Dienstag, 31. Oktober 2017

House of Cards

von Fragolin

Wie vernichtet man eine Karriere und macht einen Menschen innerhalb kürzester Zeit zum isolierten Paria?
Man behauptet einfach, vor dreißig Jahren bei einer Party gewesen zu sein und derjenige hätte einem besoffen in die Hose gegriffen. Keiner kann mehr was beweisen, keiner weiß mehr, welche Party das gewesen sein soll und ob derjenige auch wirklich da war oder was überhaupt getrunken oder geraucht wurde. Egal, Hauptsache es steht eine Behauptung und die wird medial genug breitgetrampelt, sofort sind alle „erschüttert“ und „entrüstet“ und derjenige ist seinen Job und seine Reputation los. So geht Inquisition heute.

Ich will hier nicht werten, ob die Aussage im Fall Kevin Spacey wahr oder unwahr ist. Dass in der schwulen Szene ein besonderer Hang zur Pädophilie herrscht ist ja nichts Neues. Ist mir im Fall Kevin Spacey aber herzlich egal, der Mensch ist mir weder als Schauspieler besonders sympathisch noch fand ich sein öffentlich zelebriertes Trump-Bashing geschmackvoll.

Aber was mich stutzig macht ist die Leichtigkeit, mit der inzwischen auf Basis unbeweisbarer Anschuldigungen jenseits aller Verjährungsfristen, also locker aus dem Ärmel geschüttelter Baehauptungen, Leute einem Femegericht überantwortet und auf dem moralischen Scheiterhaufen gebraten werden. Über Schuld oder Unschuld befinden keine Gerichte nach Aufnahme von Beweisen sondern der Grad der Empörung und die Lautstärke des Schreiens.
Wenn so etwas funktioniert, sollte man sich meiner Meinung nach ernsthaft Gedanken über den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft machen.

Und mal drüber nachdenken, welche Erpressungsmöglichkeiten gegen Politiker sich daraus ergeben. Man braucht als Geheimdienst keine Honigfallen mehr auslegen, es reicht, ein paar Leute zu motivieren, unbeweisbare und damit auch unwiderlegbare Aussagen über Twitter zu lancieren, und schon ist der Ministerposten weg und die eigene Partei „distanziert“ sich, Freunde rücken ab, die ganze Familie wird gesprengt. Ein kleiner Hinweis auf dieses Szenario und darauf, was zu tun und wie zu entscheiden wäre, um es nachhaltig zu verhindern, reichen vollkommen aus, um aus einem Menschen eine Marionette zu machen.

Erschreckend, in was für einer Welt wir leben und was für eine schmeichelhafte Verharmlosung Spaceys „House of Cards“ offensichtlich noch war. Und doch irgendwo anscheinend die Wirklichkeit treffend, dass es jemanden so interessiert, die Serie abzusetzen. Nach der Reaktion von Netflix hat das eh die Optik, das Absetzen der Serie geht von denen aus und sie mussten nur einen Grund finden, das wirklich final durchzuziehen. Und da bot sich diese Geschichte eben an.

3 Kommentare:

  1. "In the time of monkeys – god bless them. OK"
    (Oskar Kokoschka)

    Der Terminus "Soziale Medien" war ihm noch unbekannt.

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  2. Das hier sollte man mal im Auge behalten:
    https://www.blick.ch/news/schweiz/sex-vorwuerfe-gegen-umstrittenen-schweizer-islam-professor-maerchenprinz-wurde-zum-monster-id7533158.html
    Nur eine "Ente"? Gar ein Kollateralschaden?

    Zur Erinnerung: Der Märchenprinz nannte den Islam "eine österreichische Religion".

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  3. Ja, so ist das in „postfaktischen“ Zeiten: Daumen runter und „Ende Gelände“. Die Masse hört die Signale, grunzt verärgert, nimmt jedwede Anschuldigung sofort für bare Münze und formiert sich hysterisch zum virtuellen Lynchmob.
    Man merkt halt gleich, dass wir in wahrhaft aufgeklärten Zeiten leben und das furchtbar finstere Mittelalter endgültig vorbei ist, nicht wahr...

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