzen wurde (mittlerweile ist das, was davon übriggeblieben ist, eine Alpenfiliale eines italienischen Bankenkomglomerates mit Beziehungen zum Vatikan, zur Mafia und zu Gaddafi — naja). Die moralische Berechtigung einer solchen Person, Politiker zu beschimpfen (bzw. auch nur die Wahrheit über ihre Unfähigkeit zu sagen) hält sich also in Grenzen ... Aber inhaltlich platzte Treichl der Kragen völlig zu Recht:
Eine Firma, die ich seit 100 Jahren kenne, die noch nie einen Verlust gemacht hat und 50 Prozent Eigenkapital hat, möchte jetzt einen Kredit von mir haben. Dann brauche ich als Bank heute zehn Mal so viel Eigenkapital, wie wenn ich eine Anleihe an Griechenland vergebe, wo ich jetzt schon weiß, dass die wenn dann nur über die Steuerzahler zurückgezahlt werden kann
Wenig erquicklich (aber dafür durchaus wahrscheinlich) auch seine Aussagen über die nächste Krise, die uns ins Haus steht:
Ich sehe jetzt eine riesige Gefahr dadurch, dass meine Branche relativ wenig aus der Krise gelernt hat. Denn die Chancen unfassbar schnell unfassbar viel Geld mit nicht traditionellem Geschäft zu verdienen, sind unheimlich hoch. Ich glaube, dass die nächste Krise nicht über die Immobilien, sondern über die Rohstoffe kommen wird
Nun, sagen wir so: die Rohstoffe und ihre Börsen-Derivate, mit denen derzeit wie wild gezockt wird, werden den Auslöser liefern. Die Ursache der Krise wird aber im Kollaps des derzeitigen Fiat-Money-Systems zu suchen sein.

Irgendwann kapiert eben auch der Blödeste (so er kein Politiker ist), daß man Geldscheine nicht essen kann. Und sobald das eingetreten ist, kann man sich dafür auch nur mehr wenig kaufen ...

5 Kommentare:

  1. Volksbeschimpfer15 Mai, 2011 08:47

    In einer Demokratie suchen sich die Wahlberechtigten ihre Politiker aus. Keiner ist gezwungen, einen feigen Trottel zu wählen, aber genügend viele tun's. Simile gaudet simili.

    In einem freien Markt sagt das gekaufte Produkt mindestens so viel über den Käufer aus wie über den Produzenten. Wer viel verkauft, kann nicht feig und blöd sein. Der (Wahl-)Erfolg gibt ihm recht.

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  2. @Volksbeschimper:

    In einer Demokratie suchen sich die Wahlberechtigten ihre Politiker aus.

    Ach, wirklich? Verraten Sie uns doch, wieviele Politiker, die bspw. im Nationalrat sitzen, Sie sich »aussuchen« durften? Das Problem an unserer »Demokratie« ist eben, daß genau dieses »aussuchen dürfen« bloß Chimäre ist. Sie dürfen sich »aussuchen«, ob Sie Ihr Kreuzerl bei SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen oder BZÖ machen. Sie können (als völlig sinnloses Privatvergnügen) auf der Ihnen präsentierten Kandidatenliste einen Kandidaten hinschreiben — das dürfen Sie, weil durch die Reihung dafür gesorgt wird, daß es völlig schnurzegal ist, ob Sie das machen (ein einziges Mal !!! in der 2. Republik ist ein Kandidat wegen Vorzugsstimmen in den Nationalrat gekommen — und wurde dort sofort auf Linie gebracht. Und ist heute genauso ein konformistischer Apparatschik wie alle anderen SPÖler auch).

    Wenn Sie alle Kandidaten der Liste zum Kotzen finden — was machen Sie dann? Eine neue Partei gründen, na klar! Sch(m)erz laß' nach — denn die Eintrittshürden sind so geschickt arangiert, das Medienkartell so dicht mit der etablierten Politik verhabert (Parteien vergeben über von ihnen besetzte Ministerien üppige Inseratenaufträge und Förderungen, und werden davon von den Medien nur pro forma »kontrolliert« — so schaut's nämlich aus in unserer »Demokratie«!), daß eine neue Partei, die eine Gefahr für die Altparteien wäre, faktisch chancenlos ist.

    Im Restaurant kann ich, wenn ich die Speisekarte zum Kotzen finde, einfach rausgehen. Und wenn genug Leute mit der Auswahl unzufrieden sind, dann wird der Chef entweder das Angebot ändern oder pleite machen.

    Beim Staat heißt die Alternative diesfalls nur: auswandern. Oder in die Illegalität gehen (d.h.: APO + Schattenwirtschaft). Nur sind das halt Schritte, zu denen sich normale Menschen nicht gerade leicht entschließen (Gott sei Dank! Unser ganzes Gesellschaftssystem würde zusammenkrachen, wenn jeder, der mit der Politik unzufrieden ist, leichten Herzens zu Mafia und/oder RAF wechselt).

    In einem freien Markt sagt das gekaufte Produkt mindestens so viel über den Käufer aus wie über den Produzenten

    Ganz richtig. Aber unser Politikmarkt ist etwa so frei, wie es der Konsumgütermarkt der DDR war: »Ham wa nich, gibt's nich, kommt auch nich rein in nächster Zeit!«

    Wer meckert, kriegte mit der Stasi zu tun. Ist am Politikmarkt heute noch so. Die Stasi heißt halt jetzt »EU-Kommission«, »ZARA«, »Volksverhetzungsparagraph«, »Herabwürdigung religiöser Lehren«, und arbeitet mit der Steuerfahndung und dem Bundeskriminalamt zusammen. Bei Bedarf findet sich sicherlich irgendein Kinderporno auf der Festplatte eines Funktionärs. Kann man ja arrangieren, falls es bedauerlicherweise nicht der Fall sein sollte. Oder man kann's wenigstens behaupten. Die Systempresse wird die Meldung drei Tage vor der Wahl am Titelblatt, und die Richtigstellung 6 Montae später auf Seite 15 links unten bringen. So läuft das halt. Ist doch völlig legal, nicht wahr?

    Statt das Volk zu beschimpfen (obwohl auch dieses das durchaus verdient, keine Frage), beschimpfen Sie besser unsere Politparasiten. Ersteres ist zwar deutlich ungefährlicher — letzteres dafür ehrenhafter. Suchen Sie sich's aus ... ach: machen Sie doch, was Sie wollen!

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  3. Volksbeschimpfer15 Mai, 2011 12:53

    @ LePenseur

    Nehmen wir z. B. die letzte Bundespräsidentenwahl. Es gab ungefähr ein Dutzend Bewerber, die Unterstützungserklärungen sammelten. Wer sich als Wahlberechtigter informieren wollte, konnte diese Kandidaten finden, sei es über eine Internetsuchmaschine oder über vereinzelte (zugegeben spärliche) Zeitungsartikeln, in denen kurz von diesen meist als "exotisch" zu klassifizierenden Kandidaten berichtet wurde. Auf den Stimmzettel geschafft hat es von den "Exoten" bekanntlich ein einziger. Und DAFÜR, nämlich daß alternative Kandidaten gar nicht erst auf den Stimmzettel kommen, ist einzig und allein das Wahlvolk verantwortlich. Und nicht irgendwelche Medien oder sonstigen dunklen Mächte. Der Politikmarkt ist so frei wie der Konsument (=Wähler) mündig ist und es will. In einer Demokratie hat der Wähler eine Verantwortung, auch wenn er es heftig abstreitet.

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  4. @Volksbeschimpfer:

    Was Sie hier als Beispiel anführen, ist (ich nehme an, Sie wissen das) die ganz große Ausnahme im politischen System Österreichs. Und selbst die wurde durch Änderungen vor einigen Jahren »entschärft« (für die Altparteien), indem die Unterstützungsunterschriften pro Bundesland getrennt Mindestzahlen übersteigen müssen (was zusammen mit den formalen Vorschriften, die am Land Unterstützern den Gang zum örtlichen Gemeindeamt — traditionell schwarz oder rot besetzt— zumutet, »kleine« Kandidaten massivst benachteiligt). Wer kann es sich schon leisten, sich mit seinem Bürgermeister anzulegen ...

    Und wieviel hat der von Ihnen erwähnte »Exot« denn derrissen bei der Wahl? Und das nur deshalb, weil er so ein Volltrottel gewesen wäre, und der HeiFisch so eine Lichtgestalt? Nein: weil die Medien ihn weidlich totgeschwiegen haben, und die Rosenkranz auf untergriffigste Weise kaltgemacht. Den HeiFisch »wollten« maximal die Hälfte der Leute (man sieht's ja an der Wahlbeteiligung), wenn überhaupt so viele ...

    Aber selbst das kleine Quentchen von Kandidaten-Aufstellungsfreiheit gibt es wohlgemerkt nur in der BP-Wahl! Wer erstellt denn die Kandidatenlisten der ungleich wichtigeren NR-Wahlen? Wer bestimmt die Landtagslisten? Wer wählt den Bundesrat? Wer bestimmt (faktisch!) die Minister, die Landesregierungen? Wer bestimmt die offiziellen »Aufpasser« all der Vorgenannten (VfGH, Rechnungshof-Präsident, VwGH-Präsident)?

    Die Antwort ist einfach: die Parteiführungen. Die wohlweislich anonym und im Hintergrund arbeiten, und allesamt jener Nomenklatura angehören, die sich Österreichs Politlandschaft säuberlich aufgeteilt hat. Und die völlig undemokratisch mit Ostblock-Mehrheiten in Scheinwahlen auf Parteitagen »gewählt« werden.

    Wer also den Wählern die Hauptschuld zuschiebt, kann genausogut sagen, daß es den Russen schon Recht geschehen ist, wenn sie vom Stalin massakriert wurden — sie hätten einfach bei den Wahlen wen anderen wählen sollen ...

    Sorry, Sie machen es sich etwas zu leicht mit Ihrer Schuldzuweisung!

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  5. „Die Massen halten still, weil es ihnen an kollektiver Organisation fehlt, derer sie bedürfen, um sich anders verhalten zu können, sie halten still, weil sie in kollektive und distributive Machtorganisationen eingebunden sind, die von anderen kontrolliert und beherrscht werden. Sie sind organisationell umstellt und umzingelt.“


    Michael Manns, "Die Geschichte der Macht"

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