Schwarzenberg, der so wie seine ganze Familie selbst von diesen Dekreten betroffen war und seine angestammte Heimat bis zum Sturz der Kommunisten in Prag nicht betreten durfte, widersprach dem und bezeichnete die Beneš-Dekrete als das, was sie sind: als grobe Verletzung der Menschenrechte, für die heutzutage sich die damalige Regierung samt Präsident Beneš vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wiederfinden würde. Na, mehr hatte er nicht gebraucht!
Seitdem trommelt Zeman in seltsamer Allianz mit seinem langjährigen Intimfeind, dem scheidenden teschechischen Präsidenten Klaus, gegen Schwarzenberg und meinte u.a. daß jemand, der einen der Präsidenten der Tschechoslowakei als Kriegsverbrecher bezeichne, wie ein »Sudetak« rede, nicht wie ein (tschechischer) Präsident. »Sudetak« ist, wie »Die Presse« sofort beschwichtigend zu belehren weiß, ein »abwertender tschechischer Ausdruck für Sudetendeutsche«. Naja ... das ist etwa so wahr, wie wenn sie schriebe, daß die Bezeichnung »Saujude« ein abwertender Audruck für Angehörige mosaischen Bekenntnisses sei. Stimmt zwar irgendwie, bildet jedoch die Schimpflichkeit dieser Bezeichnung nicht wirklich ab!
Man stelle sich vor, ein österreichischer Politiker (egal welcher Partei) würde beispielsweise den früheren Bundeskanzler Bruno Kreisky in einer TV-Sendung wörtlich als »Saujuden« apostrophieren — der überlebte das keine zwei Tage! Sein Rücktritt wäre sicher, wie auch höchstwahrscheinlich die Einschaltung der Staatsanwaltschaft wegen NS-Wiederbetätigung etc. ... die Tschechen sind da freilich total anders. Seit dieser Diskussion liegt Zeman nämlich mit knapp 54% in allen Umfragen turmhoch vor seinem Mitbewerber!
Daß Zeman, der langjährige kommunistische Apparatschik, der nach der Wende zum »Sozialisten« mutierte, sich nun als eindeutiger Nationalsozialist entpuppt, verwundert nur den, der die Tschechen nicht kennt. Auch Klaus war wohl ein — begrüßenswert! — »Liberaler« im urprünglichen Sinne des Wortes ... aber eben nur solange, als sein tschechischer Nationalismus aus dem Spiel blieb. Bei den Beneš-Dekreten hörte daher seine Liberalität schlagartig auf. Da waren Enteignungen und Hinrichtungen auf einmal zwar historisch bedauerliche Ereignisse, aber kein Grund zu Entschuldigungen oder gar — völlig absurd, sowas! — Wiedergutmachung.
Wenn die Tschechen in der Stichwahl also (wovon auszugehen ist) Zeman zum neuen Präsidenten machen, so geben sie damit das Signal, daß sie für ihre Staatsspitze einem flegelhaften Nationalsozialisten den Vorzug vor einem besonnenen Staatsmann und Diplomaten geben. Bundeskanzler Kreisky sagte einmal (was nur er als Jude sich erlauben durfte, denn jeder andere wäre dafür vor Gericht gelandet!) den gehässigen Satz: »Wenn die Juden ein Volk sind, dann ein mieses!«
Es wird ausschließlich an den tschechischen Wählern liegen, ob sie diesen Satz mutatis mutandis für ihr Volk anwendbar machen. Und wenn sie tatsächlich Zeman wählen — hätten sie anderes verdient ...?
Die Benesch-Dekrete sind in positives Recht gegossenes Unrecht. Abgesegnet durch den "guten Willen" der drei Siegermächte durfte der tschechische Mob dem Morden und Totschlagen von "Sudetaks" frönen, ohne dafür Drängsal von der Obrigkeit fürchten zu müssen. Diese ethnische Säuberung war doch seit der Konferenz von Potsdam beschlossene Sache. Und der Mob brauchte nur noch vor den Karren gespannt werden, indem durch Benesch und andere Scharfmacher an das erinnert wurde, was "die Deutschen" den Tschechen zwischen 1918 und 1933 angeblich alles schlimmes angetan hätten. Schon war das Ausführungswerkzeug gefunden und gegen die Sudetendeutschen in Gang gesetzt. Perfide, aber billig und auf schreckliche Weise effizient.
AntwortenLöschenEs hat schon seinen Grund, weshalb sich Ähnliches Gräul überall auf der Welt immer wieder zutrug. Es gehört als eine Art Instrumentarium zum zynischen "Best of" in der Außenpolitik jener fünf Großmächte, die es sich mit ihren Sicherheitsratsplätzen im UN-Moloch bequem eingerichtet haben. Anwendung findet es immer dann, wenn anstelle funktionsfähiger Mehrvölkerstaaten abhängige Satellitenstaaten etabliert werden sollen, welche die besseren Schachfiguren in den jeweiligen geostrategischen Überlegungen abgeben. Die von allem gecleante CSSR Beneschs war ein solcher, und zwar nicht nur für die UdSSR als möglichst wehrloses Exportziel für den Kommunismus. Sondern ihres "Befreitseins" von allem Deutschen wegen war sie auch für die West-Allierten dahingehend von großem Nutzen, den noch lebenden Deutschen - gleich welcher genaueren Herkunft - das Besiegtsein einzuimpfen: "Seht her, weil ihr und euer Hitler die armen Tschechen 1933 so drangsaliert habt und danch noch weiter nach Osten marschiert seid, da konnten diese Armen Menschen jetzt 1945/46 nicht anders als sich eben an denjenigen von Euch ein wenig zu revanchieren, die unglücklicherweise zur falschen Zeit am falschen (weil noch zu weit östlich gelegenen) Ort befunden haben. Aber seid nicht traurig ob dieser unglücklichen Seelen, ihr habt unsere Bombenteppiche auf Eure Städte ja irgendwie überlebt und kommt deshalb jetzt in den Genuss angloamerikanischer Democracy. Hier, nehmt erstmal nen Carepaket und ein paar Mrd. frisch gedruckte USD aus unserem ERP zur Stärkung. Dann wartet auf weitere Anweisungen des Kontrollrates."
So bedauerlich es ist, darauf lässt sich die BRD 1.0 von 1949 bis 1990 leider herunterbrechen. Ein Vasallenstaat ohne, bzw. allenfalls mit Pseudo-Soveränität.
Dass dann, wenn ein solches Verwaltungsgebilde - Staat kann man es wahrlich nicht nennen - mit einem weiteren Vasallenstaat irgendwie fusionieren darf, wie Phönix aus der Asche plötzlich ein souveräner Staat emporsteigt, darf wohl ebenso bezweifelt werden. Erst recht, dass dieser sich für die Interessen seiner Bürger einsetzt. Nein, er hat nur ein Interesse: Die Maske seiner Pseudostaatlichkeit gegenüber den Bürgern zu wahren. Von Tschechien eine Entschuldigung zu fordern birgt mE ein immenses Risiko dahinhingehend, dass der BRD die eigenen Konstruktionsmängel auf die Füße fallen. Denn anders als ihren Politiker vertreten die Tschechiens die Interessen ihrer Nation, bzw. dessen, was von dieser seit dem Lissabonvertrag noch übrig ist. Wenn sich die Tschechen heute dafür entscheiden, dem deutschen Vorbild von der Selbstergötzung in einem Vergangenheits-Schuld-Kult nicht zu folgen, so erweckt dies bei mir sogar gewisse Sympathien für sie. Auf diesen Schuld-Kult läuft die von Schwarzenberg aber jüngst entfachte Debatte doch hinaus. Überhaupt dürften die Öußerungen Schwarzenbergs weniger für die Tschechen gedacht gewesen sein als vielmehr für seine internationalen Wahlkampfunterstützer aus der Hochfinanz, damit die sich noch einmal rückversichern können, woran sie bei ihm sind und welche Politik sie von einer Tschechischen Republik unter seiner Präsidentschaft erwarten dürfen.
AntwortenLöschenWoran die Tschechen bei Zeman sein werden, dazu ist mit dem Flegel eigentlich alles gesagt.
Also ist doch auch hier wieder mehr verbindendes als Trennendes. Wäre ich Tscheche, ich wüsste auch nicht, wen von diesen beiden von Grund auf üblen Burschen ich ruhigen Gewissens wählen könnte.