Samstag, 11. Februar 2017

Ein Privilegium

... wurde heute vor 190 Jahren, also am 11. Februar 1827, gewährt, und zwar jenes an den Forstbeamten Joseph Ressel zur Verwertung seiner Erfindung einer Schraube ohne Ende zur Fortbewegung der Schiffe, näherhin
die Erfindung eines, einer Schraube ohne Ende gleichenden Rades, welches 1) im Wasser von irgendeiner äußeren Triebkraft in Bewegung gesetzt, zum Fortziehen der Schiffe auf dem Meere, auf Seen, und selbst auf Flüssen, dann 2) bey Schiffe und Windmühlen, als Triebrad anwendbar sey.
Wer Ressels Biographie liest, wird schwermütig: Fehlschläge, geschäftstüchtige Konkurrenten, die sich seine Erfindung unter den Nagel rissen, schließlich die Perfidie Albions:
Als 1840 der britische Schraubendampfer „Archimedes“ nach Triest kam, reiste Ressel erneut in die Stadt. Er fand bei dem von Francis Pettit Smith im Jahre 1838 gebauten Schiff seine Ideen und Vorstellungen umgesetzt, ohne selbst die gebührende Anerkennung erzielt zu haben. Verbittert trat Ressel die Heimreise an.

Smith hatte zwar wesentlichen Anteil an der Einführung und Verbreitung der Schiffs-schraube in der Hochseeschifffahrt, war aber nicht deren Erfinder. Deshalb schrieb die britische Regierung 1852 einen Preis von 20.000 Pfund Sterling für den „wahren Erfinder der Schiffsschraube“ aus, der dann allerdings seine Erfindung auch beweisen musste. Ressel schickte daraufhin alle seine Unterlagen an die britische Admiralität nach London, erhielt jedoch nie eine Antwort. Auf Anfrage im diplomatischen Weg wurde mitgeteilt, dass die Unterlagen „verlorengegangen“ seien. Der Preis wurde schließlich unter fünf Briten aufgeteilt.
... berichtet Wikipedia. Man denke: 20.000 Pfund! Das war damals ein mehr als stattliches Vermögen, wenn man berücksichtigt, daß bspw. eine Gouvernante mit Fremdsprachenkenntnissen ca. 50 Pfund Jahresgehalt (!) bezog ...

In Ressels Leben ist wirklich so ziemlich alles enthalten, was einen Menschen verbittern kann, bis hin zum frühen Tod auf einer Dienstreise als Opfer einer Typhus-Infektion. Man versteht daher, warum er auf seinem Porträt (das eine Zeitlang die 500-Schilling-Scheine zierte) so verkniffen-resigniert dreinsieht:


Die Anerkennung seiner Erfindung kam erst posthum (wie so oft bei Österreichs Erfindern), und nach seinem Tode wurde ihm vor der (heutigen) Technischen Universität Wien am Karlsplatz in dem nach ihm benannten Ressel-Park ein Denkmal gesetzt ...


... selbst dieses mit einer Leidensgeschichte,
denn es sollte zunächst in Triest, am Ort seiner praktischen Experimente mit der Schiffsschraube, aufgestellt werden, was der Nationalismus der italienischsprachigen Ortsansässigen, die keinen deutschböhmischen Beamten in ihrer Stadt gewürdigt haben wollten, zu verhindern wußte. Deshalb also in Wien, obwohl seine Erfindung mit Wien und seinem wohlangesehenen  k.k. Polytechnicum nun wirklich nichts zu tun hatte.

Sein von majestätischen Bäumen umschattetes Denkmal ziert eine Bronzeplatte mit folgender lateinischer Inschrift:

Josepho Ressel 
Patria Austriaco 
qui omnium prior rotam cochlidem 
pyroscaphis propellendis adplicuit 
anno
MDCCCXXVII

Das ist wunderschönes Humanisten-Latein, und in einem seiner Bücher dachte der Wiener Stadtrat und Vordenker Jörg Mauthe darüber nach, wie wohl eine Kommission gelehrter Latinisten des damaligen Wien die ihnen natürlich kaum begreifliche technische Erfindung der Schiffsschraube in möglichst epigraphisch klassisch-knapper Stilisierung zu umschreiben versuchte, und nach langen Diskussionen den obigen Text gebar. Qui omnium prior rotam cochlidem pyroscaphis propellendis adplicuit: sowas muß einem auch erst einfallen ...

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