... es ist ein gutes Land,
Wohl wert, daß sich ein Fürst sein unterwinde!
Wo habt Ihr dessengleichen schon gesehn?
Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet,
Lacht's wie dem Bräutigam die Braut entgegen!
Mit hellem Wiesengrün und Saatengold,
Von Lein und Safran gelb und blau gestickt,
Von Blumen süß durchwürzt und edlem Kraut,
Schweift es in breitgestreckten Tälern hin –
Ein voller Blumenstrauß soweit es reicht,
Vom Silberband der Donau rings umwunden! –
Hebt sich's empor zu Hügeln voller Wein,
Wo auf und auf die goldne Traube hängt
Und schwellend reift in Gottes Sonnenglanze;
Der dunkle Wald voll Jagdlust krönt das Ganze.
Und Gottes lauer Hauch schwebt drüber hin
Und wärmt und reift und macht die Pulse schlagen,
Wie nie ein Puls auf kalten Steppen schlägt.
Drum ist der Österreicher froh und frank,
Trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
Beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
Es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was not tut und was Gott gefällt,
Der klare Blick, der offne, richt'ge Sinn,
Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden!
O gutes Land! o Vaterland! Inmitten
Dem Kind Italien und dem Manne Deutschland,
Liegst du, der wangenrote Jüngling, da:
Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn
Und mache gut, was andere verdarben!
So konnte ein Grillparzer in »König Ottokars Glück und Ende« noch dichten. Sähe er das Österreich des Jahres 2020, ich denke, die »Rede auf Österreich« fiele am heutigen Nationalfeiertag anders aus ...
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P.S.: ist es nicht eine Schande, daß dieses bedeutende Werk der Dichtkunst auf Youtube nicht einmal zu finden ist /(sieht man von einer ebenso gutgemeinten wie laienhaften Rezitation eines alten Mannes ab) — nur ein paar kurze Textschnipsel aus grauenvoll »modernisierten« Inszenierungen, »Regietheater« der übelsten Sorte ...?
P.P.S.: Grillparzers Lobrede auf Österreich war schon einmal, 2016, ein Artikel gewidmet.
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