... doch wer kennt auch dessen Schöpfer?
IN MEMORIAM ANTON VON WERNER
Hier nur ein paar Proben seinen stupenden Könnens. Zunächst ein Detail aus der zweiten Fassung der »Kaiserproklamation«:
Oder die »Ankunft seiner Majestät in Saarbrücken« (da sind wir also noch am Beginn des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71):
Davor noch zeigt er König Wilhelm I von Preußen über die Kriegsgefahren nachsinnend am Grabmal seiner Vorfahren:
Etwas später kommt dann das köstliche »Etappenquartier in Frankreich« mit einem singenden Ulanen:
Etwas später kommt dann das köstliche »Etappenquartier in Frankreich« mit einem singenden Ulanen:
Er malte auf diesem Feldzug auch Generalfeldmarschall Graf Moltke in seinem Arbeitszimmer in Versailles:
Natürlich malte er gerne den »Zauber der Montur« — die damaligen bunten Galauniformen waren ja für jeden Maler »ein Fressen« — aber eben nicht nur das! So zeigt er den späteren Kaiser Friedrich zwar in Uniform, aber seine zivile Umgebung ist nicht weniger bravourös in Szene gesetzt:
Das flirrende Licht der Kerzenluster hat er sich vermutlich von Menzels »Hofball« abgeschaut — und eben dieser so kleine und doch so große Maler Adolph von Menzel steht unauffällig beobachtend an der Mauer, eine kleine Hommage Werners an seinen bewunderten (und sicherlich weit genialeren) älteren Kollegen.
Wer kennt nicht auch Werners berühmte Darstellung des Berliner Kongresses von 1878, in der er alle großen Staatsmänner dieses Treffens auf einem Bild in ungezwungener Zufälligkeit zusammentreffen läßt?
Für die meisten dieser vielfigurigen Historienbilder malte Werner von jedem einzelnen Dargestellten detaillierte Studien, die oft herausragende Werke der Porträtkunst darstellen. Man nehme etwa die »Figurenstudie des hanseatischen Ministerresidenten Dr. Daniel Christian Friedrich Krüger« (die übrigens den Mythos, daß alle Hanseaten nie-nie-niemals einen Orden annehmen oder ihn gar tragen würden, auf nachdrückliche Weise zerstört):
Wobei die Frische der Figurenstudie weit mehr überzeugt, als die akademische Vollendung mancher »richtiger« Porträts, wie z.B. das des Geheimrates Hermann v. Lucanus:
Daß Lenbach jedenfalls nicht der einzige war, der Fürst Bismarck zu porträtieren verstand, sieht man bei den Gemälden der Kaiserproklamation und des Berliner Kongresses ebenso, wie bei einem Bild, das ihn am Bundesratstisch bei einer Rede zeigt:
Trotz seiner unbestreitbaren Fähigkeiten hat Anton von Werner seit hundert Jahren einen schlechten Ruf. Oder eigentlich gar keinen Ruf — seine Bilder werden halt einfach als bunter Photo-Ersatz für Geschichte-Lehrbücher genommen, und das war's dann schon. Man muß keineswegs Anton von Werner in seiner Kunstauffassung beipflichten — aber wer seine Gemälde genau angesehen hat, wird ohne wenn und aber bestätigen: dieser Mann konnte was! Im Gegensatz zu den meisten heutigen »Künstlern«, denen ich nicht absprechen möchte, daß sie mit ihren Werken etwas ausdrücken wollen — nur: da bekanntlich »Kunst« vom Können kommt (denn wenn sie vom Wollen käme, hieße sie »Wulst«), sind die meisten von ihnen eben nur »Künstler«, denen der kalt-heiße Angstschweiß ausbrechen würde, wollte man von ihnen auch nur eine einzige, kleine Porträtstudie verlangen — geschweige denn eine Massenszene mit vielen höchst individuellen, und doch aufeinander abgestimmten Einzelfiguren wie in Werners »Enthüllung des Wagner-Denkmals im Tiergarten« (auch hier durfte Menzel nicht fehlen!):
Heute vor hundert Jahren, am 4. Jänner 1915, ist Anton von Werner im 72. Lebensjahr in Berlin verstorben.
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