Dienstag, 26. November 2013

»Das mehrgängige Menü spiegelt das Patriarchat wider«

Meinen eine gewisse Sonja Stummerer und ein gewisser Martin Hablesreiter im Gespräch mit einer gewissen Karin Schuh. Wer sich nicht sicher ist, ob er den ganzen Schwachsinn des »Presse«-Artikels »Die Herrschaft des Mannes am Eßtisch« lesen will, sei vorab bedient mit kulinarischen »Forschungs«-Schmankerln à la:
Bestecksets gibt es zum Beispiel auch deswegen, weil die Schusswaffe erfunden wurde. Die Schwertschmieden waren plötzlich arbeitslos und begannen damit, verschiedene Bestecke zu produzieren. Das hat sich durchgesetzt in einer Gesellschaft, die mit der Individualisierung immer konformer ging.
Na klar! Vor Erfindung der Schußwaffen hat der Mann von der Schweinshaxe sicher mit dem Beiderhänder mundgerechte Stücke abgeschnitten, und sein Burgfräulein ihr Hühnchen mittels scharfer Blicke tranchiert! Oder — ja so war'n s', ja so war'n s', de alten Rittersleut'! — sie rissen mit fettriefenden Fingern das heiße Fleisch von den Knochen ... ...

Der gewisse Herr Hablesreiter darf Feingebügeltes über Protokollfinessen dahinschwadronieren:
Mein Lieblingsbeispiel ist die Sitzordnung der Präsidentschaftskanzlei für Staatsbankette. Wer den Vorsitz hat, ist klar, aber wer ist die Nummer zwei? Der Schönborn ist es. In einem demokratischen Land, das angeblich säkularisiert ist, sieht die Regelung vor, dass der undemokratisch gewählte Kirchenvertreter vor dem Bundeskanzler sitzt. An diesen Feinheiten merkt man, wie diese Strukturen funktionieren.
Vielleicht sollte man díesem sich unglaublich kenntnisreich gerierenden »Wissenschaftler« (der sich dann doch nur als bestenfalls halbgebildeter entpuppt) raten, sich besser zu informieren, was im diplomatischen Protokoll geregelt ist — und warum. Daß bspw. Kardinäle (aus welchen schon seit Jahrhunderten der Papst, der völkerrechtlich ja auch ein Staatsoberhaupt ist, gewählt wird) traditionell der protokollarische Rang von königlichen Prinzen (oder, ganz korrekt: »Angehörigen königlicher Familien«) zukommt, da jeder der Kardinäle den amtierenden Papst dereinst quasi »beerben« kann.

Und Mitglieder königlicher Häuser rangieren nun eben vor Regierungschefs, die schließlich auch nur Minister (d.h. »Diener« — wenn auch hochrangige — ihrer Staatsoberhäupter) sind. Und es ist schnurzegal, ob ein Kardinal beim Bankett eines christlichen, laizistischen, buddhistischen, muselmanischen oder kommunistischen Staatsoberhauptes zu sitzen kommt: wird er eingeladen, so kommt ihm (und kam ihm einstmals auch in kommunistischen »Volksdemokratien«) dieser Rang zu. Wie ja auch ein Botschafter (der nicht bloß die Regierung des Entsendestaates, sondern sein Staatsoberhaupt vertritt!) protokollmäßig vor einem Minister des Tätigkeitsstaats rangiert. Basta.

Hier antiklerikales Kleingeld zu wechseln, mag die Minderwertigkeitskomplexe jener, die nie die Gelegenheit haben werden, an präsidialen Banketten teilzunehmen, besänftigen, erweist jedoch vor allem, daß auch ein Artikel, der mit »Schuh« gezeichnet ist, ein rechter (recte: linker) Stiefel sein kann ...

5 Kommentare:

  1. Tja, die Feinheiten der Tischsitten sind auch im ganz profanen Leben den meisten Mitmenschen ziemlich abhanden gekommen.

    Das merkt man, wenn man hin und wieder einen größeren Kreis an die private festliche Tafel lädt und ein mehrgängiges Dinner mit dazu passenden Weinen gibt.

    Das beginnt mit der Verwirrung über die Sitzordnung und setzt sich über die Abfolge der zu wählenden Bestecke (von deren Handhabung ganz zu schweigen) und Gläser fort. Man muß ständig dezent lenkend eingreifen.

    Man erlebt dabei Dinge, die man noch vor 30 Jahren selbst von Realschülern nicht erwarten durfte. Damit fallen Viele durch das Raster "Nie wieder.."

    Wie das angeführte Beispiel zeigt, ist das Kulturbanausentum bereits erfolgreich auch in akademischen Kreisen angekommen. Das entspricht auch meinen Erfahrungen.

    Wie hat das Sarrazin so schön auf den Punkt gebracht? Proleten erzeugen Proleten. Eine Bewegung nach oben braucht (erneut) Generationen.

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  2. Sehn Sie, lieber Le Penseur, daswegen mag ich Ihren Blog und Ihre Beiträge: Ihre Bereitschaft, auch mal selbst zu denken und Ihr daraus resultierender Bullshit-Widerwillen macht Sie immerhin so unparteiisch, daß Sie auch mal für die katholische Kirche oder den katholischen Klerus in die Bresche springen, wenn Sie es für angebracht halten. Danke dafür!

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  3. Reverende Domne,

    daß ich »mal« selbst denke und »auch mal für die katholische Kirche oder den katholischen Klerus in die Bresche springe«, will ich in seiner Despektierlichkeit mal überhört haben ...

    ;-)

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  4. Reverende Domne,

    na klar weiß ich das :-)

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