Donnerstag, 17. April 2014

Über den »Volkswillen«

... und was darunter zu verstehen wäre, bzw. nach Ansicht unserer p.t. Meinungsmacher verstanden werden darf, denkt der verdienstvolle Nachrichten- und Satireblog »Politplatschquatsch« in einem lesenswerten Artikel nach:

Im Jahr 1953 begann in der damaligen DDR eine Folge von heute "Volksaufstand" genannten Unruhen, in denen sich die seit langem aufgestaute Unzufriedenheit mit den allgemeinen Lebensumständen und der Politik der SED-Führung entludt. In zahlreichen Städten und Gemeinden kam es zu Arbeitsniederlegungen, Warnstreiks und Demonstrationszügen, Gefängnisse wurden erobert und Rathäuser besetzt.
Während Zeitungen und Fernsehsender im Westen die Aktionen als "Aufstand" unterdrückter Volksmassen beschrieben, war für die ostdeutsche Seite klar, dass es sich um bezahlte Provokateure handeln musste. [...]

Hatte die westliche Seite die Proteste in Kiew noch als Aufstand einer unzufriedenen Bevölkerung gegen ein korruptes und europafeindliches Regime gefeiert, bevorzugen die Leitmedien in EU und Nato bei den Protesten in der Ostukraine die Lesart des "Neuen Deutschland" von 1953: Moskau sei im Begriff, das Gebiet durch "bezahlte Provokateure" destabilisieren zu lassen, um anschließend dort einmarschieren zu können, berichtet die "Welt".
Einen "Volkswillen" gibt es nach einhelliger Auffassung aller westlichen Berichterstatter in der Ostukraine derzeit überhaupt nicht, ganz im Gegensatz zur Westukraine, wo das Volk die Macht übernommen hat und endlich selbstbestimmt lebt. Die Menschen in Donezk und Charkow dagegen sind ausschließlich Subjekte, ferngesteuert und missbraucht. Was dort geschieht, geschieht ausschließlich, weil es von Putin so angeordnet worden ist. Die Bevölkerung distanzierte sich von den Provokateuren und ihren verbrecherischen Handlungen, heißt es.  [...]
Man kann natürlich die Sache auch sehr einfach sehen — bspw. so, wie die »Neue Zürcher Zeitung«, die gestern kurz und bündig konstatierte:

Putins Propaganda

Das Lügen-Karussell dreht immer schneller

Die Gleichschaltung der russischen Medien ist kein neues Phänomen. Aber mit der Ukraine-Krise dreht sich Wladimir Putins Lügen-Karussell immer schneller. Die Nuklearmacht Russland wird dadurch immer unberechenbarer.
Eigentlich sollte es Putin schon lange wissen. Der Menschenrechtler Sergei Kowaljew hatte es ihm nach den gefälschten Parlamentswahlen 2007 in einem offenen Brief geschrieben: «Aus Betrügerei entsteht nur neue Betrügerei.» Kowaljew warnte den russischen Präsidenten und seine Entourage eindringlich: «Ihr müsst lügen, sonst fällt euer System zusammen.»
Na klar, weil Putin und seine Partei ja nie und nimmer von einer Mehrheit der Russen gewählt worden wäre, sondern ... na, wer denn überhaupt? Hat die NZZ, hat der »Menschenrechtler Sergei Kowaljew« darüber überhaupt nachgedacht? Der Kommentarposter Bernhard Kammel gibt auf die NZZ-Suada mit feiner Ironie die richtige Antwort:
... wie froh bin ich, dass unsere Medien hier so viele Aspekte der komplexen Vorgänge aufzeigen und investigativen Journalismus von Washington über Brüssel bis hin zu den kleinsten Städten am Donbas betreiben. Wir bekommen stets ein differenziertes Bild ohne Vorurteile aufgrund einer geprüften Faktenlage und keine einseitigen Informationen. Dazu werden uns auch die Sichtweisen aller Akteure anhand von Reportagen und Interviews vor Ort gezeigt. Niemals schreiben unsere Medien gleichlautende Artikel und sind allen Anschuldigungen gegenüber äußerst skeptisch.
Touché!


2 Kommentare:

  1. Eben ist mir dieses Video über den Weg gelaufen:
    http://www.youtube.com/watch?v=22VfEe1RkH8
    Scheint mir gut zum Thema zu passen - irgendwie...

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