Sonntag, 27. Mai 2018

Angsthasen und Schlafschafe

von Fragolin

Endlich hat es eine Studie zutage gefördert, „wie AfD-Wähler ticken“.
Und da erfahren wir interessantes.

Während die überwiegende Mehrheit der Deutschen optimistisch in die Zukunft blickt, haben die Mitglieder, Anhänger und Wähler der AfD Angst vor dem, was kommen könnte. „Wenn das so weitergeht, sehe ich schwarz für Deutschland“ – diesem Satz stimmen nur 33 Prozent der Bundesbürger zu, aber 83 Prozent der AfD-Anhänger.“

Nun ist das mit der Statistik so eine Sache. Statistik lügt nicht. Niemals. Sie schafft immer eine klare Aussage. Die klare Aussage oben lautet: 33% der Deutschen bzw. 83% der AfD-“Anhänger“ stimmen dem Satz zu: „Wenn das so weitergeht, sehe ich schwarz für Deutschland.“
Nicht mehr und nicht weniger.
Der Haken ist eher der, wie man den Inhalt des Satzes interpretiert.
Hier erfolgt das nach der Schablone: Wer dem zustimmt, der ist von Angst getrieben, wer dem nicht zustimmt, sieht die Zukunft optimistisch.

„Schwarz sehen“ heißt aber, mit Besorgnis in die Zukunft zu schauen. Besorgnis ist aber nicht Angst. Besorgnis kann sogar ein Antrieb sein, ein Motor, der alle Kraft darauf fokussiert, es nicht dazu kommen zu lassen, dass es so weitergeht. Kraft und Mut zur Veränderung. Als die DDR zusammenbrach, haben im Osten Deutschlands auch alle gesagt, wenn es so weitergeht, sehen wir schwarz – und sind auf die Straße gegangen und haben sich dem damaligen Regime entgegengestellt. Das Ergebnis war das genaue Gegenteil von Angst – das Bewusstsein, Schlimmes abwenden zu müssen, setzt Energie frei und schafft Mut.

Aber hier wird Besorgnis sofort zu Angst umgemünzt. Das ist Rabulistik wie aus dem Lehrbuch. Denn der Satz spricht automatisch alle an, die mit Mut und Entschlossenheit eine Veränderung anstreben; man erkennt das Ziel, dass sie dem zustimmen und dies dann zu Angst umgedeutet wird, damit die Propagandakonsumenten den lächerlich schlotternd mit dem Aluhut unter dem Küchentisch kauernden Angsthasen vor Augen haben und nicht den mutigen und entschlossenen Kämpfer gegen den Niedergang der Demokratie unter dem Merkel-Regime. Sonst hätte man ja die Frage nur so zu formulieren brauchen: „Empfinden Sie Angst, wenn Sie an die Zukunft Deutschlands denken?“
Hat man aber nicht.

Und dass sich unter denen, die die bestehenden Zustände mit Sorge betrachten und eine Änderung herbeiführen möchten, besonders viele befinden, die, eben weil sie etwas ändern wollen, nicht die CDU oder SPD wählen sondern AfD oder Linke, ist reine Logik, war deshalb vorhersehbar und somit kann man davon ausgehen, dass der ganze Sinn dieser Studie darin bestand, über eine geschickte Formulierung und spätere freche Umdeutung des kompletten inhaltlichen Sinnes einfach billige Propaganda im Stil der DDR zu produzieren. „Wie Konterrevolutionäre ticken“ oder so. Vorgestellt von Karl Eduard von Schnitzler.

Es ist also nicht so, dass besonders viele Angsthasen AfD wählen, das ist nur die rabulistisch ausfabulierte Propaganda, zu deren Zweck die Studie offenbar stattfand, sondern besonders viele mit den heutigen Zuständen Unzufriedene und sich deshalb gegen das bestehende Regime Auflehnende wählen AfD. Man hat nicht nur den Sinn umgedeutet, sondern auch Ursache und Wirkung verdreht. Nicht AfD-Wählen schafft Angsthasen sondern Mut zur Veränderung schafft AfD-Wähler.

Dagegen sind die Anhänger von CDU und CSU die Optimisten in Person: Nur 14 Prozent sehen für die Zukunft schwarz.“

Natürlich. Weil die, die konsumsediert und problemblind durch Buntschland schlafwandeln, weiter brav ihre Raute wählen. Und das werden beständig weniger. Auch hier: Ursache und Wirkung. Nicht CDU-Wähler sind besonders optimistisch, sondern die, die Angst vor Veränderung haben oder sich mit dem System arrangiert haben, wählen CDU.

AfD-Wähler hätten ein deutlich anderes Weltbild als Unionsanhänger.“

Natürlich. Weil die meisten „Unionsanhänger“, die einst an eine Veränderung aus dem liberalen Block der Union glaubten, unter Merkels Regime aus Intriganz, Konkurrenzvernichtung und Speichelleckerei zur AfD übergelaufen sind. Die Spaltung hat bereits stattgefunden und die Fronten sind geklärt: die, die zufrieden mit Merkel in ihrer Führerpartei sind, bleiben ihr treu und sehen auch die Zukunft unter ihrer Matrone rosig; die, die eine Zukunft mit Merkel nicht rosig sehen und lieber eine Zukunft ohne Merkel wollen, sind zur AfD abgewandert.
Diese Studie gibt der Union nun wieder Rückenwind, sie können sich, wie sie es immer wieder brauchen, als die besseren Menschen feiern. Denn für die Hintermänner dieses Vereins sind schlafende Schafe besser als aufblickende und aufbegehrende.

Zusätzlich löse die AfD bei den Wahlberechtigten insgesamt „Angst, Verzweiflung, Resignation und Unbehagen aus“, heißt es in der Studie.“

Ach, da ist sie doch noch, die Angst. Aber eben nicht bei den AfD-lern sondern genau bei all jenen, die die AfD nicht wählen. Also nicht die AfD-ler haben Angst vor der Zukunft, sondern alle haben Angst vor der AfD. Da können sich die Medien freuen, ihre Kampagnen funktionieren.

Ach ja, die Konrad-Adenauer-Stiftung (der arme Mann dreht sich im Grabe), die diese „Studie“ durchgeführt hat, ist der führende Propagandakasten der CDU, seit Kurzem unter Führung des gleichen Herrn Lammert, der als Ex-Bundestagspräsident durch eine billige Herumtrickserei in den Statuten dafür sorgte, dass die ihm zutiefst verhasste AfD nicht den Alterspräsidenten des Bundestages stellen kann, auch wenn sie den ältesten Abgeordneten in ihren Reihen hat. Wer aus reinem Hass gegen die AfD so billig mit der Demokratie herumpfuscht, dessen Verein wird in jeder Studie zu der Überzeugung geraten, dass nicht nur die eigenen Wähler die tollsten, optimistischsten, wunderbarsten der ganzen Welt sind, sondern auch die der AfD die miesesten und muffigsten. Nichts anderes haben wir erwartet.
Auftrag erfüllt, die Medien pauken die Propaganda begeistert durch und alle sind glücklich.

2 Kommentare:

  1. Danke. Wieder einmal ein typisch pseudowissenschaftliches Produkt, das in ganz analoger Form auch von einem beliebigen Institut für Marxistisch-Leninistische Gesellschaftswissenschaften der DDR hätte kommen können. Es gibt auf ScienceFiles vom 24. Mai eine der Ihren ganz analoge Analyse unter dem Titel „AfD-Wähler pessimistisch und ängstlich – Adenauerstiftung veröffentlicht jetzt auch Junk“. Dort sind die betreffenden Fragen in weitergehendem Detail diskutiert. Die „verantwortliche“ „Wissenschaftlerin“, deren Namen die Höflichkeit verschweigt, nennt sich u.a. „Koordinator für Empirische Sozialforschung“. Angemessener wäre „coordinatrix purgamentorum mentis“.

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  2. Ganz von Sinn oder Unsinn der Studie abgesehen, ist besonders die Veröffentlichung in der "Zeit" auch lustig. Die hatte wohl vergessen, das die 2014 einen Artikel veröffentlicht hatte, wonach Pessimisten realistischer sind und Optimisten "solange verdrängen, bis es kracht".

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