Montag, 30. Juli 2018

Fahrt in die Blogpause

von Fragolin

Mit Wehmut denke ich zurück an die Zeit, als ich mit einer Sporttasche in den Urlaub fuhr. Es war alles drin, was man brauchte, und es passten locker Utensilien für drei Wochen am Stück rein.
Heute, mit meiner liebreizenden Fragolina verehelicht und mit zwei sonnigen Kindern gesegnet, gleicht eine einwöchige Urlaubsfahrt an mediterrane Kieselstrände einem Umzug nach einem Großbrand.

Der Familienkoffer (für Insider: ein Klon der „Truhe“ von der Scheibenwelt), eine Art fahrbarer, um nicht zu sagen selbstfahrender, begehbarer Kleiderschrank mit Griff – nur Griff, nicht Teleskopgriff; ein solcher würde in für normale Menschen unerreichbare Höhen führen – kann aufgrund frühkindlich-sexistischer Befindlichkeiten nicht eingesetzt werden, da unser volksschulalterlicher Sohn mit steinerner Miene kategorisch ablehnt, seine Unterhosen im gleichen Koffer transportieren zu lassen wie die Mädchen. Der Konsens führt zu zwei mittelgroßen rollbaren Kleiderkästen mit dem Gesamtvolumen des Familienkoffers, einmal prall gefüllt mit den Utensilien des weiblichen Familienteils, und einmal gefüllt mit den Utensilien der Männer, plus allem Anderen was man im Urlaub noch so braucht. Also Hausschuhe, Badesachen, Strandtücher, Sandspielzeug, Knete samt dem kompletten Play-doh-Programm für die heranwachsende Diplomingenieurin für die Kleine, mehrere Großbausätze Lego Star Wars für den heranwachsenden Astronauten für den Großen, außerdem zwei Spielekonsolen samt dazugehöriger 40-Zoll-Bildschirme, DVD-Player inklusive der kompletten Filmesammlung für die Abende im Hotel (das über Satelliten auch in die entlegensten Urlaubswinkel abgestrahlte „Ferienprogramm“ privater ebenso wie öffentlich-rechtlicher Medientrommeln ist kindlichen Seelen nicht ohne größeren Schaden zuzumuten und im Gegenzug absolute Bildschirmabstinenz nicht durchsetzbar; die massivhölzerne 2.000-Spiele-Sammlung im praktischen seefesten Normcontainer wird hoffnungsvoll trotzdem mitgenommen, auch wenn es auf ein paar Runden Backgammon mit der Liebreizenden am Balkon hinausläuft, während die Kurzen sich im Zimmer über einen CGI-Oger und seinen sprechenden Esel zerkugeln) und für den Strand zusätzlich ein paar praktische Klappliegen und Sonnenschirme.

Mein Rasierzeug und zwei Bücher habe ich dann mit in die Laptop-Tasche gezwängt, den ich mitnehme, weil ich ja auch mal zwischendurch Kontakt zur Zivilisation aufnehmen möchte und das Hotel laut Selbstwerbung angeblich Wlan besitzt. Das Maulen meiner Liebreizenden, warum ich für mich wieder so viel extra mitnehmen müsse, lass ich durch den akustischen Bypass fließen, der mir im Moment der Vaterwerdung gewachsen ist und der auch bei den Kindern gelegentlich gute Dienste leistet.

So gewappnet machen wir uns auf die Reise in eine kleine Blogpause, und wie ich so stundenlang am Steuer des für den Transport des Familienkoffers extra zugelegten Klein-LKWs mit vertikaler Klimaanlage (Fenster runter – Fernster hoch) bei 33 Grad im Schatten in praller Sonne bei absoluter Windstille Richtung Süden im Stau brate, denke ich zurück an die Zeit meiner Reisetasche. Und der Jugend-Bahncard, die es schaffte, dass ich halbwegs ausgeruht am Urlaubsziel ankam und nicht staugenervt und mit von den Geräuschen auf der Rückbank verstopftem akustischen Bypass.

Früher war alles besser.
Nur wusste ich das früher nicht und war genervt von übervollen Zügen, verdreckten Bahnhöfen, der Rennerei vom verspäteten Zug zum überfälligen Anschluss, dem man bei verschwitztem Erreichen des Bahnsteigs in die am Horizont kleiner werdenden Schlusslichter sehen durfte durch nach Urin riechende Unterführungen voller zweifelhafter Gestalten.
Nein, früher war nicht alles besser.
Es war anders.

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