Aber zwischen vornehm-klassizistischer Zurückhaltung und miefiger Plattenbau-Mentalität liegen Welten. Wenn daher, wie hier berichtet, Papst Franz mit einem Federstreich jahrhundertealte Ehrentitel einfach abschafft, weil sie seiner Meinung nach »Karrieredenken und eine Fixierung auf Äußerlichkeiten unter Priestern« erkennen ließen, dann erhebt sich die Frage, ob nicht genau dasselbe von ihm selbst gesagt werden kann: ist es nicht eine eklatante Fixierung auf Äußerlichkeiten, wenn ein Papst den — nach dem Vaticaum II ohnehin einem drastischen Kahlschlag unterzogenen — Ehrentiteln zu Leiben rückt, als wären sie ein auch nur irgendwie entscheidendes Problem in der Kirche?! Blog-Kollege Geistbraus hat völlig recht, wenn er schreibt:
Yeah – the sixties are alive. Gähn. Glückwunsch, Retro-Franz.Man kann, um es in Kategorien der klassischen Moraltheologie auszudrücken, ebenso »per excessum« wie »per defectum« sündigen. Und so, wie vielleicht die etwas schwelgerische Differenzierung allein bei den Apostolischen Protonotaren, welche in »Protonotarii Apostolici de numero participantium«, »Protonotarii Apostolici „ad instar“ participantium«, »Protonotarii Apostolici supernumerarii« und »Protonotarii Apostolici Titulares sive Honorarii« (sogen. »Prælati „in nigris“«) unterteilt wurden, seinerzeit vielleicht einen Exzeß dargestellt haben mag, so ist die ersatzlose Streichung der ganzen Kategorie sicherlich ein Übel in die Gegenrichtung.
Hier offenbart sich die wahre Natur der päpstlichen Armutsobsession. Die Ehrentitel haben niemanden etwas gekostet. Von ihrer Abschaffung kann sich kein Bettler in keinem Slum der Welt ein Stück Brot kaufen. Franz geht es in Wirklichkeit gar nicht um die Bettler, sondern um sein Ideal einer stinklangweiligen Kirche, die genauso grau und uninteressant ist wie er selbst, wie der Alltag, wie die Welt.
Nun, ganz klar: es geht »nur« um Äußerlichkeiten. So, wie es beim geschmacklosen Pektoralkreuz von Papst Franz nur um Äußerlichkeiten geht. Oder bei irgendwelchen Glitzer-Nylon-Kaseln aus den 70er-Jahren ging. Oder bei Sichtbeton-Bunkern, die in jener Zeit gern als »Kirchen« gebaut wurden. Oder bei Gitarrengeklampfe statt Orgel. Willkommen in der Zeit der nachkonziliaren Öde!
LePenseur macht aus seinem Herzen ungern eine Mördergrube. Deshalb bekennt er offen: dieser Papst geht ihm mittlerweile erheblich auf den Senkel. Mag schon sein, daß er völlig orthodox in seinen Lehrmeinungen ist (was LePenseur wiederum auf weite Strecken egal wäre). Aber dafür ist er ein pseudo-lustiger, pseudo-bescheidener, pseudo-moderner Zeitgeist-Surfer, dem die »Häresie der Formlosigkeit« in Fleisch und Blut steckt. Und gegen diese Form eines Herostratismus' aus Miesepetrigkeit hat LePenseur immer was gehabt ...
Bravo!
AntwortenLöschendanke fürs Verlinken!
AntwortenLöschenJa, das ist leider alles richtig. Und ob der Papst orthodox in seinen Lehrmeinungen ist, kann man ja aufgrund der hermetischen Undurchdringlichkeit seiner Freestyle-Formulierungen auch kaum abschätzen. In diesen verbalen Wucherungen kompensiert er wohl allen Barock, den er anderswo abschafft...