von Fragolin
Für einen alten Schulfreund, der kurz nach unserem vierzigsten Klassentreffen – meine Güte, wie die Zeit vergeht – plötzlich und unerwartet, naja, eh schon wissen. Gestern waren wir bei seiner Verabschiedung von diesem Planeten.
Wir nahmen in unserer Jugendzeit zusammen Musik aus dem Radio auf Kassettenrekorder auf – wie übersetzt man das der heutigen Jugend? In der Perfektion des richtigen Zeitpunktes zum Drücken der Aufnahmetaste lag der Erfolg. Und eines der extrem wenigen Ost-Lieder, das es auf unsere mit „dekadenter amerikanischer Hottentottenmusik“ gefüllten Bänder schaffte und bis heute auf der „Playlist“ existiert, war die recht kreative Vertonung eines Gedichtes durch die DDR-Band „City“. Und natürlich wurde die Nummer auf dem Klassentreffen gespielt und wir erinnerten uns der guten Zeiten.
Kein wirkliches Video, eigentlich ein reines Audio...
Die DDR-Bonzen sonnten sich im Erfolg dieses Meisterwerkes sozialistischer Kunstschaffender im Westen, das es in englischsprachiger Version bis in die US-Charts schaffte, aber die kuriose Wahrheit war, dass City diesen Song durch Trickserei entgegen dem Verbot der Aufnahme im Studio „nur für privat, nicht für die Veröffentlichung“ aufnahm und dann an Radiosender verschickte, die ihn auch spielten – und massenhaft Leute die damaligen Plattenläden stürmten und nach der Scheibe fragten, die es aber nicht geben durfte. So wurde das Lied nicht nur auf das eingespielte Studioalbum aufgenommen, sondern gab ihm auch den Titel und stürmte als Single die Charts auch im Westen Deutschlands. Und genau die, die vorher gegen die Veröffentlichung waren, nahmen den Erfolg als Beweis ihrer überragenden Kulturpolitik. So lief der Kommunismus schon immer – wenn wirklich mal was Gutes dabei rauskam, dann nur durch Renitenz gegenüber den Machthabern, die sich nichtsdestotrotz darin sonnten.
Werter Fragolin,
AntwortenLöschendieser großartige Song ist seit Jahrzehnten auch in meinen Playlists zu finden.
Eine weitere, in Österreich damals weitgehend unbekannte DDR-Band lernte ich 1981 im Zuge eines Deutschlandtrips zufällig in einer Bremer Disko kennen, wo diese einen Live-Auftritt absolvierte: Karat mit diesem tiefgehenden Song.
Der 1982 erschienene Titel Der blaue Planet hat in Zeiten wie diesen wohl mehr Berechtigung als damals.
MfG
Werter Sir Som,
AntwortenLöschenneben City waren Karat (deren "Über sieben Brücken" von Maffey gecovert wurde) wegen deren Tiefgang und Silly wegen ihrer Rotzfrechheit die einzigen erträglichen DDR-Bands. Ansonsten habe ich damals aus dem Osten nur elektonische Musik gehört, daher kenne ich auch die Musik von Hans-Hasso Stamer, der bei reitschuster.de kommentiert. Die meiste Zeit lief aber "Westradio" und wurde aus dem auch aufgenommen, egal ob Beatles oder Stones und später AC/DC oder Depeche Mode...
MfG Fragolin
Wohl OT:
AntwortenLöschenblogsgesang.de "un(ein)schätzbar"? - "Am Sudan versündigt"? -
Doch, das ist einschätzbar: Salonbolschewisten-Gülle.
Gutmenschen-Geseiher.
Da waren sogar Marx und Engels sehr anders unterwegs!