Dienstag, 25. Februar 2020

Lechts und Rinks

von Fragolin

Man lasse sich nicht auf das Minenfeld der Nebelgranaten zerren und mit der ständigen Diskussion, ob die National-Sozialisten nun Linke waren oder Rechte, in sinnlose Scheingefechte verwickeln. Die Seiten der Sitzplätze in einem längst verbrannten Parlament sind irrelevant; das Einzige, was wirklich zählt, ist der Kern der Ideologie.

Es gibt zwei ideologische Richtungen, eine extrem starke und weit verbreitete des Kollektives, der Herde, die immer und überall in der Hierarchie der Diktatur endet, denn am Ende braucht die Herde ihren Leithammel, und eine leider die Minderheit der Menschheit bildende Ideologie der absoluten Freiheit und Selbstverantwortung des Individuums, das sich kollektiver Zusammenschlüsse allein aus Gründen der Bewahrung der Freiheit des Einzelnen bedient. Während die Kollektivisten nach einer Vertiefung des Kollektivs bis zur Aufgabe der Individualität im kollektiven Einheitsbrei streben und daher immer in einer grauen Herde enden, die in braunen, roten oder grünen Hemden begeistert ihren Führern zugrölt oder in minutenlangen Ovationen und Heilsrufen die größte Erfüllung finden, werden Individualisten die Kollektivierung immer auf das absolut notwendigste Maß beschränken und ausreichend Abwehrmaßnahmen gegen ein Überhandnehmen der Macht des Kollektivs ergreifen, Demokratie nur in personalisierter und direkter Form als solche betrachten, Parteien und Hierarchien als Steine im Getriebe der Freiheit verstehen und jedes Streben nach starker Hand ablehnen.
Sind Kommunisten Kollektivisten?
Sind Sozialisten Kollektivisten?
Sind Nationalsozialisten Kollektivisten?
Welche Rolle spielt es dabei, ob man sie nach links oder rechts schiebt? Welche Rolle spielt es dabei, ob sie sich selbst an irgend einer Seite sehen?

Immer wenn sich Kollektive zusammenfinden, die das Ziel des Kollektivs über das Ziel des Individuums stellen, weil nur das Kollektiv die wahre Haltung, Moral und Heilslehre besitzt und die Unterordnung des Einzelnen unter diese Gruppe fordern anstatt der hundertprozentigen Diensterfüllung des Kollektives für den Einzelnen und seine Freiheit, dann hat man es mit Kollektivismus zu tun. Mit Zusammenrottungen, Aufmärschen, Fahnenmeeren, gebrüllten Parolen, gereckten Fäusten und endlich Blutrausch. Deshalb gleichen sich die Ausbrüche der Kollektive im letzten Jahrhundert so sehr, deshalb haben sie immer in Diktaturen und in mehr oder minder großen Blutbädern geendet. Und das wirklich Perverse daran: jene, die sich glücklich in ein Kollektiv einfügen, sich zur Borg-Drohne assimilieren lassen, glauben auch noch die Lüge, sie würden nur dadurch die wirkliche Freiheit erfahren.

Ach ja, die Kollektivismus-Theorie beschreibt auch die Unmöglichkeit von Integration, außer man hat es mit jemandem zu tun, der bewusst und freudig ein neues Kollektiv sucht. Muslime können nicht in unsere Gesellschaft assimiliert werden, weil sie bereits in einem Kollektiv assimiliert sind, das unsere Gesellschaft als haram ablehnt. Das hat nichts mit Bösartigkeit zu tun, mit Verhetzung oder irgendwelcher dubioser Verächtlichmachung, wie auch immer die aktuellen Kampfparolen der Verteidiger der Kollektive lauten mögen, sondern damit, dass es Kollektive gibt, die man verschmelzen kann, und Kollektive, die inkompatibel sind. Ist die Ideologie ähnlich und der Wertekompass gleich geeicht, kann es zu einem Zusammenschluss kommen, außer, die Kollektive verstehen sich als direkte Konkurrenz; ein Denken, das übrigens allen Religionsgemeinschaften inhärent ist. Weshalb sie immer nebeneinander existieren können, aber nicht miteinander. Sie können nicht verschmelzen. Es funktioniert nicht. Deshalb wird auch das große Gesellschaftsexperiment, dessen ungefragter, aber zur Teilnahme gezwungener Zeitzeuge wir sind, misslingen. Es wird blutig misslingen.

Und anstatt das Problem im Kollektivismus als solchem zu suchen, werden sich die Kollektive nur wieder gegenseitig die Schuld zuschreiben. Manche Tage lässt mich das Gefühl nicht los, wir sitzen mental immer noch streng in Horden getrennt auf Bäumen und bewerfen uns gegenseitig mit Kokosnüssen. Und am lautesten kreischen jene, die glauben, sie wären zu Führern erkoren, und sei es nur moralisch.

Die Individualisten waren immer in der Geschichte der aufrecht gehenden Schmalnasenaffenhorden Außenseiter und Spinner. Und es waren gleichzeitig jene, die diese Affen am weitesten gebracht haben, zivilisatorisch wie technologisch. Und die Oberkreischer, Empörungsschreier, Parolenbrüller, Mittelfingerzeiger und moralischen Zeigefingerwedler sind allesamt und durch die Bank Vertreter des Kollektivismus; Leute wie Hitler, Stalin, Mao und wie die lange Liste der Massenmörder lauten mag waren und sind nur die blutrote Spitze eines gigantischen Gebirges von kollektivistischen Verbrechern. Ihre Anhänger bis heute befeinden sich, weil jeder glaubt moralisch besser zu sein als der Andere, aber am Ende sind sie alle Diener des gleichen Götzen: des heiligen Kollektivs. Des Volkes, der Rasse, der Klasse, der Genossen.

Deshalb ist es so pittoresk, wenn sich Marxisten und Stalinisten als Verteidiger der Demokratie gegen Nationalkonservative stellen und diese als Nazis bebrüllen, während die echten in ganz anderen Kleinparteien sitzen und sich ins Fäustchen lachen. Kollektivisten schreien, dass die Anderen Kollektivisten wären.

Nur gegen die Individualisten, da sind sich die meisten einig.

Denn das Einzige, was dem Kollektiv gefährlich werden kann, ist die Idee der Sinnlosigkeit seiner Existenz. Die Erkenntnis, dass es eben keine Höhere Aufgabe gibt, keine Missionierung, keine Bekehrung, keine Klassenrettung, keine Rassenrettung, keine Klimarettung, keine Flüchtlingsrettung, keine Weltenrettung, die die Existenz des Kollektivs und sein rigides Vorgehen gegen das Individuum rechtfertigt.

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P.S. Und den getretenen Hunden vom linksradikalen Hetzkollektiv gleich vorweg ins Stammbuch geschrieben: Genau deshalb habe ich kein Problem mit Menschen, die herkommen und an einem demokratischen System und einer solidarischen Gemeinschaft mitbauen wollen, die die Freiheit des Individuums stärkt und die Potenziale der Menschen sich entfalten lässt. Aber solche Menschen kommen nicht. Sondern noch strenger konditionierte und fanatischere Kollektivisten als wir selbst schon haben, die unsere Freiheit des Einzelnen zutiefst verachten. Und auf die kann ich gerne verzichten.

P.P.S. Und noch was zum um sich greifenden Wahn: Die in der Herde trottenden und die Parolen des Leithammels blökenden Schafe glauben, sie wären die, die Haltung zeigen würden, während die wenigen, die sich gegen den Leithammel stellen und Freiheit fordern, nur Feiglinge sind.
Das glaubten sicher fackelziehende Pimpfe ebenso wie aufmarschierende FDJ-Züge. Sie verteidigten Führer, Volk und Vaterland oder den Sozialismus und den Weltfrieden gegen feige Feinde; Juden, Bolschewiken, Konterrevolutionäre, Faschisten, Rechte… Feindbild austauschbar.
Es ändert sich gar nichts; an ihrem Handeln könnt ihr sie erkennen.
Und an ihrem Hass und ihrer Hetze gegen jeden, der sich im Namen der Freiheit gegen das grölende Kollektiv stellt.

P.P.P.S. (bevor mir die P‘s ausgehen) ein netter Spruch, den ich letztens aufgefangen habe: „Politiker sind wie Bananen – die grünen und die braunen kannst du vergessen!“


7 Kommentare:

  1. Das alles dürfte Björn Höcke, der wie kein Zweiter immer wieder sein Narrativ des homogenen "deutschen Volkskörpers" beschwört, völlig anders sehen. Und große Teile der AfD-Anhängerschaft, für die Höcke ja fast ein Erlöser ist, auch.
    Individualismus ist für Höcke & Co. Inbegriff der von ihm bis aufs Messer bekämpften "Dekadenz des Westens".

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  2. Bereits 2008 regte Björn Höcke in der "Jungen Freiheit" eine Debatte über einen „Dritten Weg“ als Alternative zum „zinsbasierten Globalkapitalismus“ an. 2011 versuchte er mit Gleichgesinnten eine „Patriotische Deutsche Gesellschaft“ zu gründen.
    Als Lehrer in Hessen war Höcke bei seinen Schülern beliebt und zeitweise Vertrauenslehrer. Nach Aussagen eines ehemaligen Schülers lobte er wiederholt das Hauptwerk des französischen Sozialpsychologen Gustave Le Bon „Psychologie der Massen“ und zeigte sich fasziniert davon. Er habe oft über Charisma gesprochen und von einem Treffen seines Großvaters mit Adolf Hitler erzählt. Dessen „unglaublich blaue Augen“ seien für Höcke zentrales Element des Führerkults gewesen. Er habe den Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht viel kürzer als andere Themen der deutschen Geschichte behandelt. Außerdem habe er sich als Anhänger des Deismus bezeichnet, der an den „Naturgeist“ glaube, sich für nordische Mythologie begeistert und regelmäßig eine Halskette mit einem Thorshammer-Anhänger getragen, der seit etwa 1900 Erkennungszeichen für die völkische Bewegung war.

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  3. Cher (chère?) "Anonym",

    1. Debatte über einen „Dritten Weg“ als Alternative zum „zinsbasierten Globalkapitalismus“

    Na, na , na! Aber Sie werden hier doch nicht gegen Seine Heiligkeit Papst Franziskus wettern wollen! Der tickt nämlich auch in diese Richtung.

    Ist zweifellos einer der vielen Punkte, in denen ich Höcke für eine in weiten Bereichen ziemlich uninformierte Figur ansehe. Aber das macht noch keinen "Nazi" aus ihm — außer Sie wollen Seiner Heiligkeit auch diesen Titel verpassen.

    2. ... lobte er wiederholt das Hauptwerk des französischen Sozialpsychologen Gustave Le Bon „Psychologie der Massen“

    Na und? Es ist nach wie vor eines der Standardwerke der Sozialpsychologie, falls Ihnen das nicht bekannt sein sollte. Keine linke Theorieklitterung (wie bspw. die sachen von Marx), zugegeben — und das dürfte Sie offenbar stören. Mich weniger.

    3. Er habe oft über Charisma gesprochen und von einem Treffen seines Großvaters mit Adolf Hitler erzählt. Dessen „unglaublich blaue Augen“ seien für Höcke zentrales Element des Führerkults gewesen.

    Nette Anekdote. Und beweist ... ... was? Meine Eltern hätten (rein zeitlich gesehen) auch problemlos Hitler getroffen haben können — und was sagt das über mich aus, wenn ich in einem solchen Falle das erzählen würde? Ja, richtig: nichts! Mein Vater hat bspw. den (wenigstens in Österreich) legendären Bundeskanzler Raab getroffen. Und ich erzähle Ihnen das jetzt. Bin ich daher ein ÖVPler? Ist doch lächerlich!

    4. Er habe den Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht viel kürzer als andere Themen der deutschen Geschichte behandelt.

    Und das ist auch völlig in Ordnung so. Die Geschichte "Deutschlands" beginnt ca. um das Jahr 1000 n.Chr. — umfaßt also eine Spanne von ca. 1000 Jahren. Wenn "Geschichtsunterricht" davon heute zu geschätzt 50%+ nur zwölf Jahre behandelt, und den Rest nur überfliegt (und teilweise totschweigt), dann ist das der Skandal — und nicht, wenn einer das korrekt in Relation setzt!

    Außerdem habe er sich als Anhänger des Deismus bezeichnet ...

    Wow! Dann waren also auch Kant & Co. also Nazis? Und Albert Schweitzer übrigens auch! Schon bestürzend, was durch Höcke also so rauskommt!

    ... sich für nordische Mythologie begeistert und regelmäßig eine Halskette mit einem Thorshammer-Anhänger getragen, der seit etwa 1900 Erkennungszeichen für die völkische Bewegung war.

    Nordische Mythologie hat ihre Reize (wie die meisten Mythologien). Nette Freizeitbeschäftigung und sicherlich von nicht geringerem kulturhistorischem Wert als bspw. Kenntnisse der christlichen, der antiken, der vorderasiateischen, ägyptischen, indischen oder chinesischen Mythologie. So what?!

    Und das mit dem Thorshammer-Anhänger: ja, ja ... bitte Beweis auf den Tisch, nicht nur Tratsch. Und dann bitte auch noch die Ableitung, warum das — bspw. im Gegensatz zu kabbalistischen Spinnereien (und Abzeichen) von Madonna & Co. oder zu satanistischen Hirnblähungen div. Potentaten, oder den Scull'n'Bones in den USA — soooo fürchterbar schröcklich sein soll. Viel Spaß dabei!

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  4. Cher Atlantiker,

    Das alles dürfte Björn Höcke, der wie kein Zweiter immer wieder sein Narrativ des homogenen "deutschen Volkskörpers" beschwört, völlig anders sehen.

    Mag sein. Aber was hätte das für eine denkbare Relevanz für den LePenseur-Blog?

    Individualismus ist für Höcke & Co. Inbegriff der von ihm bis aufs Messer bekämpften "Dekadenz des Westens".

    Nein, nicht bis aufs Messer — irgendeine Gewalttätigkeit von Höckes Seite ist nicht bekannt.

    Das mit dem Messern ist eher die Spezialität der "Noch-nicht-so-lange-hier-Lebenden", wie uns die Kriminalitätsstatistik zeigt.

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  5. Cher Penseur,
    das mit Höcke und dessen vermeintlichen Pazifismus sehen spätestens seit Hanau laut Umfrage 78 Prozent der Deutschen ganz anders...

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  6. Werter Atlantiker,
    da Höcke mit Hanau etwa so viel zu tun hat wie Roth mit Volkmarsen, wo ein Mitglied der örtlichen Drogen- und Kifferszene, deren Legalisierung ebendiese Frau fordert, nach Zeugenaussagen im Drogenrausch Kinder niedergemäht hat, sagt dieses Umfrageergebnis nichts über Höcke aber alles über die manipulative Macht der Medien aus.
    Und da Höcke anscheinend begeisterter Kollektivist ist, bleibe ich auch bei meiner Einschätzung, dass er ein ungustiöser Schmierlappen ist, von dem ich mich ebensowenig auf ein Bier einladen lassen würde wie von der Roth.
    MfG Fragolin

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  7. @ Atlantiker: Was ich von solchen wie ihnen halte, und was ich mit Ihnen machen würde, so ich könnte, damit will ich nicht den ehrwürdigen Blogwart in Verlegenheit bringen.
    Mit dem Aufzählen meiner Künste und Qualifikationen - ja, das alles auf Ehr', das kann ich und noch mehr - mag ich nicht die Profiler atzen, auch ist es müßig, denn da könnte jeder kommen. Jedenfalls habe ich aus so manchem Ofen Brot gegessen.
    Die Aufforderung, sich so büschen zu schämen, dürfte bei Ihnen auch zwecklos sein. Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht.

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