E I N E » S P I E G E L « - S E I T E F Ü RWERNER BERGENGRUENWARUM ICH DICHTE
Von jeher, das heißt: von sehr früher Jugend an, habe ich an der Fruchtbarkeit gewisser Diskussionen über Fragen der Dichtung gezweifelt. Solche Diskussionen scheinen mir oft von der Auffassung auszugehen, jeder einigermaßen respektable und reputierliche Dichter müsse doch so etwas haben wie ein Programm - und über Programme läßt sich ja reden. Einer solchen Auffassung entspringt dann jene Frage, die so oft an unsereinen gerichtet wird und die mir jedesmal ein Gefühl äußersten Unbehagens verursacht, nämlich die Frage, was ich mit meiner Dichtung denn eigentlich wolle.
Werner Bergengruen, dessen auf diesem Blog bereits aus Anlaß der fünfzigsten Wiederkehr seines Todestages mit einem Artikel gedacht gedacht wurde, wurde heute vor 125 Jahren geboren, und ist vor etwas über einem halben Jahrhundert gestorben. Wer seine Werke und die aus ihren sprechende Gesinnung kennt, den weht ein Schauer an, wenn er um sich blickt, was seitdem alles an Wert und Würde in dieser vergleichsweise kurzen Zeit bereits verloren gegangen ist — nein: von interessierten Kreisen ganz gezielt vernichtet wurde!
Lebte ein Werner Bergengruen heute, er ließe sich wohl nicht dazu herab, bloß zur literarisch-dekorativen Behübschung einer korrupten Lügenpostille zu dienen, und damit wäre von beiden Seiten nicht die nötige Grundlage für eine Zusammenarbeit vorhanden — von Seiten der einen, weil sie ihn nicht verstünden, von Seiten des anderen, weil er sie nur zu genau verstünde, oder besser gesagt: durchschaute ...
Bergengruen war der Ansicht, der Dichter solle »... trachten, ewige Ordnungen sichtbar zu machen.« Der SPIEGEL will heute ganz im Gegenteil mit seinen Artikeln — mehr oder weniger geschickt — verbergen, daß Hintermänner und Auftraggeber an »Ordnungen« arbeiten, die sie ihrer Meinung nach ewig an der Macht halten werden.
Und dennoch: so unverfroren sie auch ans Werk gehen — sie sind bloß Wiedergänger jener Mächte, die zu Bergengruens Lebzeiten ihm die Existenz verdüsterten. Und ihm gegenüber dennoch nicht das letzte Wort behielten, sondern in einem Rausch von Blut und Verwüstung untergingen ...
Die Hoffnung bleibt. Auch heute.
Auch ein – inzwischen verstorbener – literarischer Großkritiker hat den Stab über Bergengruen längst gebrochen.
AntwortenLöschenWen es interessiert: „(…) und ich habe jetzt wirklich Wichtigeres zu lesen, als mich mit der doch etwas verstaubten Prosa Bergengruens noch einmal zu beschäftigen.(…)“.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/fragen-sie-reich-ranicki/fragen-sie-reich-ranicki-ist-carl-zuckmayer-zu-unrecht-vergessen-1332423.html
So geht’s. Ruck-zuck – und weg! Und jetzt lese ich noch einmal Bergengruens lakonisches Gedicht „Leben eines Mannes“. Kommt in meinen Lyrik-Thesaurus.