Walter Muschg formulierte die These, dass das Dritte Reich zu einem «Prüfstein für die Dichter geworden sei, der zwangsläufig alle innere Schwäche und Stärke des Einzelnen» offenlegte (an L. Hohenstein; 30.12.1956). In seinem Werk «Die Zerstörung der deutschen Literatur» (1956) streifte Walter Muschg Schaffner nur mit einem Wort: «Amerika hat seinen Ezra Pound, dem der Hochverratsprozess nur dadurch erspart blieb, dass er sich im Irrenhaus internieren liess, (...) die Schweiz ihren Jakob Schaffner.»
Donnerstag, 25. September 2014
Ein heute Verfemter
4 Kommentare:
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Werter Penseur,
AntwortenLöschenzunächst muß ich zugeben, von diesem Schriftsteller habe ich vorher noch nie etwas gehört. Im Gegensatz zu Knut Hamsum, der mir beim Lesens sofort eingefallen ist.
Natürlich kann dieses „Verfemt“ sein bzw. das Vergessen seiner Werke auch damit zusammenhängen, daß die literarische Qualität eben doch nicht so dolle war oder daß die Themen, Romane über Erziehungsanstalten sind wohl nicht mehr so „in“, in den späteren Jahren einfach nicht mehr so zugänglich waren. Dies ist ja auch anderen Autoren so ergangen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Genannten ist aber, daß der Herr Schaffner ab 1911 nicht mehr in seinem Geburtsland der Schweiz lebte. Daß da viele Schweizer ihn nicht mehr als einen der Ihren angesehen haben bzw. ansehen wollten, kann ich schon verstehen.
So, um nun etwas später konkretes zu der literarischen Qualität und meinem Zugang dazu sagen zu können, habe ich mir das Buch doch mal bestellt.
Grüße
"Gerade weil sich die Schweizer Politik und Wirtschaft in vielerlei Hinsicht mit den Nazis nur zu gut arrangiert hatte ..."
AntwortenLöschenDas, geschätzter LePenseur, ist etwas billig und Ihrer nicht würdig. Die Realität sieht anders aus. Bei Ausbruch von WKII hat man bewusst den französischsprachigen General Henri Guisan zum Oberbefehlshaber der Armee gewählt. Die Frontstellung der Schweizer Armee war eindeutig gegen Deutschland gerichtet. Das erkennt sogar Wikipedia an:
http://de.wikipedia.org/wiki/Henri_Guisan#General_Guisan
Im Gegensatz zum heutigen Österreich hat die Schweiz damals ihre Neutralität mit robusten militärischen Mitteln verteidigt.
Nach dem Westfeldzug 1940 war die Schweiz komplett von Achsenmächten umzingelt. Dazu kam, dass sich die Schweiz ohne Nahrungsmittelimporte nicht selbst ernähren konnte (obwohl alle verfügbaren Flächen, sogar Sportplätze, als Anbauflächen verwendet wurden).
Also, im Klartext: die Schweiz war davon abhängig, dass die Deutschen Lebensmittellieferungen durchlassen, oder Menschen verhungern. So einfach ist das. Da ist der Spielraum für eine edle moralische Protesthaltung sehr gering.
Aber aus der heutige, bequemen Couch-Sicht darüber zu richten, ist natürlich einfach.
Mit freundlichen Grüßen
FritzLiberal
Cher FritzLiberal,
AntwortenLöschenEs liegt mir fern, Ihnem eidgenössischen Patriotismus nahetreten zu wollen, und mit dem Hinweis auf die Nahrungsmittelversorgung haben Sie durchaus recht.
Die Schweizer Wirtschaft (und Politik) — und das ist beileibe kein Vorwurf, sondern eine nöchterne Feststellung! — hat sich jedoch auch darüberhinaus mit dem NS-Regime im großen Nachbarland bemerkenswert gut zu arrangieren gewußt.
Wie es sich (und das sage ich gerade angesichts unserer verlogenen Haltung bezügl. Neutralität in Österreich!) für ein neutrales Land auch gehört! Denn die parteiische Pseudo-Neutralität (Fischer über Österreichs Teilnahme an der IS-Aktion Washingtons: »Es gibt keine Neutralität gegenüber Verbrechen«) finde ich zum Kotzen.
Nach 1945 hatten allerdings manche Schweizer auf einmal den Moralischen gekriegt, weil sie nicht doch gegen die Nazis mehr getan haben als sie hätten können, wenn sie nicht ... ach geschenkt!
Und von dort datiert die Verfemung von Leuten wie Schaffer, die vor 1945 vielleicht als bedenklich »unschweizerische« Einzelgänger angesehen wurden, aber nicht als Out-Casts. Diese neue Qualifikation als Nicht-Mensch blieb dem Ingenium der Antifanten vorbehalten, die solcherart den »Untermenschen« der Nazis noch zu toppen verstanden ...
Ich bin übrigens kein Schweizer, sondern Insasse der Volksdemokratie Osterreich. ;)
AntwortenLöschenInteressiere mich aber sehr für die Geschichte von Ländern wie der Schweiz oder von Finnland während des 2.Weltkrieges, und Persönlichkeiten wie Guisan oder Mannerheim. Ich denke, man kann daraus für die heutige Zeit einiges lernen.
Auch wenn da natürlich bei der Ansammlung an Volltrotteln, die sich unsere "politische Führung" nennt, jede Hoffnung vergebens ist.
FritzLiberal