Dienstag, 28. April 2015

»Heim ins Reich«

Ach Gottchen, die Berufsempörten erregen sich über einen platten Sager eines alten Komödianten ... ... so what? Hat Didi etwa den zwangsweisen Anschluß Ösistans an Merkelreich gefordert (oder auch bloß angeregt)? Wohl kaum. Die sieben »Tausend Jahre« haben die meisten Österreicher davon überzeugt, daß eine kleine Alpenrepublik für die österreichische Mentalität bekömmlicher ist, als die Existenz als eines unter vielen Ländern in einem (Groß-)deutschen Reich. Anschlußbegeisterte Österreicher wird man heute (anders als vor 80 oder 90 Jahren, als eigentlich so ziemlich alle Parteien »großdeutsch« fühlten!) daher eher bestenfalls im einstelligen Prozentbereich finden.

Ein Komiker hat also scherzhaft einen Satz zitiert, welcher in der Vergangenheit mißbraucht wurde, um Hitlers Besetzung Österreichs durch Truppen des Deutschen Reichs zu rechtfertigen. Doch das ist mittlerweile mehr als 77 Jahre her, und sollte eigentlich schön langsam ohne Schaum vor dem Mund angehört werden. Mit einem matten Lächeln, höchstens — denn überwältigend neu ist dieser Witz ja gerade nicht. Aber offenbar steigt mit zeitlicher Entfernung zu jenem ominösen 8. Mai 1945 die Empfindlichkeit unserer Meinungsmacher-Cliquen, die mit Bierernst jeden Ulk über die Nazizeit verdammen. Leutchen, habt euch doch nicht so!

In LePenseurs Jugend war es gang und gäbe, daß z.B. bei einem Wandertag dem ein Marschziel verkündenden Professor aus einigen Kehlen ein markiges »Führer befiehl, wir folgen!« entgegenscholl. Und damals war es denkmöglichst »un-cool« (wenn wir dieses Wort gekannt hätten), ein »Nazi« zu sein. Im Schwange war 1968, und man schwärmte eher für Ho-Ho-Ho-Chi-Minh & Co., und las in der Mao-Bibel. Dennoch war man damals frei genug, einen provokanten Satz zu sagen, ohne deshalb von politkorrekten — pardon l'expression — Schleimscheißern gemaßregelt zu werden.

Nochmals gefragt: so what? Wenn sich also ein André Heller bemüßigt fühlte, mit dem Gewicht seiner moralischen Persönlichkeit (und auf Bitte der Regie) symbolisch den Stab zu brechen mit den trockenen Worten: »Lieber Didi Hallervorden, ich fand es nicht in Ordnung, was Sie gesagt haben«, dann kann man den Kommentarposter verstehen, der daraufhin etwas süffisant meint:
es erfüllt einen ja mit Freude, dass Herrn Heller die eigene
Bedeutung noch nicht erdrückt hat und er so den moralischen Finger auf die schmutzige Wunde legen konnte. Nein, trotz bestens eingeübtem Denkmalblick entgeht ihm hienieden noch nichts.
und ein anderer:
Selig sind ...
... die gerecht Empörten, denn ihrer ist das (Himmel)Reich.
Da kann man nur sagen: »Tant de bruit pour une omelette« — bzw. auf gut Wienerisch: »Ihre Sorgen und das Geld vom Rothschild möcht' ich haben ...«

2 Kommentare:

  1. Naja, soweit ich mich erinnern kann, ist der Herr Hallervorden auch recht eifrig beim Handhaben der Faschismuskeule. Z.B. die Weigerung, in Österreich aufzutreten, als Waldheim Bundespräsident war.

    Insofern finde ich es sehr amüsant, dass ihm die Faschismuskeule entglitten und selbst auf den Kopf gefallen ist.

    Was natürlich nichts ändert am ebenfalls berechtigten Amüsement über die linke Deppen-Schickeria, die sich jetzt über diesen Sager entsprechend alteriert.

    FritzLiberal

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  2. Es scheint mir so, als sollte ich zum tiefergehenden Verständnis des „Eklats“ zu Dieter (zu Didi wurde er erst später) Hallervorden noch ein bißchen was erläutern.
    Dieter Hallervorden hat mit seinem 1960 von ihm gegründeten Kabarett Die Wühlmäuse ziemlich bissiges Kabarett gemacht. Erst so in der Mitte der 70er Jahre ist er als Didi Hallervorden ins mehr komische Fach gewechselt. Auf die Frage, warum er denn kein Kabarett mehr mache, war sein Antwort, daß sie es zwar immer lobend in die Feuilleton Seiten geschafft hätten, aber er doch von was leben müßte.

    Ein typischer Sketch von ihm ist mir in Erinnerung geblieben:

    Es gibt ja immer wieder die Klage, daß Fußgänger nicht den Zebrastreifen oder Fußgängerüberwege benutzten. Da die Fähigkeit dazu ja auch alters- und erfahrungsabhängig ist, gilt ab sofort folgende Vorschrift :
    · Ab einem Alter von mehr als 50 Jahren dürfen Fußgänger auch neben den Fußgängerwegen über die Straße gehen.
    · Ab einen Alter von mehr als 60 Jahren sollten sie ...
    · Ab einen Alter von mehr als 70 Jahren müssen sie ...

    (Na ja, so mehr schlecht als recht von mir nacherzählt.)

    Grüße

    SF- Leser

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