Montag, 26. Oktober 2015

Über die österreichische Neutralität

... verfertigte Christian Ultsch zum Österreichischen Nationalfeiertag, dessen Feier auf das heute vor sechzig Jahren beschlossene »Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs« zurückgeht ...



... einen etwas süffisanten Artikel in der »Presse« unter dem Titel »Die Republik betet eine leere Monstranz an«. Christian Ultsch, der meistens eigentlich recht brauchbar schreibt, hat diesmal leider recht oberflächlich geschludert! Schon ein paar Sätze, die ich hier näher betrachten will, beweisen es:

1. »Die Republik betet eine leere Monstranz an«
Falsch! Richtig wäre: die Politiker dieser Republik halten dem (von ihnen genasführten) Volk eine Monstranz, die sie selber klammheimlich geleert haben (sic!), zur Verehrung hin.

2. »Der alte Glücksbringer hat ausgedient.«
Keineswegs. Er wurde von unseren Politruks in Pension zwangspensioniert, wäre aber durchaus rüstig und aktiv!

3. »Die Neutralität bietet keinen Schutz und ergibt schon lang keinen Sinn mehr.«
Die Neutralität bot, strenggenommen, nie Schutz (außer die Politruks und das Volk hätten sich entschlossen, unsere Neutralität, angeblich »nach Schweizer Muster«, ebenso zu »bewehren«, wie es die Schweizer tun!
Sinnvoll ist sie auch heute allemal! Oder will Herr Ultsch gratismutig (da wohl längst über die Zeit des Militärdienstes hinausgelangt) Österreichs »Demokratie am Hindukusch verteidigen« lassen — von österreichischem Kanonenfutter, damit die p.t. U.S. Army ihre Drecksarbeit dortselbst nicht alleine machen muß, und ein paar Trotteln vorschicken kann, wenn's zu ungemütlich wird?

4. »Spätestens, wenn eine Europaarmee entsteht, muss Österreich Farbe bekennen«
Und wer will eine »Europaarmee«? Ich nicht, die meisten Österreicher ebensowenig, und die meisten anderen Bürger der EU-Staaten nicht anders! Natürlich — die unentwegten Transatlantiker, die »DiePresse« traditionell (zwei CIA-Spitzel hintereinander an der Spitze der Redaktion schufen da eine nachhaltige Blattlinie, keine Frage!) im Team hat, denken darüber anders. Nur vertreten die halt die Interessen Washingtons, nicht Österreichs.

5. »Sie aufzugeben wäre anlässlich des Beitritts zur EU ein Gebot der Ehrlichkeit gewesen. Denn damals verpflichtete sich Österreich zur Teilnahme an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.«
Falsch: es verpflichtete sich unter dem Neutralitätsvorbehalt! Das mögen unentwegte NATO-Fans bedauern, aber es ist so.

6. »Doch das Umfeld ist zuletzt deutlich ungemütlicher geworden. Russland hat zum ersten Mal seit 1945 sein Militär eingesetzt, um Grenzen in Europa zu verschieben, die Krim zu annektieren und die Ostukraine zu destabilisieren.«
Bla-Bla-Bla! Die Ukraine wurde von der NATO- (d.h.: U.S.-)Politik und ihren vor Ort korruptiv tätigen »Thinktanks« (die ich unlängst als »Stinktanks« bezeichnet fand — eine treffende Bezeichnung!) destabilisiert — nur ist der Versuch, mit einem »Hoppla-jetzt-kommt-Uncle-Sam«-Manöver den Russen ein NATO-Mitglied Ukraine vor den Latz zu wimmern, halt etwas danebengelungen ...

7. »Die baltischen Ex-Sowjetrepubliken wären möglicherweise die Nächsten gewesen, wenn sie nicht unter dem Schirm der Nato stünden.«
»Wenn meine Tante Räder hätt', wär' sie ein Omnibus«, sangen wir schon als Kinder. Und der geschätzte Herr Redakteur »vergißt« leider darauf einzugehen, warum Rußland auf die derzeitigen Regierungen der Baltikum-Staaten nicht gut zu sprechen ist. Vermutlich hat er keine Ahnung davon, daß die dort befindlichen russischen Minderheiten von den jeweiligen (in Estland bspw. nur recht knapp die Mehrheit bildenden) Staatsvölkern nach Strich und Faden kujoniert und diskriminiert werden. Und nicht jedes Volk ist so windelweich wie rückgratlos wie die Deutschen nach ihrer »Re-Education«, und schweigt dazu, wenn im Ausland als Minderheit lebende Angehörige seines Volkes unterdrückt werden — v.a. wenn dieses Ausland jahrhundertelang eigentlich Inland war.

8. »Auch das Chaos in Nahost ist bis nach Europa zu spüren.«
Ausnahmsweise ein richtiger Satz. Leider »vergaß« Herr Ultsch hier zu erwähnen, wer der Hauptverursacher dieses Chaos' ist. Ach, warum wohl nur ...?

9. »EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker denkt zu Recht über eine Europaarmee nach.«
Der alte Lügner (»Wenn es ernst wird, muß man lügen«) denkt nicht zu Recht, sondern zu seinem Machterhalt und -ausbau darüber nach! Bislang muß der Kommissionspräsident »Bitte-Bitte!« bei den Armeen der Mitgliedsstaaten machen, in Zukunft will er halt einmarschieren, wenn in Wien bspw. wieder mal Schwarz-Blau (oder eher: Blau-Schwarz) am Tapet wäre. Oder halt die Katalonen niederkartätschen lassen, wenn sie von Madrid wegwollen (weil die Spanier es allein wohl schwer schaffen würden). Und mit Androhung eines EU-Militäreinsatzes sonst unliebsame Regierungen (wem fiele da nicht Orbán ein?) zur Räson bringen — ja, das wär' doch was! Nur frage ich mich: was reitet Herrn Ultsch, das für uns Österreicher als so toll zu empfinden?

10. »Die EU muss handlungsfähig werden, wenn sie ihre außenpolitischen Interessen wahren will.«
Wollen wir das? Und »muß« die EU daher? Da die einzelnen Völker Europas vollkommen (sic!) unterschiedliche außenpolitischen Interessen haben, ist diese Behauptung eine leere Phrase im Interesse einer wichtigtuerischen EUrokratie in Brüssel. Es gibt in Wahrheit keine »europäischen Interessen« — sondern deutsche, französische, britische ... und österreichische! Und die sind halt höchst verschieden. Und wenn sie in Teilbereichen gleich sind — na, die EU-Mitgliedsstaaten können sich ja koordinieren. Sowas hat unter Verbündeten in der Vergangenheit funktioniert, und wird in Zukunft nicht anders funktionieren!

11. »Spätestens dann wird Österreich Farbe bekennen müssen: Die Mitgliedschaft in einer EU-Armee werden auch die begabtesten völkerrechtlichen Sophisten nicht mehr mit der Neutralität in Einklang bringen können.«
Ja, das stimmt. Nunr hat hier Herr Ultsch im zuge seines Artikels unmerklich seine Wunschlösung (eine EU-Armee) bereits als fix kommend vorausgesetzt.

»Das soll GOtt abhüten mit alle zwei Händ'«, wie fromme Juden in derlei Fällen zu beten anfangen ...




1 Kommentar:

  1. Exzellent gekontert, Kompliment, Le Penseur!

    Es ist wirklich bemerkenswert, wie eine Klasse von Politverbrechern und deren Lohnschreiber es offensichtlich gar nicht erwarten können, mitzumischen bei kommenden Feldzügen am Hindukusch, in Syrien, in Afrika oder auch in der Ukraine.

    FritzLiberal

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