... fühlte sich bemüßigt, dem vorgestern vor 110 Jahren verstorbenen seinerzeitigen »Malerfürsten« Franz von Lenbach nicht bloß seinen (nicht ererbten, vielmehr 1882 verdiensthalber verliehenen) Adel, sondern auch seine Genialität abzusprechen.
Bestenfalls als Talent läßt er ihn gelten:
Als ich im Kalender sah, dass der Maler Franz von Lenbach am
6. Mai 1904 gestorben ist, wollte ich über ihn schreiben. Über diesen
Münchener Malerfürsten, der von seinem Talent her alles hätte werden
können, aber dann doch nur jemand geworden ist, der fabrikmäßig Bilder
vom Kanzler ➱Bismarck malte. Knapp achtzig solcher Bilder kennt man, 137 will er gemalt haben. Damit würde er ➱Gilbert Stuart geschlagen haben, der nur 130 Kopien seines berühmten Bildes von Washington angefertigt hat.
... hebt er an. Nun gut, über Geschmack läßt sich nicht streiten (wenigestens nicht sinnvoll), aber wenn unser Professore »Silvæ« schon den Schöpfer solch lebensvoller Portraits wie z.B.:
unter Verweis auf Max Liebermanns angeblich ungleich größere Qualität nonchalant einen Tritt in den Allerwertesten versetzt, dann darf man davon ausgehen, daß er gegenüber den Leinwandklecksern des 20. (und 21.) Jahrhunderts wohl ebenso mit Max Liebermann verächtlich spricht: »So wat piss ick in'n Schnee!« ...
Nein, natürlich nicht! Das wäre politisch unkorrekt, und sowas macht Professor »Silvæ« daher einfach nicht. Aber statt irgendeine Schmiererei eines Zeitgenossen in den Schnee gepißt zu nennen, ans Bein Franz von Lenbachs zu pinkeln — dagegen spricht nichts. Der ist schließlich 1936 von den Nazis aus Anlaß der hundertsten Wiederkehr seines Geburtstags durch eine große Ausstellung geehrt worden, und wer sich mit den Nazis einläßt (und wäre es auch bloß passiv und posthum), ist wohl selber einer. Oder so ähnlich. Jedenfalls jemand, zu dem einem das folgende Schlußwort einfallen darf:
Dazu fällt mir nur das Zitat von Wilhelm Busch ein: Wenn einer, der mit Mühe kaum. Geklettert ist auf einen Baum, Schon meint, daß er ein Vogel wär, So irrt sich der. Und mit Wilhelm Busch höre ich auch auf. Dem schreibt Lenbach einmal: Ewig der Deine F. Lenbach Mitarbeiter am Verfall der Kunst. Mitarbeiter am Verfall der Kunst, das ist doch mal ein schönes Schlusswort.
Ein noch schöneres Schlußwort wäre freilich gewesen, wenn Professor »Sivæ« die süffisante Selbstironie in Lenbachs Charakterisierung aufgefallen wäre. Das allerdings hätte vorausgesetzt, daß man sich mit ihm uns seinem Werk ernsthaft beschäftigt. Vergleicht, was von Portraitisten jener Zeit denn so an Werken geschaffen wurde. Überlegt, wie Franz von Lenbach in die Geschichte der Portraitkunst einzuordnen wäre, wie die Entwicklungslinien von den großen Vorbildern dieser Kunst in Italien, den Niederlanden, in England, Frankreich und Amerika verliefen. Mit einem Wort: es hätte eines soliden kunsthistorischen Ansatzes bedurft, um so einen Aufsatz zu verfassen.
So freilich hat sich der Herr Professor bloß auf oberflächliche Polemik und Pointen beschränkt. Als Mitarbeiter am Verfall des Bloggens, sozusagen ...
Schauen wir doch einfach mal bei wikidingsbums rein und schon haben wir eine simple wie einleuchtende Erklärung für den Verriß:
AntwortenLöschenFranz (sic!) von Lenbach, seit 1881 geadelt. Der Mann gehörte zum "Istäblischment", was ihn für das Gros der linken Kunstszene und ihre Versteher sowieso diskreditiert. Er kommt aus dem gehobenen Bürgertum und wird von den schlimmen Machthabern seiner Zeit als Portraitmaler gebucht. Kein Revoluzzer, kein Outlaw, kein Verkannter, kein Proletarier, noch nicht mal ein Mitglied einer religiösen Minderheit. Und dann ist er mit seiner Kunst auch noch reich geworden.
Noch Fragen?
Es ist genauso hanebüchen wie die dumpfe Diskussion um S. Lenz und sein Buch "Deutschstunde". Das Leiblingsbuch der Linken, mit denen man seit Jahrzehnten den stumpfen deutschen Pflichterfüller Jens Ole Jepsen als Paradigma für das schlimme Erbe Preussens vorgeführt hat, wird jetzt zum "Fallstrick" für den Autor.
Das erinnert alles an die Endzeit der Revolution in Frankreich oder die Welle der Säuberungen in der Sowjetunion unter Stalin. Erst diskreditiert man die Vergangenheit und dann beginnt die Revolution mit dem Verzehr der eigenen Kinder.
... dann beginnt die Revolution mit dem Verzehr der eigenen Kinder.
AntwortenLöschenNa, das wäre ja für mich noch im grünen Bereich ;-)
Nur wenn sie über die "eigenen Kinder" hinausgeht, dann fange ich mich zu fürchten an ...