Der Gemäldefund bei Cornelius Gurlitt hat ein grundlegendes Problem im Umgang mit NS-Raubkunst verdeutlicht. Bislang gilt eine Frist von 30 Jahren, nach deren Ablauf Eigentümer keinen Anspruch auf Herausgabe der Werke mehre haben. Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) will dies jetzt ändern. In einem Interview mit dem SPIEGEL sagte Bausback, er habe einen Gesetzesvorschlag erarbeiten lassen, wonach jemand, der beim Erwerb "bösgläubig" war - also wusste, dass die Bilder oder anderen Gegenstände, die er kauft oder erbt, ihrem Eigentümer abhandengekommen sind -, sich nicht auf Verjährung berufen kann.Bei solchen Auslassungen fragt sich schon, wie verludert unser Politsystem sein muß, wenn es irgendwelche Partei-Kreaturen derartig gemeingefährlichen Schwachsinn verzapfen läßt!
Die Regelung soll nach dem Willen Bausbacks rückwirkend gelten, also auch für den Fall des Kunsthändlersohns Gurlitt. "Es wäre für mich schwer erträglich", begründete Bausback seine Lex Gurlitt, "wenn man Rückgabeforderungen der Eigentümer nun entgegenhalten würde, dass ihre Ansprüche verjährt sind."
Ein Kommentarposter bemerkte zu diesem Andenken eines legistischen Amoklaufes völlig zutreffend:
Gab es nicht mal irgend so ein Gesetz, wonach man nicht für etwas verurteilt werden kann, was zu einem früheren Zeitpunkt nicht verboten war und so? Spätere Generationen von Historikern werden sich darüber streiten, an welchem Punkt genau sich Deutschland vom Rechtstaatsprinzip verabschiedet hat. Dass es auf jeden Fall vor 2013 geschehen sein muss, ist mir aber schon klar.Nun wird der gewiegte Jurist natürlich völlig zutreffend darauf hinweisen, daß das Rückwirkungsverbot nur in strafrechtlichen Fragen absolut gilt — und man verzichtet ja offenbar großzügig darauf, den 86-jährigen Herrn Gurlitt betrafen zu wollen, man will ihn ja bloß enteignen ... LePenseur ist Jurist genug, um diese trickreichen Spielchen zu kennen. Und anständig genug, sie zu verachten.
Aber Anstand hat man heute nicht mehr. Und schon garnicht in dieser Republik.
Nicht vergessen:
AntwortenLöschenEs gibt eine lange Tradition in Deutschland, mit dem Eigentum seiner Bürger recht großzügig umzugehen. Selbst das GG Art. 14 reiht sich würdig in diese Tradition ein. In seiner romanhaften Breite läßt es fast alles zu. Vom Eigentum her betrachtet, war Deutschland noch nie ein Rechtsstaat und wird es wohl auch nie sein.
Dummerweise ist gerade das Eigentum ein (wichtiger) Marker für Freiheit in einem Land. War also Deutschland, waren (sind) also seine Bürger jemals wirklich frei?
Ich behaupte: Deutsche wollen nicht wirklich frei sein. Wäre es anders, müßten Revolutionen im Lande eine gewisse Kontinuität haben.
PS: Mit "Deutschen" meine ich ausdrücklich auch jene in A.
@quer:
AntwortenLöschenZur Ehrenrettung von A muß ich allerdings sagen: einen Wischi-Waschi-Paragraphen wie GG Art. 14 haben wir in Österreich ja denn doch nicht! Bei uns gelten (wenigstens der THeorie nach) die Bestimmungen des "Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger" vom 21.12.1867 (welche im Bundesverfassungs-Gesetz rezipiert wurden), und bezüglich des Eigentums der
Artikel 5. Das Eigentum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.
Irgendwelcher Schmus à la GG Art. 14 ("Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen") steht da Gott sei Sank nicht drinnen!
»Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.« (1. ZPEMRK Art. 1 Abs. 1)
AntwortenLöschen»Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.« (1. ZPEMRK Art. 1 Abs. 2)
Und wie sieht's bzgl. Art. 5 StGG & Art. 1 1. ZPEMRK in Österreich aus?
»Das GR auf Unverletztlichkeit des Eigentums steht unter Gesetzesvorbehalt, sodass der einfache Gesetzgeber Enteignungen vorsehen kann. Dem VfGH zufolge unterfallen dem Enteignungsbegriff gem Art 5 StGG auch die Maßnahmen der Verstaatlichung. Für eine Enteignung kann sowohl durch Verwaltungsakte (Bescheid) als auch unmittelbar durch G („Legalenteignung“) verfügt werden.
Nach hL und Jud darf eine Enteignung nur zum „allgemeinen Besten“ (dh im öffentlichen Interesse) angeordnet werden. In VfSlg 3666 verlangte der VfGH für die Zulässigkeit der Enteignung darüber hinaus einen konkreten Bedarf sowie die unmittelbare Eignung des Objekts zur Deckung dieses Bedarfs; es muss außerdem unmöglich sein, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken.« (Univ.-Prof. Mag. DDr. Bernd Wieser)
Wenn sie enteignen, wollen sie eben immer nur unser Bestes ...
@Der Heide:
AntwortenLöschenGut zitiert! Dennoch: zwischen einem bloßen "Gesetzesvorbehalt" und teleologischem "Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen" liegen Welten!
Ich will den Art. 14 GG gar nicht verteidigen, der ist ohnehin unter aller Kritik.
AntwortenLöschenMan sieht hier allerdings sehr schön, wie sie obige Maßnahmen einmal durchdrücken werden, was die Rechtfertigung sein wird, gerade in Ländern, in denen nicht schon von Hause aus beim Eigentumsbegriff – wie Sie ja sagen: teleologisch – schon im Gesetzestext auf das Allgemeinwohl abgehoben wird.
Zum allgemeinen Vergleich, hier der entsprechende Artikel der Eidgen. Bundesverfassung:
AntwortenLöschenArt 26: Eigentumsgarantie
"1. Das Eigentum ist gewährleistet. 2. Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll*) entschädigt."
*) "voll" heißt Zeitwert/Marktwert (lt. Bundesgericht).
Wie man sieht, kann dieser Text nicht interpretiert werden. Es zeichnet eine freiheitliche Verfassung aus, daß knappe und klare allgemeinverständliche Sätze drin stehen.
Zumindest scheinen vereinzelt kritische Journalisten aufzuwachen. Das ist der beste Artikel, den ich in der Mainstream-Presse zu diesem ekelhaften wie bezeichnenden Thema gefunden habe. Hin und wieder ist das Ex-Leitmedium doch noch lesenswert:
AntwortenLöschenhttp://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/der-fall-gurlitt/schwabinger-kunstfund-politische-strafjustiz-12678004.html
"BananenRepublikDeutschland"
AntwortenLöschenWieso, gottverdammt, gilt noch immer die Banane als Symbol für Korruption?
Gibt es keine Windkraftanlagen, deren Inhaber Millionäre sind, trotz (oder wegen) subventionierter Politik?
Ein korruptes Land ist keine Bananen-, sondern eine Windrad-Republik!