Mittwoch, 15. Juli 2015

»Menschen sind weder sozial noch altruistisch – Beides muss gelernt werden«

Menschen sind weder Herdentiere noch verhinderte Mütter Theresa, die anderen ihren Altruismus aufzwingen.


Die Forschungsergebnisse, die diese Aussage belegen, sie werden immer zahlreicher.


Egal, was Politiker sich wünschen, egal, wie versucht wird Menschen zu manipulieren, sie sind zweierlei nicht: altruistisch von Haus aus und sozial per Geburt.


Altruismus muss man sich leisten können. Denn um selbstlos zu geben, muss man etwas haben, das man z.B. aus Mitleid geben kann: Ohne Mantel kein St. Martin sozusagen.


Und sozial sind Menschen nicht von Geburt an. Das Soziale, es verlangt von Menschen, dass sie zusammenleben, dass sie sich miteinander arrangieren und vor allem: dass sie miteinander kooperieren.
Warum also wird genau das, was nicht ist, uns von allen »fortschrittlichen« Kräften ständig als existent vorgegaukelt? Alles Heil wird in eine »unverdorbene« Kindheit zurückprojeziert, als wir doch alle gut und kleine Genies waren. Die Realität, daß auch Kinder »einfach so« Satansbraten sein können (ohne daß deshalb die pöhsen Eltern in ihrer Erziehung groß geschludert hätten), und die allermeisten von ihnen auch weit davon entfernt, kleine Genies zu sein, wird ausgeblendet. Bedeutet das Eingeständnis, daß die Menschen von Natur aus egoistisch und Asozial sind, nicht implizit die Delegitimation aller »Re-Form« — also: aller Wiederherstellung eines ursprünglich besseren Zustandes?

Wie der Kirchen-Gläubige, der der vertrackten Theodizee-Frage peinlich berührt aus dem Wege geht, so ist auch der PC-Gläubige eher bereit, heimliche Korrekturen an der Realität vorzunehmen, als sich einzugestehen: »Hier hat mein System leider Lücken.«

Dieses Bemühen, nicht »sein Gesicht zu verlieren«, ist sicherlich eine plausible Erklärung. Dazu kommt freilich eine andere, weitaus unerfreulichere:
Nun kann man sich fragen, warum es eine recht stattliche Anzahl von Leuten gibt, die das Gegenteil erzählen, die behaupten, Menschen wollten anderen mehr geben als sich selbst, seien sozial Tiere, die nur in der Herde ihr Glück finden, seien von Geburt an kooperativ? Und man kann sich selbst zur Antwort geben, dass diese Erzählung denen, die sie erzählen, einen Vorteil verschaffen muss, da man Menschen, die meinen, sie seien altruistisch, prima ausnutzen kann und Menschen, die meinen, die ständigen Übergriffe anderer seien das Soziale, sich nicht wehren.
Bloß eine zynisch-misanthropische Unterstellung? Meine Lebenserfahrung hat mich gelehrt, mit diesem Verdikt vorsichtig zu sein. Denn allzu oft ist das angeblich »Zynische« nichts anderes als Realismus ...

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