Sonntag, 12. Mai 2024

Guntram

von LePenseur
 
 
Kennt keiner. Oder: so gut wie keiner. Nur ausgewiesene Richard-Strauss-Experten wissen von dieser ersten (fast noch Jugend-)Oper von Richard Strauss mehr als den Namen. Das ist auch nicht ganz verwunderlich, denn man wird in der Musik "Straussisches" ziemlich vergeblich suchen. Wäre ich boshaft (wozu mir vor meinem kommenden Kurzurlaub freilich ein bisserl die Energie fehlt, den Artikel stelle ich erst am Jahrestag auf den Blog), so würde ich diese Oper als den besten Wagner, der nicht von Wagner ist, charakterisieren.

Ende des 19. Jahrhunderts lag der gewichtige Schatten jenes anderen Richard wie ein Alpdruck, man könnte fast sagen: wie ein Fluch auf den Opernbühnen Mitteleuropas, und es gab fast keinen Komponisten, der sich aus Wagners Fesseln zu jener Zeit lösen konnte. "Konkurrenzprogramm" war höchstens die Italianità (aber die mag ich etwa so sehr wie Fußpilz, offen gestanden), letzte Ausläufer der "Großen Oper" in Frankreich, die damals aber schon auf dem Totenlager dahinsiechte, und natürlich ein paar Russen, sonstige Slawen und Nordlichter, von denen aber außer Tschaikowski und Mussorgski kaum was überlebt hat.

Guntram, also: der kurze Artikel in Wikipedia bietet alle wesentlichen Informationen. Es wird also Zeit, sich das Werk ein bisserl anzuhören — wenn man will:


Wagnerianer werden vielleicht entzückt sein, denn die "berühmten" Strauss-Opern, sei es die für ihre Zeit avantgardistische Salome oder Elektra, seien es die allzu walzerseligen (Rosenkavalier, Arabella) oder die durchsichtig-"mozartischen" (Ariadne, Capriccio), um nur ein paar von ihnen zu nennen, sind ja meist weniger ihre Sache ...

Heute vor 130 Jahren jedenfalls, fand die Uraufführung von Guntram in Weimar statt, wo Strauss damals Hofkapellmeister des Großherzogs war. Die weibliche Hauptrolle, Freihild, sang die spätere Gattin des Komponisten, Paula de Ahna. Sonst noch etwas zu bemerken? Eigentlich nicht, außer, daß die Première nur ein Achtungserfolg war und die spätere Überarbeitung, v.a. Kürzung und "Instrumentationsverschlankung", die Richard Strauss in den 1930er-Jahren unternahm, die Oper auch nicht wirklich "retten" konnte.

Ein Schicksal, das sie nur mit wenigen anderen Opern Richard Strauss' teilte: Feuersnot, oder der etwas dröge Friedenstag, oder die in den Kriegswirren "untergegangene" Liebe der Danae ...

Guntram, also: wenn man sich die Aufnahme anhört, wird man ein achtungsvolles "Friede seiner Asche" murmeln — und sich einer der vielen anderen, mit Recht erfolgreicheren, des Meisters zuwenden ...

7 Kommentare:

  1. Franz Lechner13 Mai, 2024 10:48

    Also als Wagnerianer, der ich letztlich bin, ist mir Elektra hundertmal lieber als Guntram.

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  2. Geschätzter Herr Collega,

    verstehe ich durchaus! Aber ganz, ganz ehrlich: über eine stattliche Reihe von Partiturseiten lasse selbst ich Strauss-Fan Ihnen auch die Elektra ziemlich neidlos ...

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  3. Franz Lechner15 Mai, 2024 23:39

    Cher Penseur, bei Ihnen beschleicht mich manchmal das Gefühl, dass Sie zB op 111 nicht besonders mögen könnten.

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  4. Geschätzter Herr Collega,

    sagen wir so: es ist nicht unbedingt meine Lieblingssonate (die wäre die No. 18, speziell in der Gulda-Aufnahme) - aber ich gebe zu: LvB's Klaviersonaten sind recht oft etwas, was ich mit mehr Achtung als Neigung höre. Ist bei mir aber auch stimmungsabhängig ...

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  5. Franz Lechner17 Mai, 2024 12:44

    Nr 18??? Op 31???
    Verstehen Sie mich nicht falsch... das ist sicherlich ein Werk von erlesenem Geschmack, aber... was ist das gegen die Appassionata oder Hammerklavier? GEgen den Lyrizismus von op 109 - meiner Lieblingssonate? Ihre klassizistische Ausrichtung treibt in ihrer Radikalität schon sehr überraschende Blüten.

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  6. Geschätzter Herr Collega,

    meine Aussage bezog sich wohlgemerkt nicht darauf, was LvB's "qualitativ beste" Klaviersonate wäre, sondern welche ich "höchstpersönlich-subjektiv" am meisten liebe. Vom Qualitätsranking her gebe ich Ihnen schon recht, da sind No. 29 und 32 ihr sicher "über" (und wohl einige andere ebenso) - aber was heißt das schon? Ich mag die No. 18 trotzdem am liebsten: "de gustibus ..."

    So, wie mir auch nicht die "großen" letzten Streichquartette Beethovens so ans Herz gewachsen sind wie ein ganz frühes, die No. 2 aus op. 18 (hier von einem ganz jungen US-Quartett m.E. ganz ausgezeichnet und mit Verve gespielt: www.youtube.com/watch?v=Q55TmxeRktM)

    P.S.: die Janácek-Sonate gefällt mir durchaus, obwohl Sie anderes vermuteten.

    P.P.S.: haben Sie meine Anfrage gelesen?

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  7. P.P.P.S.: die Primaria spielt übrigens nicht nur ausgezeichnet, sondern ist auch ein höchst apartes Geschöpf (auch bei der Musik gilt: "Das Auge ißt mit", wie man sagt ...) - bei ihr amüsiert mich nur, daß sie manchmal dreinsieht, wie wenn sie gerade zufrieden ein Bonbon lutschen würde - ... keine top-notch-beauty, zugegeben (und nicht mal blond, wie LaPenseuse jetzt ätzen würde), aber überaus anziehend ...

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