Freitag, 3. März 2023

Andreas Unterberger, oder: Der bürgerliche Verrat (Teil 3)

Gastkommentar
von Rupert Moser
 
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Was Kickl betrifft, so scheint Unterbergers Abneigung auf seine abgottartige Verehrung Kurzens zurückzuführen zu sein, die schon gewisse Mutmaßungen aufkommen ließ. Unterberger hat einfach Kickls Reaktion auf dessen Abservierung durch Kurz unter Anleitung des Bundespräsidentendarstellers nicht verziehen. Unterbergers regelmäßige gegen Kickl ausgesprochene bzw eher niedergeschriebene Schmähungen, die von Eingeweihten fast schon als running gag registriert werden, stehen in auffal-lendem Gegensatz zum bürgerlichen Getue um Pseudoobjektivität, vor allem wenn es um realpolitische Implikationen wahrhaft konservativer (d.h. nicht ÖVP-)Agenda geht. Hier regieren normalerweise die Hofräte Hinsichtl und Rücksichtl, hier wird genau abgewogen, um nur nicht allzu weit zu gehen, jeder Standpunkt relativiert, um nur ja die bürgerliche Dignität zu wahren… Da wird schon aus Objek-tivitätsgründen das Narrativ der Linken eins zu eins übernommen, denn die nachfolgende „Hinter-fragung“ wirkt sehr alibihaft: 
„Und wie unterscheidet sie sich von der ‚Alternative für Deutschland‘, mit der sie ja in vielen Analysen als ‚rechtspopulistisch‘ gleichgesetzt wird?“ 
Die Ironie dabei fällt ihm, selbstgefällig wie er ist, natürlich nicht auf: denn laut dem Wikipedia-Mainstream ist sein politischer Blog „rechtspopulistisch ausgerichtet“ (mit Verweis auf einen Artikel eines gewissen Jonas Vogt mit dem Titel: Opa gegen Links).
 
Gegen Kickl, dessen „FPÖ sich an die Spitze der Corona-Leugner und Impfgegner gestellt hatte“, wird hingegen voll ausgeteilt. Man kann von einer Polemisierung mittels Mainstream-Narrativs in eigener Herzensangelegenheit sprechen. Mitunter werden jedoch auch „nur“ gute Ratschläge erteilt:
„Hinter diesen Überlegungen verbirgt sich die große Frage: Will Kickl dauerhaft primär das dumpfe Protestpotential ansprechen? Weiß er, dass er sich damit politisch auf Dauer isoliert? Oder will er in absehbarer Zeit doch relevant werden? 

Dann aber muss er sich ändern. Und wenn ihm schon sein einstiger Chef Jörg Haider dabei kein Vorbild sein sollte, dann sollte er sich – deutlich zeitnäher – den Erfolgsweg von Giorgia Meloni anschauen, der italienischen Regierungschefin und Chefin einer einst ringsum als neofaschistisch verteufelten Partei. Sie hat gewusst, dass sie nur eine Chance hat, wenn sie ein starkes Bündnis mit den anderen Parteien rechts der Mitte schmiedet, und gegen diese nicht nur Hass schürt; dass gerade bürgerliche Wähler mit Putin absolut nichts anfangen können, sondern ganz eindeutig prowestlich und proukrainisch eingestellt sind; dass sie ganz klar die konservativ-bürgerlichen Werte besetzen muss wie Christentum, Familie, Leistung, Freiheit, Vaterland, nachdem sich die einstigen Christdemokraten immer mehr nach links und von diesen Werten weg entwickelt haben.“
Was ist Wahrheit? Was ein vom medialen Mainstream verblödeter potentiell bürgerlicher Wähler nach Unterbergers Gusto so zu denken vermeint? Und danach hat sich die Politik zu richten? In Wahrheit handelt es sich, wie nicht bloß aufgrund des Verweises auf die längst als Verräter alles Bürgerlichen enttarnte Frau Meloni beweist, um klassisches pseudokonservatives, in Wahrheit den neuen, durchaus antibürgerlichen Machteliten verpflichtetes Gewäsch. 

Gewissermaßen ist Unterbergers Hass gegen Kickl ein erz- oder bessergesagt: spießbürgerliches Phäno-men. Gewiss: Kickl sieht von Natur her nicht sehr schön aus, und dafür kann er nichts. Allerdings tut er nichts dagegen, ja er scheint diesen Eindruck durch seinen obligaten Dreitagesbart förmlich unter-streichen zu wollen. Dies dürfte wohl „vernünftig“ sein, da er dadurch authentisch wirkt und ein Markenzeichen schafft — indes ist gerade diese Art von Authentizität das schiere Gegenteil einer bürgerlichen Tugend. Kicks Outfit ist für einen Döblinger Spießbürger ein rotes Tuch, wie schon Corona ein höchst spießbürgerliches Thema war, d.h. Corona-Skepsis ein Reibebaum für spießbürger-liche Ängste, Ruf nach starkem Staat – Gemeinwohl vor Eigenwohl – alles spießbürgerliche Themen. Und ausgerechnet dieser unrasierte Kärntner Rotzbua wagt es, da nicht mitzuspielen! Kickl ist kein Opportunist, nicht einmal Populist. Ansonsten hätte er diesen entschlossenen Coronakurs nicht gefahren, wäre gegenüber der Besorgten und Befürworter-Seite konzilianter gewesen. 
 
Viele Blaue verübeln ihm das. Wahrscheinlich stimmt es, dass Hofer mehr aus dieser Situation gemacht hätte. Viele FPÖ-Wähler schreckt Kickls Corona-Freizügigkeit ab. Sie haben sich bereitwillig impfen lassen, glauben ja grundsätzlich alles, was in der Zeitung steht, von gewissen Themen wie Asyl abgesehen, sie haben die Maßnahmen befürwortet und diszipliniert mitgetragen und haben kein Verständnis für eine asoziale Minderheit, die jegliche Mitarbeit verweigert und dadurch nicht nur knappe Krankenhausbetten belegt, sondern auch andere gefährdet, wie es ja in der Zeitung zu lesen steht und im ORF allabendlich verkündet wird. Bürgerliche glauben den Zeitungen, überhaupt den Qualitätszeitungen. Abgesehen davon steht in der Krone auch nichts anderes. Bürgerliche ticken so, und AU ist einer von ihnen. Er nützt dies, um politische Kleingeld gegen seinen österr Gottseibeiuns.
 
Typisch für Unterberger sind seine Potpourri-Artikel, in denen zusammenhanglos, aber fein säuberlich numeriert seinen Feindbilder Rundumschläge versetzt: 
„Warum floriert Dummheit schier grenzenlos? Das merkt man nicht nur beim Opern-ball, sondern auch bei einem breiten Streifzug durch die Gesellschaft. Immer öfter stellt man sich beim Beobachten der Zeitläufte die simple Frage: Warum nur? Daher seien 13 unbeantwortete Fragen von Österreich bis zur Türkei gestellt, von den spanischen bis zu den österreichischen Sozialisten, von alten Hollywood-Diven bis zur Kinderkriminalität, von der grünen Wolfsliebe bis zu den Klebeterroristen, von der deutschen Wehrpflicht bis zum Herrn Hersh.“
Der Herr Hersh kriegt natürlich wegen seine Nordstream-Aufdeckung sein Fett ab, wenngleich Unter-berger sich nicht mehr erinnern will, dass er dereinst „messerscharf“ für die Täterschaft der Russen „argumentiert“ hat, und stattdessen diese Frage nunmehr als nicht beantwortbar zu qualifizieren scheint … Der Erdogan ist auch ein typischer Unterberger-„Feind“, was einfach der Unfähigkeit geschuldet sein dürfte, einem Gegner, und als solcher ist Erdogan aus christlich-europäischer Sicht zweifelsohne zurecht anzusehen, so etwas wie Konsistenz des Denkens zuzubilligen und letztlich eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Erdogan ist einfach nur finsterer Bösewicht, sondern auch strunzdumm und überhaupt unfähig. „Klebeterroristen“ mag Unterberger nicht, wie nicht anders zu erwarten, sofern nach Corona noch irgendetwas zu erwarten ist…. Aber auch hier bleibt er sozusagen auf halbem Weg stehen und vermeidet die Thematisierung der eigentlichen Ursache, des Klima-schwindels… Empathie für irregeleitete, halbe Kinder, die sich aus falschen Gründen wirklich Sorgen machen, ist von ihm nicht zu erwarten. 
 
So als wären sie das eigentliche Problem. Sozialistenhasser ist er sowieso, der Herr Unterberger. An-geblich hasst er auch die Grünen, wenngleich es damit in jüngster Zeit nicht so weit her sein dürfte… Und dann noch als besondere Albernheit „die Wölfe“. Zugegeben, dieses Thema ist kontrovers. Für einen Stockkonservativen ohne Weitblick hören sich hier jedenfalls alle Sympathien für den grünen Totalitarismus auf, zumal ist es für einen solchen schier unvorstellbar erscheint, dass es naturliebende Menschen gibt, die sich nach einer intakten und möglichst wilden Natur sehnen. Krämerseelen haben halt für Romantiker nichts über… 

Diesen Feindbildern stehen veritable Heroen, Unterbergersche Lichtgestalten gegenüber. Den seiner-zeitigen kindhaften Kanzlerdarsteller Kurz haben wir schon erwähnt. Nun – diese in journalistischer Hinsicht heiße Liebesaffaire hat sich mittlerweile etwas beruhigt. Ausnahmsweise ist hier bei Unter-berger so etwas wie eine ansatzweise Weiterentwicklung festzustellen. Schließlich waren Kurzens Fehler – so es sich überhaupt um solche handelt und nicht um einen penibel umgesetzten Plan, an dessen Schluss die Revolution wieder einmal ihr liebstes oder schönstes Kind aufgefressen hat – so zahlreich und tiefgreifend, dass man überhaupt aus angemessener zeitlicher Distanz nicht länger über sie hinwegsehen kann. Wenn Unterberger etwa – was einen seiner besten journalistischen Ansätze dar-stellt – völlig zurecht die Entwicklung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kritisiert, muss er zwangsweise einräumen, dass auch die von der Kurz-ÖVP entsandten Richter den neuen linken Kurs nicht bloß mittragen, sondern sogar prägend gestalten.

Völlig indifferenziert und moralisch verachtenswert ist hingegen die Verehrung von einer Höllenfigur wie Winston Churchill. Es ist naturgemäß unmöglich zu beurteilen, ob die Wertschätzung jenes „Staats-mannes“, der die bürgerliche und christliche Welt zumindest in der europäischen Mitte in Schutt und Asche gelegt hat, auf Kriechertum, Opportunismus, Geschichtsunkenntnis oder schlicht auf eine rund-weg niederträchtige bzw mittlerweile hoffnungslos korrumpierte Gesinnung zurückzuführen ist. Dabei steht diese Wertschätzung sogar mit Unterbergers aktuellem Verdikt der Masseninvasion in eklatantem Widerspruch. Aber wahrscheinlich weiß er gar nicht, dass es just Churchill war, der im Alter auf politi-schen Druck hin die für Großbritannien vernichtenden Einwanderungsgesetze unterschrieben hat. Vielleicht ist es ihm auch egal, denn womöglich steht er nicht einmal in dieser fundamentalen Frage auf unserer Seite. Dass Unterberger Leute wie Adenauer, den Säulenheiligen schlechthin bürgerlicher politischer Kurzsichtigkeit und transatlantischen Verräter seines Landes, einen klassischen Konser-vativen von berüchtigt durchschnittlicher Intelligenz, Thatcher und jetzt natürlich Zelenskij als wahren Helden unserer Zeit hochschätzt, versteht sich wohl von selbst. 


7 Kommentare:

  1. Was ich hier über Unterberger und seine Leser erfahre, läßt mich feststellen: Max Frisch hat in seinem "Biedermann" noch weit untertrieben.
    Unterberger und sein Klientel sind bigotte Mittelständler, vaterlandslose Gesell*Innen mit dem Lebensmotto "Hauptsache mir geht es gut!"

    Ich kenne solche Leute! Stinkereich, lassen einen ein technisches Teil besorgen, und schämen sich nicht, es mit Kleingeld auf den Cent genau zu bezahlen! Mästen fremde Katzenvieher aber für die Freundin mal etwas zu überweisen ist ihnen zuviel. Fahren ständig in der Gegend umher aber mal die Nachbarin in den Supermarkt mitzunehmen, fällt ihnen nicht ein.

    Solches Pack dürfte Unterbergers Klientel sein. Die Nöte der kleinen Malocher gehen denen am Allerwertesten vorbei, aber wenn im TV die Richtigen für häßliche Kinder um Spenden betteln, wird gespendet.

    Und dieses verlogene Klientel gilt es bei der Stange der richtigen Partei zu halten, abzumelken und ggf. ihre Spenden oder gar Vermächtnisse in gute Kanäle zu lenken. Daß solch ein Einfluß eines "konservativen" Rentnerbloggers "Interessierten Kreisen" etwas Wert sein könnte, das können sich, so habe ich oft den Eindruck, hiesige Autoren nicht vorstellen. Immer diese verflixten Vorstellungsschwierigkeiten!

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  2. Als ehemaliger Unterberger-Blogger kann ich nur sagen: GROSSARTIG.

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  3. Die Enttäuschung der ehemaligen Leserschaft gegenüber dem ideologisch völlig abgetrifteten Hr. Unter(irdisch)berger muß (verständlicherweise) sehr groß sein, wenn man sich so ausführlich darüber seine Gedanken macht wie Rupert Moser.

    Sollte man aber inzwischen bei "Le Penseur" angekommen sein, ist der "Verlust" von Hr. Unterberger leicht verschmerzbar!

    MfG Michael!

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  4. kein Unterberger-Fan04 März, 2023 00:38

    Der Text nimmt nach der langen Einleitung nun Fahrt auf und gewinnt an Kontur und Inhalt. Es ist Zeit, dass Leuten wie Unterberger ein Spiegel vorgehalten wird.

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  5. gegenüber dem ideologisch völlig abgetrifteten ...

    ...abgedrifteten. Ich schreibe ja auch nicht "polschewistischen". Soviel Zeit muss sein, Genoss*x. Doitsch is priema.

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  6. Eigentlich ist Unterberger immer mies gewesen- weiß nicht, warum ich mir das jahrelang angetan habe. Witzig ist die Vorstellung, wie er sich diesen Artikel durchliest und dabei vor Zorn zerspringt. Eitel und egozentrisch ist er nämlich schon etwas. Ganz sicher liest er das, weil er alles liest, was ihn betrifft. Moser scheint es darauf anzulegen, den Finger auf seine größten Wunden zu legen. Daher dieser Angriff von proklamiert bürgerlicher Seite, denn das tut ihm am meisten weh.

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  7. Kommentar von Unbekannt gelöscht - Löschgrund Nr. 4 und Nr. 5

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