Sonntag, 19. Mai 2019

Danke, Strache

von Fragolin

Ach je, kaum ist man in einer arbeitsbedingten Blogpause, schon geht es rund. Hui hui, Staatsaffäre, Neuwahlen, Filzmaier auf allen Kanälen…

Ich habe keine Zeit für eine ausführlichere Analyse, deshalb die Kurzform:
Ich halte die ÖVP / EVP für den Drahtzieher.
Folge dem Nutzen…

Die Fragen sind ja, wer hat die Falle über Monate geschickt aufgebaut und endlich zuschnappen lassen und warum wurde die nicht im NR-Wahlkampf genutzt sondern erst jetzt kurz vor der EU-Wahl, um die Koalition zu sprengen?
Es riecht nach einem Erpressungsvideo, das bereits angefertigt wurde, als abzusehen war, dass Blau in die Regierung einzieht. Wer hat ein Interesse an einem erpressbaren Koalitionspartner?
Ich möchte mal einige meiner immer wieder offen kommunizierten Gedanken der letzten Jahre wiederholen:
1. FPÖ-Wähler wählen die FPÖ nicht wegen, sondern trotz Strache. Der Mann ist, ausgerechnet neben Gudenus, eine wandelnde Peinlichkeit und nicht unbedingt die hellste Kerze auf Gottes großem Kandelaber.

2. Kurz ist hoch intrigant. Deshalb konnte der niemals mit Kern; zwei narzisstische Alphamännchen, das ist unmöglich. Für Macht tun beide alles. Einen Koalitionspartner zu erpressen, ihn zu schwächen oder gar die Koalition zu sprengen, nur um an noch mehr Macht zu kommen, traue ich ihm ohne Weiteres sofort zu. Was nicht mein Lob für seine Verdienste schmälert, aber ich schätze ihn in seinem Streben nach Macht als etwas ein, was ich hier aus juristischen Gründen lieber nicht erwähne.

3. Kurz ist eine machtgeile EU-Sockenpuppe. Sein angeblicher „Alleingang“ bei der Balkanroute entpuppte sich bereits als mit Brüssel akkordierte Aktion und seine Wortmeldungen dortselbst stehen oft in krassem Widerspruch zu dem, was er hier ablässt. Er steht für die Verteilung von „Flüchtlingen“ in der EU und die Bestrafung derer, die nicht mitmachen wollen, wettert gegen Orban und steht Seit‘ an Seit‘ mit Macron.
Er hat beste Connections zu Leuten wie Benko und ist auch gut vernetzt in jenem Gespinst, in dessen Mitte immer wieder ein „Philantrop“ sitzt, den zu kritisieren einen bereits zu einem glühenden ultrarechtsradikalen Antisemiten stempelt.

Wenn ich das jetzt mal zusammenmixe, dann kommt Folgendes heraus:
Wegen Punkt 1 wundert es mich nicht, dass die Honigfalle ausgerechnet für diese Beiden ausgelegt wurde, denn da konnte man sicher sein, dass die so doof sind, da besoffen reinzutorkeln. Strache hat aus dem sattsam bekannten ORF-Neonazi-Fake rein gar nichts gelernt. Der lässt sich da aufs Glatteis führen und spielt nach ausreichend Alk vor einer jungen Russin den tollen Hecht. Da schaltet ganz offensichtlich das Hirn aus und wird direkt in die Hose geleitet, wo die Ersatzgehirne bei jedem Schluck Alkohol weiter anschwellen. Eine bessere Zielscheibe konnten die Akteure gar nicht finden, und leider muss ich feststellen, Recht behalten zu haben mit meiner schon vor der BP-Wahl gestellten Einschätzung, entweder baut sich die FPÖ intern um und lässt besonnenere Leute wie Hofer und Kickl nach vorne oder sie stolpern irgendwann über eine weitere Peinlichkeit von Leuten wie Strache.
Dass dieser, wie durch die Identitären-Foto-Geschichte oder auch gerade vor zwei Tagen (welch Zufall…) sogar durch Küssel-Aussagen in einer im „Standard“ zitierten Neonazi-Postille, bereits sturmreif geschossen wurde, ist da nur noch ein weiteres passendes Puzzleteil.

Wegen Punkt 2 würde ich Kurz und der hinter ihm stehenden alten schwarzen Bonzenriege ohne mit der Wimper zu zucken sofort unterstellen, hinter der Erstellung dieses Videos zu stehen. Das würde auch das sofortige Zurückrudern bei der ÖVP unangenehmen Themen wie der direkten Demokratie kurz nach dem Unterzeichnen des Koalitionsvertrages erklären. Man fragte sich, wie haben die Schwarzen die Blauen so schnell einkochen können? Nur wegen dem Rauchergesetz-Geschenk? Ach was, das war eh in beider Interesse; die Gastronomie ist traditionell eher schwarz. Vielleicht hat man aber auch nur Strache kurz mit einem Videoschnipsel klar gemacht, dass da jemand einen mächtigen Trumpf in der Hand hat.
Unwahrscheinlich?
Finde ich nicht.
Ausgerechnet den Roten bringt die Causa nämlich nicht wirklich was. Weder das zu erwartende Erstarken von Kurz und der ÖVP, noch das Wegfallen des einzigen Feindbildes, dessen Bekämpfung der alleinige Inhalt der gesamten roten Wahlstrategie war, nutzen den Roten jetzt irgendwas. Ganz im Gegenteil, es fällt sofort das Wort „Silberstein“ (was nicht heißt, dass der nicht wirklich mit dahintersteckt; dass die Roten so blöd sind, aus reinem Hass einen vermeintlichen Joker zu spielen, traue ich dem derzeitigen linksextremen Führungspersonal auch locker zu – so lange Propaganda trommeln und „Neuwahlen“ blöken, bis es klappt, auch wenn man selbst keine guten Karten dabei hat) und alle vermuten die Roten hinter der Intrige. Nur einer kann den Saubermann spielen, sich zurücklehnen und den kompletten Nutzen einfahren: Kurz. Nach seiner „Kritik“ an der EU-Überregulierung laufen FPÖ-Wähler wohl kaum zu Rendi über.
Cui bono?
Folge dem Nutzen und frage dich, ob der Nutznießer wirklich unbeteiligt ist.

An Punkt 3 ist mir aufgefallen, dass er gut zu dem TV-Schlagabtauch zur EU-Wahl passt. Kurz schickt zwei Leute ins Rennen, neben der farblosen Karteileiche Karas, die mitgezogen werden muss weil eben die alte schwarze Bonzenschaft hinter Kurz steht, die vorgespielte junge Hardlinerin Edtstadler, die junge und FPÖ-affine Wähler noch mit Härte vorgaukelnden Parolen einfangen soll. Vilimsky hat nicht nur überraschend im Puls4-Duell, sondern für Kurz sogar geradezu katastrophal im ORF-Duell beim befragten Publikum (nicht den bestellten Klatschhasen im Studio) die besten Werte eingefahren. Und nagelte sogar Edtstadler noch fest. Da müssen bei den Schwarzen alle Alarmglocken geschrillt haben: dieser Koalitionspartner wird zu mächtig, kann vielleicht aus einer gestärkten Position heraus Forderungen stellen. Man will aber einen schwachen Steigbügelhalter, den man leicht am Nasenring durch die Manege ziehen kann.
Jetzt haben nach der Neuwahl die Türkisen die freie Auswahl zwischen einer inhaltsleeren und zerstrittenen SPÖ und einem gesprengten blauen Haufen, der froh ist, wenn er noch am Katzentisch sitzen darf. Herrlich, oder?

Und dazu noch dieses: Strache werden hauptsächlich zwei Dinge vorgeworfen (neben der Andeutung illegaler Parteienfinanzierung, was in dieser Form garantiert alle anderen Parteien auch machen, aber keiner ist so doof, damit herumzuprahlen), nämlich erstens seine feuchten Phantasien, die „Krone“ von einer ausländischen Gruppe übernehmen zu lassen und dann dort seine Freunde reinzusetzen und zweitens, unbekannte Verfehlungen gegnerischer Politiker über ausländische Medien so zu lancieren, dass man die Schuld daran einem anderen zuschiebt und sie selbst sich zurücklehnen können.
Und was passiert jetzt gerade, zwei Jahre später?

In der „Krone“, übrigens bereits fest in der Hand der ausländischen „Funke“-Gruppe, wurde der alte politische Querulant Dichand kaltgestellt und die Übergabe der Mehrheit an einen gewissen Herrn Benko vorbereitet, der nun kein unbeschriebenes Blatt ist, vor Allem wenn Namen wie Silberstein, Soros und auch Kurz fallen. Die Berichterstattung der „Krone“ hat in den letzten Monaten von FPÖ-freundlich auf sehr kritisch, dafür aber Kurz in höchsten Tönen lobend gedreht. Wenn deren Redaktionsstube jetzt einen auf empört macht, wirkt das etwas heuchlerisch.

Und es werden jetzt Verfehlungen von Strache über ausländische Medien so lanciert, dass jeder die Schuld den Linken zuschiebt, während sich eine ÖVP zurücklehnen und Erfolge genießen kann.
Was für Zufälle es doch gibt, oder?

Dass sich ein Herr Haselsteiner dann aufplustert, ist nur ein Treppenwitz am Rande, denn wer selbst über großzügige Spenden Wohlwollen in Parlament und Regierung erzeugt, aber von Staatsaufträgen lebt, sollte bei dem Wort „Korruption“ lieber ganz still sein, sich ducken und abwarten, bis der gefährliche Klang dieses bösen Wortes verhallt ist. Wenn Hasi jetzt volle Aufklärung bei abgelehnten Ausschreibungen einfordert, könnte das zum Bumerang werden, wenn man mal die angenommenen Angebote genauer beleuchtet. Glashaus und Steine vertragen sich nicht, da könnte sich einer gewaltig ins Knie schießen, wenn er so weitertobt.

Aber wie gesagt, das ist nur die Kurzform.
Da gibt es noch viel mehr. Und Fragen für die Zukunft.
Die Steuerreform dürfte erledigt sein. Den Familienbonus werden wir vielleicht behalten, sollte Schwarz-Rot kommen aber sicher durch Geschenke an die Goldstückchen und „soziale Obergrenzen gegen Reiche“ versüßt werden. Direkte Demokratie können wir sowieso vergessen, das Thema ist damit final vom Tisch. Die Grenzen werden wieder sperrangelweit offen stehen und ich traue Kurz auch die Unterzeichnung des Migrationspaktes zu.
Der Traum von der politischen Veränderung war kurz. So doppeldeutig das klingen mag.
Es ist vorbei.
Das war‘s.
Danke, Strache.

7 Kommentare:

  1. Kennt eigentlich noch jemand den Namen Tal Silberstein?

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  2. "Ausgerechnet den Roten bringt die Causa nämlich nicht wirklich was."

    Genau das ist der Casus Knacktus und läßt einen zwangsläufig Witterung aufnehmen Richtung ÖVP- einen anderen Nutznießer dieses Schelmenstücks gibt es nicht. Und erklärt mühelos den späten Zeitpunkt des "Outings".
    Daß es sich bei Strache um einen Vollpfosten handelt, braucht nicht weiter diskutiert werden. Daß die FPÖ einen solchen Strolch zum Primus kürt, sagt allerdings alles über sie.
    Und daß es sich bei Kurz um einen intriganten Nazißten handelt, bedarf keiner tiefenpsychoanalytischen Kenntnisse.
    Seine beeindruckend geschmeidigen Pirouetten in der Schicksalsfrage entlarven ihn als das, was er ist: Eine Sockenpuppe des Systems.
    Beim "Penseur" war man in der Personalie Kurz/Strache ja schon immer skeptisch.
    Broder und den Penseur for President- Seufz. Man wird ja wohl noch träumen dürfen...

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  3. Ihre Beschreibung dieser Räuberpistole verlangt eigentlich als Schluss einen Doppeldank:
    Danke Strache, danke Kurz.

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  4. Werter Fragolin,

    zunächst möchte ich doch so ein zwei freundlichere Worte zu dem Herrn Strache äußern. Er wird ja hier und auch woanders ziemlich heruntergemacht, aber immerhin war er doch für so um zwei Jahre Vizekanzler einer doch nicht ganz unerfolgreichen Regierung. So von ganz alleine kommt das ja wohl nicht. Und er hat ja, im Gegensatz zu anderen z.B. hier in Deutschland und so weit ich das aus der Ferne erkennen kann, unmittelbar die Konsequenzen gezogen. Nun gut: Ferndiagnose

    Aber es geht mir um anderes: Der Termin der Veröffentlichung des Videos des Skandals. Vordergründig sieht es nach einer Beeinflussung der Wähler zur kommenden EU Wahl aus. Nur ist das denn dafür nicht schon zu spät? Um die FPÖ Wähler zu einem Schwenk oder einer Wahlabstinenz zu bringen, halte ich einen Zeitraum von mehr als einer Woche zur Überdenkung der Präferenzen schon für notwendig! Irgendwie kommt mir also die Veröffentlichung zum aktuellen Zeitpunkt etwas hektisch vor.

    Ich habe vorhin im Videotext von ServusTV gelesen, daß die beiden parlamentarischen Untersuchungsausschüsse mit Verkündigung des Neuwahlbeschlusses ihre Arbeit einstellen müssen! Ist da für bestimmte Interessen etwa eine problematische Befragung in der näheren Zeit vorgesehen bzw. muß man jetzt schon fragen vorgesehen gewesen??

    Wie erkennbar nur Beobachtungen und Überlegungen aus der Ferne...

    Grüße

    SF-Leser

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  5. Bis bessere Fakten auftauchen (falls überhaupt) bleibe ich dabei: die Geschichte stinkt nach SPD, Stasi (Kahane), BND und betuchte Herren mit Spekulationshintergrund. Von der Entstehungszeit her fällt sie in die Blütezeit Tal Silbersteins, aber der braucht Sponsoren und vor allem Personalresourcen, die ihm die SPÖ nur unzureichend oder gar nicht zur Verfügung stellen kann. Eine Verständigung zwischen SPÖ und SPD dürfte kein so grosses Problem gewesen sein. Gemeinsames Ressentiment gegen die FPÖ und auch gegen Kurz darf vorausgesetzt werden, da werden sie sogar auf tiefes Wohlwollen bei Merkel stossen. Kurz liess die Kanzlerin bereits mehrfach unvorteilhaft aussehen, damals beispielsweise in der Frage der Balkanroute, mittlerweile in der Causa Migrationspakt und Verlangen nach mehr Subsidiarität in der EU und weniger Zentralismus. Und wo SPD drauf steht, da ist auch das linksextremistische Vorfeldgesindel von Antifa und Kahane-Stasi nicht weit, alles Feine Sahne Gammelfisch. Gelle, Messrs. Steinmeier, Maas et alt.?

    Warum das Video nicht bereits 2017 als Ouvertüre zu den Nationalratswahlen ins Kino kam, erklärt sich durch das Platzen der Silbersteinschweineren, da wäre dieses herrliche Kompromat unter ferner liefen verschwendet gewesen. Also wanderte es in den gekühlten Giftschrank für spätere Verwendung.

    Dass Kurz ein Intrigant ist, steht ausser Zweifel, aber gerade deshalb ist es unwahrscheinlich, dass er von dem Ibiza-Video wusste oder sogar damit Strache erpresste. Schliesslich fällt ihm die Koalition mit der FPÖ und vor allem ihr Platzen nach bereits eineinhalb Jahren jetzt auf den Kopf. I told you so! Solche Bomben setzt man als Atomwaffen ein, nicht aus läppischen Gründen wie einer vorgezogenen Neuwahl nach kaum begonnener Legislaturperiode, die sogar noch als recht erfolgreich gilt. Er scheint auch ziemlich unvorbereitet gewesen zu sein. Seine Zukunftsaussichten haben sich eher verschlechtert, denn eine Absolute scheint unerreichbar und die Aussicht eines Status quo ante mit einer Schwarz-Rot Koalition lockt wohl keinen Wähler hinterm Ofen hervor.
    Dass Strache davon gewusst hat oder damit erpresst wurde, erscheint ebenfalls relativ unwahrscheinlich, da er offensichtlich völlig mit heruntergelassenen Beinkleidern erwischt wurde. Der hat keine Zeit für einen wirkungsvollen Abgang gehabt.

    Nein, wer diesen Knall zum jetzigen Zeitpunkt veranlasst hat, der hatte auch keine weitgehend unbedeutende nationale Wahl in einem europäischen Kleinstaat im Auge, dem ging es um die Denunziation eines drohenden Wahlerfolgs der EU-Rechten und ihres absehbaren Zusammenschlusses im EU-Scheinparlament, also um die Gefahr des Abblätterns der EU-Demokratietünche. Da passt ein Hinterhalt auf einen doch recht prominenten, wenn auch nicht übermässig cleveren Vizekanzler ganz vortrefflich und darüber freut sich wer ganz besonders (ausser den heimischen Sozen)? Richtig, die Genossen aus der Vorzeigehauptstadt des Vierten Reichs.

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  6. Oh ja! Die Genossen aus der Vorzeigehauptstadt zerlegen das Video gerade genüßlich.

    MfG Michael!

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