Unter dem Titel »Das Gesamtpaket« stellt der Klosterneuburger Chorherr und Floridsdorfer Pfarrherr Alipius Müller ein paar Fragen in den Raum, die das links gestrickte Feuilleton unserer Medien sicherlich mit dem in Mode gekommenen Wort »krude« bedächte, wenn es nicht sogar vorzöge, derlei subversive Fragerei überhaupt zu ignorieren. Und in der Tat, was soll man denn zur Frage, warum wohl die Medien sofort über Mißbrauchsfälle (oder auch bloße -verdächte) im näheren oder weiteren Dunstkreis der Katholischen Kirche überaus ausführlich und langdauernd berichten, andere Mißbrauchsfälle hingegen die mediale Aufmerksamkeit nur in höchst unterdurchschnittlichem Maße, und selbst das nur für kurze Zeit erregen — was also soll man also vom Standpunkt eines Alt-Achtundsechzigers (oder aus der Perspektive eines karrierewilligen Untergebenen eines solchen) daher über Zumutungen wie folgende denken:
Ich bin nicht der Meinung, daß Leute notwendigerweise ein negatives Erlebnis mit der Kirche brauchen, um in den Chor der Stänkerer einzustimmen.In der Tat: das ist heavy stuff für unsere zeitgeistbewegten Medienleute! Und schon finde ich wieder einen Beleg für meine These, daß die meisten Menschen die Säkularisierung der Welt, in der sie (d.h. wir alle!) leben, mental einfach nicht verkraften. Die einen suchen in Baumumarmung, Tierrechten, Öko-, Klima- und sonstigem grünem Wahn die Geißel für ihre selbsterkannte, doch nicht eingestandene »Sündhaftigkeit« — denn irgendwann dämmert es vielleicht diesen guten Leutchen schon irgendwie, daß Koksen, Saufen und Partygehen zwecks Akquisition eines nächtlichen Zeitvertreibs allein nicht wirklich eine gelungene Biographie ausmachen, und daß das geheuchelte Lob der Patchworkfamilie eine desaströse Ehescheidung auch nicht verbessert.
Und die Reaktion auf den guten und sachlichen Artikel von Josef Bordat legt erst einmal eine platte Antwort nahe: Was nicht wahr sein darf, kann nicht wahr sein.
Elaboriert: Überlegt mal, was diese Leute riskieren, wenn sie der Kirche auch nur den geringsten Spielraum einräumen (und sei es nur in der Form, daß sie sie für weniger teuflisch halten, als man ihnen aus interessierter Ecke und in bestimmten MSM weismachen will). Das fällt auf einmal der erste Domino-Stein und plötzlich stellt man fest, daß "Kindesmißbrauch" kein kirchliches, sondern ein gesellschaftliches Problem ist.
Aber Moment! "Gesellschaft"... Das umfaßt doch alle! Da stecken doch dann auch unsere Helden als potentielle Täter mit drin! Wenn wir den Blick von der Kirche als Schuldträger Nummer Eins abwenden und die Gesellschaft betrachten, dann ist plötzlich nicht mehr nur jeder Katholik (also jedes Mitglied der "Kinderfickersekte") ein potentieller Täter, sondern auch jeder Rock-Held, jeder Film-Star, jeder Dschungelcamp-Bewohner, jedes Fußball-Vorbild, jeder Politiker, jeder Arzt, jeder Lehrer, jeder Bei-DSDS-in-der-ersten-Runde-Rausflieger und - OMG! - jeder im Kommentarbereich einschlägiger Onine-Medien seine Ausfälle gegen die Kirche zurücklassende Leser!
Vergessen wir nicht, daß die Sündenbock-Methode nicht nur die zusammenschweißt, auf die mit dem Finger gezeigt wird, sondern auch (und erst recht) jene, die mit dem Finger zeigen. Wer kann und möchte es sich da leisten, darüber zu spekulieren, ob der Nebenmann, der grade so trefflich feststellt, daß die Kirche im Grunde immer und überall Schuld ist, vielleicht selbst Dreck am Stecken haben könnte? Das bringt Irritation in die Einheitsfront und wertet - schlimmer noch - den Gegner womöglich indirekt auf!
Die Folgen sind unabsehbar: Wenn Die Kirche auf einmal doch nicht die eine und einzige Institution ist, der man Kindesmißbrauch in großem Stil vorwerfen kann, dann haben ja eigentlich diejenigen Recht, die der Kirche nahe stehen und die von Anfang an darauf bestanden haben, das Phänomen "Kindesmißbaruch" gesamtgesellschaftlich zu betrachten.
Aber... Aber... Wenn die in diesem Punkt Recht haben, dann haben sie es vielleicht auch in anderen!? Dann ist Enthaltsamkeit vielleicht wirklich sicherer als geschützter Verkehr? Dann ist der Zellklumpen im Mutterleib vielleicht doch menschliches Leben? Dann sind Folter und Todesstrafe vielleicht doch nicht cool? Dann sind Materialismus, Relativismus, Konsequentialismus vielleicht duch nicht so töfte? Dann ist gegenseitiges Einverständnis vielleicht doch nicht das einzige Kriterium für das Gute?
Es geht uns in unserer Gesellschaft irgendwie viel zu gut, als daß wir das (»Ring des Polykrates«, kennen wir doch!) »... gestehe, daß ich glücklich bin!« ohne klammes Gefühl über die Lippen brächten. Und da unsere Gesellschaft vom guten, alten Epikur nur die Hälfte (und zwar die oberflächlich gesehen angenehmere, nämlich die des Genußstrebens), beherzigt, nicht aber die andere, wichtigere — nämlich die der weisen Beschränkung der Genüsse! —, darf es uns nicht wundern, wenn solcherart entwurzelte Menschen (und das heißt: fast alle heute Lebenden, außer ein paar »Frommen« oder anderen »Idealisten«) geradezu zwanghaft Geißeln und Höllen suchen. Für und bei sich selbst (das sind die selbstkritischeren unter ihnen), oder eben bei den »anderen«, um sich so ihres »Glücks« — dem sie uneingestanden nicht trauen— doch irgendwie zu versichern.
Natürlich findet auch ein »21st-Century-Hedonist« es irgendwie nicht okay, wenn seine vierzehnjährige Tochter vom erwachsenen Nachbar (na so ein Schwein!) geknallt wird. Andersrum wäre schon irgendwie vorstellbar und nicht ohne Reiz, Lolita oho! — aber so?! Andererseits kann man der Tochter ja nicht verbieten, Erfahrungen zu sammeln, die man selbst gern gesammelt hat (oder auch nur hätte), man ist ja nicht prüde ... ist es da nicht wunderbar, gegen eine anonyme Institution vom Leder ziehen zu können, mit der man ohnehin nix am Hut hat, ist ja eine Spaßbremse pur ... auf die man aber nach klassischer Sündenbock-Liturgie seine Sünden — ach Quatsch! Sünden gibt's keine — na, sagen wir: Widersprüche ... nein: die Bruchlinien im Leben (klingt gleich viel basser!) übertragen kann ....
Man muß nicht Sigmund Freud gelesen haben um sich die Frage zu stellen, ob diese »Therapie« so wirklich funktionieren kann. Was wohlgemerkt alles nicht heißt, daß es das Phänomen des Kindesmißbrauchs in kirchlichem Dunstkreis nicht gegeben hätte, oder »wenigstens nicht so schlimm wie anderswo« ...
Gerade letzteres Argument ist in glaubensnahen Kreisen nicht selten zu hören, und ist — obwohl es einige statistische Plausibilität für sich haben mag — dennoch ärgerniserregend. Denn die Kirche wird (und wohl zu Recht!) eben mit anderem Maß gemessen, als ein Kegelclub, bei dessen Vereinsjubiläum einige Funktionäre halt, sagen wir: etwas exzessiv geworden sind. Kegelclubs nehmen nämlich nur selten für sich in Anspruch, Gottes Wort in unserer Welt zu verkünden. Dennoch: zwischen Scylla und Charybdis segelnd, darf man nicht, den einen fatalen Fehler meidend, dafür dem anderen erliegen.
Und noch eine Sache zum Schluß (womit LePenseur sich vermutlich wie gewohnt zwischen alle Stühle setzen wird): wieviel ist am »Mißbrauch« denn wirklich so »mißbräuchlich«? Manchmal hat man den Eindruck, daß die meisten Erwachsenen irgendwann mit abgelegter Reifeprüfung (oder gar einem Uni-Diplom) vom Himmel gefallen sind. Die waren offenbar nie jung, wenn man ihnen so zuhört. Die haben keine Ahnung, was für »schweinische« Gedanken auch schon unter 14-jährige wälzen können (zu schweinischen Taten fehlt freilich meist Geld und/oder Mut)!
Wieviel ist also an schlecht maskiertem, überlaunigem Manichäismus oder Jansenismus dabei, wenn heute irgendwelche Halbwüchsige zu »Mißbrauchsopfern« stilisiert werden? Das ist wirklich kein Plädoyer dafür, mit Neunjährigen herumzutun (derlei ist nur Propheten, und da auch nur einer besonderen Sorte, gestattet), aber eine Aufforderung zu Augenmaß. Wer Sechzehnjährige für reif genug empfindet, das Parlament zu wählen, Vierzehnjährige über ihre Religionszugehörigkeit entscheiden läßt, Sechs- bis Zehnjährige im Sexualkundeunterricht über Analverkehr und andere Freuden des Schwulseins fortbildet, Zwölfjährigen die Pille verschreibt — der heuchelt, wenn er eine Siebzehnjährige als »Mißbrauchsopfer« beklagt, wenn der Turnlehrer am Schikurs einige Gymnastik mit ihr betrieben hat.
Auch die Entrüstung über moralische Verfehlungen ist oft nur der verzweifelte Sublimationsversuch, die eigenen »schweinischen Gedanken« sich nicht eingestehen zu wollen. Und — damit beende ich den Artikel, sonst habe ich bald keine treuen Leser mehr! — das kann ebenso auf »Möchtergern-Fromme« wie auf »Möchtegern-Hedonisten« zutreffen. Welche letztere heute offenbar in der deutlichen Überzahl sind ...
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P.S.: Hier noch die Links auf die beiden Artikel von Josef Bordat, auf die sich das Posting des Herrn Alipius bezieht:
»Der Diskurs über den Missbrauch«
»Ein offenes Wort«
Jeder kann sich anhand der Originalquellen selbst unschwer ein Bild machen, welche Intentionen von Kollegen Bordat verfolgt wurden — und welche man ihm unterschieben möchte. Aus welchen Gründen immer.
P.P.S.: Soeben noch den bei Don Alipio verlinkten Artikel auf »Elsas Nacht(b)revier« angeklickt, und dort einen Absatz gelesen, den ich unbedingt zitieren muß (auch, oder weil?) ich hier in mancher Nuancierung doch deutlich anders »ticke«. Macht nix! Klare Worte sind immer willkommen und ein Erkenntnisfortschritt! Eh voilà:
Wenn die Kirche die Menschen sind, dann denke ich an Apostel, Jünger, Heilige, Mystikerinnen, Gottesnarren, große bekehrte Sünderinnen und Sünder, mutige Märtyrer und feige Soldaten Christi (und umgekehrt), hassende Liebende und liebende Hassende, Mütter und Väter, Asketen und Häretiker, Wüstenväter und Straßenbahnschaffner, KZ-Insassen und LKW-Fahrer, Ehebrecherinnen und Pharisäer, und das alles polyglott und international. Und nicht an deutsche Verwaltungsfachangestellte und Sozialarbeiter.Touché, chapeau!
In einer bigotten Gesellschaft wird Prüderie gelehrt und Pornographie getrieben.
AntwortenLöschenWenn einer als Kinderschänder unbehelligt sein will muss er sich auf die Seite derer stellen, die andere als solche verleumden. Der sicherste Ort für erfolgreiche Päderastenbiographien daher: Schulen (s.a. Odenwaldschule) und Medien. Kommen wir damit zur größten Kinderschänderdachorganisation in Großbritannien: Der BBC! Sie ist in Personalunion schärfste Kritikerin der anglikanischen und der katholischen Kirche, sie ist das größte Selbstbedienungswerk der Gutmenschen in UK und das größte Desinformationsmedium in Europa. Und einer ihrer Mitarbeiter hält in Sachen Missbrauch wohl eine gute Spitzenposition. Hier die neueste Zählung vom Wochenende von Scotland Yard: http://www.welt.de/vermischtes/article112743966/37-Seiten-reiner-Horror-450-missbrauchte-Kinder.html
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