von LePenseur
... aber durch einen Irrtum habe ich mir das Datum des Todestages von Francis Poulenc statt am 30. Jänner am 27. Februar eingetragen — und so bin ich fast vier Wochen zu spät dran mit meinem kurzen Gedenken an diesen — wenigstens für mich — durchaus erfreulichen Komponisten Frankreichs (mein geschätzter Kollege Lechner wird vielleicht etwas anders urteilen — aber: »Gusto und Watschen sind verschieden«, wie man in Wien sagt, oder bildungssprachlicher: de gustibus non est disputandum ...).
Und wenn dann noch eine höchst erfreulich anzusehende, talentierte junge Pianistin ein Klavierkonzert voll Verve und Esprit »hinlegt« — welche Wünsche bleiben da noch offen? Nun ja: Francis Poulenc, bekanntlich eher seinem eigenen Geschlecht zugetan, hätte sich vielleicht einen jungen Pianisten gewünscht, aber man kann halt nicht alles haben ... also Podium frei für die bezaubernde Maroussia Gentet unter der bewährten Stabführung von Mikko Franck mit seinem Orchestre Philharmonique de Radio France (hätte ich das Video hochgeladen, wäre natürlich statt ihm die Pianistin als eye catcher zu bewundern gewesen ...):
Doch zurück zum Komponisten, dessen Todestag sich am 30. Jänner zum 60. Male jährte. Sein Concert Champêtre kennt ja jeder — wenn auch nicht in der Version, in der es im nächsten Video erklingt. Hier spielt nämlich der Komponist (Poulenc war schließlich auch als Pianist weltberühmt!) mit dem New York Philharmonic unter Dmitri Mitropoulos. Aber nicht am Cembalo, sondern am Flügel:
Laut Partitur stehen zwar sowohl Cembalo als auch Klavier als Soloinstrument zur Wahl, doch hat sich ersteres in der Aufführungspraxis weitgehend durchgesetzt — dennoch: die Interpretation durch den Komponisten darf sicher ein besonderes Maß an Authentizität für sich in Anspruch nehmen.
Als drittes Werk sei noch seine beschwingte Sinfonietta vorgestellt, der man das Entstehungjahr 1947, also kurz nach den Kriegswirren und Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, wirklich nicht anhört. Unter seinem Chefdirigenten Alain Altinoglu spielt das hr-Sinfonieorchester Frankfurt in gewohnter Perfektion:
Wikipedia hat vielleicht nicht ganz unrecht, wenn der Komponist u.a. wie folgt charakterisiert wird:
Von Igor Stravinsky und Maurice Chevalier ebenso beeinflusst wie vom französischen Vaudeville, stieß Poulenc nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Gruppe junger Komponisten um Erik Satie und den Schriftsteller Jean Cocteau, genannt Les Six, deren Mitglieder den Impressionismus zugunsten einer größeren Einfachheit und Klarheit ablehnten.
Einiges vom Stil der Six fand Eingang in Poulencs eigene musikalische Arbeit. Er über-nahm Techniken der Dadaisten und ließ sich von populären Melodien beeinflussen. Eine charmante Vulgarität erschien ihm wichtiger als das vorgeblich tiefe Gefühl der Romantik.
Auch Hinweise auf Einflüsse von Mozart und Saint-Saëns sind nicht von der Hand zu weisen. In der Tat klingt manches — etwas spitzzüngig formuliert — wie wenn reinkarnierter Saint-Saëns sich dazu entschlossen hätte, zu einem etwas sentimentalen Pilcher-Film eine Filmmusik zu komponieren ...
Dennoch: Poulenc beweist, daß man unzweifelhafte »Musik des 20. Jahrhunderts« komponieren kann, ohne deshalb in unanhörbaren Kakophonien schwelgen zu müssen — eine Eigenschaft (wie auch seine sexuelle Präferenzen), die er mit dem eine halbe Generation älteren Lord Berners, der auf diesem Blog schon Gegenstand eines Gedenkartikels war, teilte ...
Jedenfalls notiert sich LePenseur sicherheitshalber schon für den 7. Jänner 2024 diesmal des richtige Datum für einen weiteren Artikel über Francis Poulenc — zur 125. Wiederkehr des Geburtstages.
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